Duisburg. Anja Klein rettet seit Jahren Igel. Die Tierklinik in Duisburg half den Wildtieren kostenlos. Plötzlich muss die Igelretterin viel Geld bezahlen.

Igel zählen in Deutschland zu den besonders geschützten Tierarten. Doch die stacheligen Wildtiere in der Praxis zu schützen, ist in Zeiten von Mährobotern oft nicht einfach. Das erlebt Igelretterin Anja Klein aus Duisburg-Wedau regelmäßig. Ihren jüngsten Patienten brachte sie schwer verletzt zur Tierklinik am Kaiserberg. Dort konnte man ihm nur noch durch Einschläfern helfen – wofür die Ehrenamtliche gut 180 Euro zahlen soll.

Igelretterin aus Duisburg: „Ich bin bei der Tierklinik seit Jahren als Igelnothilfe gelistet“

Viele Tierärzte behandeln Wildtiere kostenlos oder zu einem geringen Preis. Diese Erfahrung hat auch Anja Klein gemacht, die sich schon lange ehrenamtlich um Igel kümmert und dadurch sozusagen Stammgast bei der Duisburger Tierklinik ist. „Ich bin da seit Jahren als Igelnothilfe gelistet. Ich muss sonst immer Kleckerbeträge oder gar nichts bezahlen.“ Im Kleintierzentrum Asterlagen, das seit 2019 keine Tierklinik mehr ist, gebe es „eine Pauschale von 20 Euro.“

Igel rollen sich bei Gefahr zu einer Kugel zusammen. Doch gegen Mähroboter hilft das nicht. Viele Igel, die bei der Duisburger Familie Klein landen, sind Opfer von Mährobotern. Dieser Igel hat es geschafft: Er kann wieder ausgewildert werden.
Igel rollen sich bei Gefahr zu einer Kugel zusammen. Doch gegen Mähroboter hilft das nicht. Viele Igel, die bei der Duisburger Familie Klein landen, sind Opfer von Mährobotern. Dieser Igel hat es geschafft: Er kann wieder ausgewildert werden. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Verpflichtet sind Tierärzte zu diesem Vorgehen nicht. Nach ihren Erfahrungen in der Vergangenheit rechnete Anja Klein allerdings nicht damit, für ihr Engagement in der Igelrettung am Ende bezahlen zu müssen. Das Tier, das sie an Christi Himmelfahrt nach Duissern bringt, ist eingekugelt; erst in der Tierklinik stellt sich heraus, dass es offenbar unter einen Mähroboter geraten war: „Das ganze Gesicht war weg.“ Die Tierklinik schläfert den Igel ein.

Rechnung der Tierklinik Kaiserberg nennt geretteten Igel ein „Heimtier“

Anja Klein bekommt eine Rechnung über 180,57 Euro. Für die Wedauerin, die halbtags als Reinigungskraft arbeitet, viel Geld. Was auffällt: Auf der Rechnung der Tierklinik wird der Igel als „Heimtier“ bezeichnet, vor Ort habe man gesagt, es sei nicht der Igel der Klinik. Die Igelretterin, der ein Nachbar das verletzte Fundtier brachte, sagt: „Mein Igel ist es auch nicht. Aber was soll ich denn machen?“

180,57 Euro muss Anja Klein laut Rechnung der Tierklinik Duisburg für einen Igel zahlen, der nur noch eingeschläfert werden konnte. Für die Reinigungskraft, die sich ehrenamtlich um die Tiere kümmert, viel Geld.
180,57 Euro muss Anja Klein laut Rechnung der Tierklinik Duisburg für einen Igel zahlen, der nur noch eingeschläfert werden konnte. Für die Reinigungskraft, die sich ehrenamtlich um die Tiere kümmert, viel Geld. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Wegsehen und leiden lassen, das kann Anja Klein nicht. Also stapeln sich im Garten hinter ihrem Haus die Käfige, jeder ausgestattet mit Versteckmöglichkeiten, in denen ihre Patienten Unterschlupf finden. Halbverhungert werden sie ihr gebracht, viele krank oder verletzt, „die ganzen Opfer von Mährobotern und Kantenschneidern“. 16 Igel hat sie zurzeit in Obhut, „das ist wenig, zu Hochzeiten hab’ ich mehr.“ 35 Stück seien es einmal gewesen.

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Die Tiere bleiben bei ihr, bis sie wieder fit sind für ein Leben in der freien Natur, kürzlich erst hat Inge Klein wieder einige ausgewildert. Doch bis es so weit ist, dauert es: Manche Tiere brauchen nur einen Tag, andere bleiben monatelang, die meisten zwei bis drei Wochen.

Ehrenamtliche aus Duisburg gibt „hunderte Euro pro Monat“ für Igel aus

Dieser Einsatz für die Igel geht ins Geld. „Futter, Medikamente, wir zahlen alles aus eigener Tasche“, sagt Anja Klein und rechnet vor: Alleine Wurmkur und Futter – tote und lebende Insekten, extra gekauft, dazu Katzenfutter – kosteten sie 38 Euro, um ein Tier drei Wochen zu versorgen. „Das ist das Minimum.“ Vielen Igeln reicht diese Grundversorgung nicht. Und so gibt die Ehrenamtliche „hunderte Euro pro Monat“ aus für ihre Patienten.

Tochter Melina kümmert sich zusammen mit ihrer Mutter Anja Klein um die Igel. Diesen hat sie mit der Flasche aufgezogen, deshalb ist er so zutraulich.
Tochter Melina kümmert sich zusammen mit ihrer Mutter Anja Klein um die Igel. Diesen hat sie mit der Flasche aufgezogen, deshalb ist er so zutraulich. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Geld, das sie nicht übrig hat, aber wer hilft sonst den Igeln? „Es geben immer mehr Pflegestellen auf, weil die sich das nicht mehr leisten können“, sagt sie, im Duisburger Süden sei sie inzwischen die einzige Anlaufstelle für Menschen, die einen kranken oder verletzten Igel gefunden haben und nicht wissen, was tun und wohin mit dem Tier. Jetzt auch noch die Behandlungen bei der Tierklinik zahlen zu müssen, macht es Anja Klein schwer. Und damit auch den Igeln.

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Die Tierklinik selber argumentiert: Der Notdienst sei ohnehin überlastet, hinzu kämen viel zu viele Wildtiere. Auch für Igel und Co. Rechnungen auszustellen, sei ein Hilferuf.

Sorge um Aus für ehrenamtliche Igelretter

Den Igel ohne Gesicht hatte Anja Kleins Nachbar Peter Marquardt auf seiner Wiese gefunden, „ganz eingekugelt, der hat noch Geräusche gemacht.“ Er war froh, dass er mit der Igelretterin eine Ansprechpartnerin hatte. Angesichts der Rechnung und der seit Ende 2022 erhöhten Tierarztkosten fürchtet er: „Wenn das immer teurer wird, hilft keiner mehr einem Tier.“