Duisburg. Rund 5400 Menschen sind vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine nach Duisburg geflüchtet. Jetzt wird der Wohnraum in der Stadt knapp.

Die Zahl der in Duisburg lebenden Ukrainer hat die Marke von 6000 überschritten. Ein Bericht der Verwaltung zur Flüchtlingssituation nennt die Zahl von 6034 Menschen, die am 19. Oktober in Duisburg registriert waren. 5372 flüchteten vor dem russischen Angriffskrieg, 662 Ukrainerinnen und Ukrainer lebten bereits vor dem 24. Februar in Duisburg. Mit der Integration der Menschen ist vor allem das Bildungssystem überfordert, nach der Auflösung des Delta-Zeltdorfes wird auch Wohnraum knapp.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Durch den schnellen Aufbau von zentralen Aufnahme-Einrichtungen wie der Glückauf-Halle in Homberg und der Kraftzentrale im Landschaftspark-Nord, die ab Ende April abgelöst wurden vom „Delta-Dorf“ an der Hamborner Straße für bis zu 2400 Geflüchtete, konnte Duisburg nach Kriegsbeginn zunächst deutlich mehr Geflüchtete aufnehmen als andere NRW-Kommunen.

Mehr als 1800 Ukrainer leben jetzt in 681 Wohnungen in Duisburg

Nach einem zwischenzeitlichen Zuweisungsstopp erfüllt die Stadt ihre Quote nun zu 99,78 Prozent. „Andere Städte liegen noch deutlich darunter“, so Stadtdirektor Martin Murrack in der vergangenen Woche – vorerst dürfen nur weitere Geflüchtete in Duisburg bleiben, wenn sie Arbeitsplatz oder Wohnung nachweisen können oder bereits Angehörige hier haben.

Auch interessant

Das verschafft der Verwaltung ein wenig Luft bei der Organisation der dezentralen Unterbringung – seit Anfang September läuft der Auszug aus dem Zeltdorf am Ikea-Gelände im Stadtnorden, dort lebten zuletzt noch etwa 90 Menschen. Insgesamt 1829 Geflüchtete konnten seit Kriegsbeginn in einer der 681 Wohnungen untergebracht werden, die von der Stadt formell „beschlagnahmt“ wurden. Zum Großteil sind sie im Besitz der städtischen Gebag und anderer Wohnungsgesellschaften. Weitere 580 Frauen, Männer und Kinder sind in bestehenden Sammelunterkünften oder in Hotels und Pensionen untergekommen, die von der Stadt angemietet wurden.

Winter-Welle: Stadt sucht Standort für neue Erstaufnahme-Einrichtung

Auch interessant

Damit wurden, Stand 19. Oktober, gut 2500 Menschen „ordnungsrechtlich untergebracht“, bilanziert der Bericht. Nunmehr gebe es „nur noch wenige freie Kapazitäten“, heißt es weiter. Mangel herrsche vor allem an Appartements für Einzelpersonen. Die Zahl der noch verfügbaren Wohnungen beziffert die Stadt auf 57. Für den Fall, dass Duisburg zum Winter erneut eine größere Zahl von Geflüchteten aufnehmen muss, werde die Stadt erneut eine zentrale Erstaufnahme einrichten, hat der Stadtdirektor angekündigt (wir berichteten). Ein Standort werde derzeit gesucht.

Überfordert ist das Bildungssystem mit der Aufnahme von 458 Mädchen und Jungen im Kita-Alter von 0 – 6 Jahren und 1361 schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen (7 – 18 Jahre alt). Bislang konnte nur 703 von ihnen ein Platz in den Schulen zugewiesen werden, die unter Raum- und Lehrermangel leiden. Eine Ausnahme sind die Gymnasien – sie haben 180 ukrainische Schüler aufgenommen, die größte Zahl neben den Grundschulen, wo 255 Mädchen und Jungen am Unterricht teilnehmen.

Ende April wurde das Zeltdorf an der Hamborner Straße auf dem ehemaligen Gelände des Delta Musikpark in Duisburg bezogen.
Ende April wurde das Zeltdorf an der Hamborner Straße auf dem ehemaligen Gelände des Delta Musikpark in Duisburg bezogen. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Bildungssystem kann rund 1900 Kinder und Jugendliche nicht aufnehmen

Auch interessant

Wegen der ebenfalls prekären Lage in den Kitas bietet das DRK mit seinem „FlüKids“-Projekt in jeweils fünf weiteren Spiel- und Eltern-Kind-Gruppen regelmäßige Betreuungsangebote mit muttersprachlichen Honorarkräften, die den ersten Kontakt mit dem Bildungssystem erleichtern.

Der Fachbereich Jugendförderung der Stadt soll nach der Auflösung des Delta-Dorfes weitere dezentrale pädagogische Angebote in Jugendzentren, mit Trägern der Jugendhilfe und Jugendverbänden schaffen. „Dazu findet derzeit eine Bedarfsanalyse statt“, heißt es im Bericht.

Über 40 Prozent der Erwachsenen haben Integrationskurse begonnen

Auch interessant

Die Betreuung der Erwachsenen hat seit dem 1. Juni das Jobcenter übernommen. Dort wurden seither 3109 Menschen registriert, bewilligt sind 2179 Anträge für den Leistungsbezug. Zwar dürften die Ukrainerinnen und Ukrainer arbeiten, „aber die Sprache ist die Grundlage für die Vermittlung“, sagt Jobcenter-Geschäftsführer Frank Böttcher. Von 1752 Frauen und Männern, die sich für einen Integrationskurs registriert haben, konnten 726 (41 Prozent) bereits damit beginnen. „Die Träger richten neue Kurse ein, so dass die Eintritte möglichst schnell erfolgen können“, berichtet die Behörde.

LAND SOLL DAS DELTA-DORF IM NOVEMBER ÜBERNEHMEN

  • Das Delta-Dorf auf dem einstigen Disco-Gelände am Autobahnkreuz Duisburg-Nord wird nicht aufgelöst. Es soll, möglichst bereits Mitte November, als zentrale Erstaufnahme-Einrichtung mit rund 1600 Plätzen vom Land übernommen werden (wir berichteten).
  • Die Zeltstadt soll dann Geflüchtete aus der Ukraine und aus weiteren Herkunftsländern aufnehmen, ehe sie auf die Kommunen in NRW verteilt werden. Für die Bereitstellung des Areals und des Materials werden der Stadt 500 Plätze auf ihre Aufnahme-Quote angerechnet – die Verwaltung erhofft sich dadurch eine Entspannung der eigenen Lage.