Duisburg. . Schon lange halten Diskussionen um den Ausbau der umstrittenen GNS-Nukleartechnik an. Jetzt gerät auch die Landesregierung in die Kritik, da statt der geplanten Umsiedlung der Ausbau genehmigt wurde. Die Folge sind massive Proteste von Atomkraftgegnern, die am Samstag in Wanheim auf die Straße gingen.
Jeder weiß es: Anspruch und Wirklichkeit klaffen in der Politik oft auseinander. Beispiel: Die GNS-Nukleartechnik in Wanheim/Angerhausen. Schon 1987 forderten Duisburger Stadtrat, seine zuständigen Fachausschüsse und die Bezirksvertretung Süd die Schließung der Nuklearfabrik am Rhein. Ein Vierteljahrhundert später, am 12. Juni 2012, genehmigte das Regierungspräsidium Düsseldorf den Ausbau der umstrittenen GNS-Nukleartechnik. An der Spitze der Genehmigungsbehörde: Regierungspräsidentin Anne Lütkes, Mitglied der Grünen.
Gegen diese Genehmigung und die Erweiterung von GNS protestierten am Sonnabend rund 120 Atomkraftgegner in Wanheim, in Sichtweite der Anlage. Sprecher Michael Zerkübel: „Wir wollen die Bevölkerung aufrütteln und mobilisieren. Die Betreiber machen mit uns, was sie wollen. Wir wollen, dass dieses Ding hier verschwindet, und zwar sofort!“
Rot-grüne Landesregierung in der Kritik
Im Fadenkreuz der Kritik der Demonstranten stand nicht nur das Regierungspräsidium, sondern auch die rot-grüne Landesregierung. Denn noch am 11. Juni schrieb das neue Kabinett Kraft/Löhrmann im Koalitionsvertrag fest, die Regierung wolle „Initiativen unterstützen, um die Konditionierungsanlage GNS in Duisburg zu verlegen - und zwar auf ein Gelände außerhalb von dicht besiedelten Wohngebieten.“ Was keiner der Anti-Atomkraft-Demonstranten versteht: Nur einen Tag später, am 13. Juni, erteilte das Regierungspräsidium seine Genehmigung für die Erweiterung der GNS-Anlage.
„Mit der Erweiterung kann die GNS nun unter anderem eine Anlage zur endlagerfähigen Konditionierung radioaktiver Abfälle in Betrieb nehmen, weitere Dekontaminations- und Zerlegeverfahren einführen und zusätzliche Materialien zur Rückführung in den Wirtschaftskreislauf zwischenlagern“, erklärte das Regierungspräsidium wörtlich. „Aber von einer endlagerfähigen Konditionierung kann keine Rede sein“, rief Sprecher Zerkübel bei der Kundgebung an der Ehinger Straße aus. „Denn es gibt in Deutschland kein funktionierendes Endlager. Die in Aussicht genommenen Lager Asse und Schacht Konrad saufen durch Wassereintrag ab!“
Spätestens jetzt haben sowohl Regierungspräsidium als auch Landesregierung ein Glaubwürdigkeitsproblem für die Anti-Akw-Initiativen Niederrhein und Münsterland, die am Samstag mit einem Demonstrationszug durch die Straßen Wanheims zogen. „Das passt nicht zusammen“, so Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. „Eine erweiterte Betriebsgenehmigung ist das Gegenteil einer Stilllegung.“
Forderung nach konsequentem Atomausstieg wird lauter
Mehr noch: Die Atomkraftgegner befürchten, dass der Ausbau von GNS Umschlag, Lagerung und Transporte schwach- und mittelradioaktiven Materials drastisch erhöhen wird. Schon jetzt lagern rund 3300 Tonnen Atommüll aus deutschen Akws bei GNS im Duisburger Süden. Das Material wird per Lkw zu GNS in Wanheim gebracht, dort wieder aufbereitet, komprimiert und in 200-Liter-Fässern verpackt.
Nach mehrjähriger Lagerung wird der atomare Müll wieder per Lkw Richtung Norden zum Zwischenlager Ahaus gebracht – „etwa 60 Prozent quer durch Duisburger Stadtgebiet, rund 40 Prozent über Ehingen, Mündelheim und Krefeld-Uerdingen zur A 57“, so Sprecher Zerkübel. Zusätzlich rollen quer durch Duisburg seit dem Frühjahr bis 2013 im wöchentlichen Takt insgesamt 250 Atommülltransporte aus dem Forschungszentrum Jülich ins Zwischenlager Ahaus, rechnet Zerkübel vor.
Gemeinsam mit Heiner Möllers und Felix Ruwe, Sprecher vom Aktionsbündnis Münsterland, forderte Zerkübel einen konsequenten Atomausstieg: „GNS und alle anderen Atomfabriken gehören stillgelegt. Schluss mit unsinnigen und riskanten Atomtransporten! Solange diese Anlage hier in Duisburg läuft, wird es keinen sozialen Frieden in Duisburg geben. Wir wollen jetzt Taten sehen! Wir fordern den Rückzug der atomrechtlichen Genehmigung für GNS.“ Dazu sei die Landesregierung rechtlich in der Lage - wenn der politische Wille wirklich vorhanden sei.
Protest gegen Atommüll