Duisburg. Tierärzte sollen in NRW zum Notdienst verpflichtet werden. Dr. Jochen Spennes aus Duisburg beschreibt große Probleme – und andere Lösungsansätze.
Tierarzt Dr. Jochen Spennes arbeitet seit 2005 an der Tierklinik Duisburg. Sein Fachgebiet ist die Bildgebung. Seit 2013 ist der 46-Jährige einer von fünf Geschäftsführern. Im Gespräch schildert er die Probleme, die der tierärztliche Notdienst aktuell mit sich bringt.
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Größtes Problem beim Notdienst ist das fehlende Personal. Wie sieht es bei Ihnen an der Klinik aus?
Dr. Jochen Spennes: Früher hatten wir Anfang des Jahres mehr Bewerber. Das hat sich deutlich geändert. Auf der Karriereplattform VetStage suchen gerade bundesweit rund 1000 Ärzte und Helfer einen Job. Das ist verdammt wenig. Also versuchen alle Arbeitgeber, einen der bundesweit 44.000 Fachkräfte in Kliniken und Praxen abzuwerben. Auch bei uns. Und die wenigen, die einen Job suchen, wollen nicht in einer Klinik arbeiten. Sie haben keine Lust auf Nacht- und Wochenenddienste und legen größeren Wert auf ihre Work-Life-Balance.
Tierarztpraxen in NRW müssen keinen Notdienst anbieten und haben deswegen einen Vorteil bei der Suche nach Mitarbeitenden. Was halten Sie davon, den Notdienst zur Pflicht zu machen?
Das wird keine Lösung bringen. Meine Frau ist angestellte Tierärztin und wir haben zwei Kinder. Ich wüsste nicht, wie sie Notdienste leisten sollte. Und in den anderen Bundesländern ist der Notdienst verpflichtend und trotzdem gibt es da die gleichen Probleme wie bei uns. Ich glaube zudem nicht, dass die Tierärztekammer das nötige Personal hätte, um die Einhaltung einer Notdienstregelung zu überprüfen.
Denken Sie darüber nach, keinen Notdienst mehr anzubieten?
Das könnte passieren, aber im Moment sieht es noch nicht danach aus. Alle Gesellschafter unserer Klinik sehen sich in der moralischen Verantwortung, Tieren auch im Notfall zu helfen. Wir müssen nur sehen, dass wir genügend Tierärzte für uns gewinnen können. Aktuell arbeiten bei uns 47 Ärzte, davon 30 Frauen teilweise in Teilzeit.
Wie könnte eine Lösung für ihre Klinik aussehen?
Wir haben bei der Tierärztekammer angeregt, dass ein Teil der Facharztausbildung an einer Klinik stattfinden muss. Dann müsste jeder, der Facharzt werden will, zwei Jahre an einer tierärztlichen Klinik arbeiten. Das würde auch der Ausbildung gut tun, denn in der Klinik erlernen die Ärzte alle Formen von Operationen und behandeln auch komplizierte Fälle. Eine solche Regelung würde uns helfen, mehr Personal zu bekommen. Aber die Kammer findet in ihren Gremien keine Mehrheit für diese Entscheidung.
Würden mehr Studienplätze helfen?
Auf jeden Fall. NRW hat zum Beispiel als bevölkerungsreichstes Bundesland keine tierärztliche Hochschule. Der Studiengang ist breitgefächert und damit leider auch sehr teuer. Eine entsprechende Hochschule zu gründen, würde daher lange dauern – den politischen Willen vorausgesetzt. Ich halte da etwa 15 Jahre für realistisch, was uns also erst mal nicht hilft. Kurzfristig müssen wir also andere Anreize schaffen, damit Tierärzte an Kliniken arbeiten. Das ist wichtig für die Notdienste.