Duisburg. Der Abriss der Kirche St. Joseph hat begonnen – schmerzhaft für die Gläubigen. Immerhin: Ein Wunsch, den viele von ihnen haben, wird erfüllt.
„Wenn mal eine Lampe kaputtgeht, das ist nicht so schlimm. Schlimmer ist, wenn die Leute hier beten wollen und die Tür ist zu.“ Das sagte einmal Pastor Goeke über St. Joseph. Die Tür bleibt ab sofort nicht nur zu, sie verschwindet: Am Montagvormittag hat der Abriss der Kirche in Duisburg-Wedau begonnen.
Knapp 20 Gläubige haben sich eingefunden, um ihr Gotteshaus im Rahmen einer Andacht mit Gebet und Gesang zu verabschieden. Minuten später wackelt das Kreuz auf dem Kirchturm – der Bagger hat das erste Loch hineingerissen.
„Es ist für uns alle unfassbar“, sagt Christa Schneider. „Ich bin hier geboren, bin 84 Jahre alt und habe noch die alte Kirche erlebt, die auch abgerissen wurde.“ Jetzt also die Neue. Und nicht nur sie.
Abriss St. Joseph: Mit Kirche und Pfarrheim verlieren Gläubige und Vereine ihre Heimat
„Das Pfarrhaus wird abgerissen; unser Altpastor, der Krankenhausseelsorger, die Küsterfamilie mussten ausziehen“, erzählt Christa Schneider. Das Pfarrheim muss weichen, damit haben Einrichtungen wie die kfd oder der Schachclub Weiße Dame Wedau-Bissingheim ihre Heimat verloren. Auch der Seniorenkreis trifft sich nicht mehr. „Das ist auseinandergegangen, weil wir keine neue Bleibe mehr hatten.“
[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]
Heimatlos sind nun auch viele Gläubige, auch wenn sie in andere Kirchen ausweichen könnten, nach St. Raphael in Bissingheim etwa. Einige tun das, andere „gehen nicht mehr in die Kirche“. So wie Christa Schneider, die Gottesdienste jetzt im Fernsehen verfolgt. Nach St. Joseph konnte sie laufen, sie wohnt nicht weit weg.
St. Raphael ist nicht nur emotional, sondern auch räumlich weit weg. Ihren Parkplatz an der Wedauer Straße traut sich die Wedauerin nicht zu verlassen, so groß sei die Parkplatznot: „Ich hab schon nachts um halb elf am Wambachsee parken müssen.“ Und der Bus: „Wenn die Messe aus ist, ist der gerade weg.“
Auf das Neubaugebiet, das die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft hier errichten wird, wird Christa Schneider immer schmerzvoll blicken. „Norbert Blüm hat in einem Buch geschrieben: ,Ein Haus, das auf eine abgerissene Kirche gebaut wird, darauf kann kein Segen ruhen.’“
Pfarrei St. Judas Thaddäus muss sparen: Von einer halben Million Euro Minus zur Schwarzen Null
Uwe Becker kann Menschen wie Christa Schneider verstehen. Er betreut für die Pfarrei St. Judas Thaddäus das Sparprogramm mit, das die Kirche Pfarreientwicklungsprozess nennt, kurz PEP. „Für die Menschen, die hier geheiratet haben, hier ihre Verstorbenen verabschiedet haben, ist es schwer“, weiß er. Doch Becker sieht auch die andere Seite.
Fast eine halbe Million Euro Minus pro Jahr schrieb die Pfarrei nach eigenen Angaben noch 2019, bis 2030 rechnet sie mit einem Plus von 22.000 Euro. Der Weg dahin führt über Einsparungen, der Abriss von St. Joseph macht den Prozess sichtbar. Becker spricht von einer „finanziellen Notwendigkeit“.
Immerhin: Angrenzend an die neuen Häuser in Wedau soll eine Gedenkstätte an die Kirche erinnern, die hier einmal stand. Richtung Straße „Heimweg“ soll laut Becker auf etwa 15 Quadratmetern das Kreuz zu stehen kommen, dazu eine Bank und Bepflanzung. Und der Grundstein der Kirche St. Joseph: „Wenn er sich retten lässt.“