Duisburg-Marxloh. Der Marxloher Einzelhandel hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Ein Fahrradladen ist schon seit 1908 aktiv. Das macht ihn erfolgreich.

Früher war Marxloh ein florierendes und buntes Einkaufszentrum. Der Stadtteil hat in den letzten Jahrzehnten so manchen Wandel durchgemacht und ist heute europaweit für seine Brautmodenmeile bekannt. Ein Geschäft hält sich seit 115 Jahren wie ein Stein in der Brandung: das Fahrradgeschäft Börgartz in der Kaiser-Wilhelm-Straße – gegründet 1908, als Kaiser Wilhelm noch das Sagen hatte. „Wir sind mittlerweile der älteste Fahrradladen in Duisburg“, sagt Inhaber Jens Mentel.

Der 51-Jährige betreibt das 400 Quadratmeter große Geschäft in der Fußgängerzone gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Jörg Mentel. Es handelt sich also um einen Familienbetrieb. Deshalb spricht Jens Mentel auch liebevoll von Sippe. Vater, Mutter und die beiden Söhne wohnen gemeinsam in zwei angrenzenden Häusern mit dem Fahrradgeschäft im Erdgeschoss.

Jens Mentel: „Fahrradgeschäft Börgartz ist das älteste in Duisburg“

Vater Willi absolvierte nach dem Krieg in dem Fahrradgeschäft eine Lehre zum Zweiradmechaniker. In den 80er Jahren übernahm er den Laden, bildete seine beiden Söhne ebenfalls zu Zweiradmechanikern aus und übergab dann den Meisterbetrieb. Aber noch immer schlendert der 78-Jährige jeden Tag durch die Reihen mit den Fahrrädern. „Solange der Vater da ist, bleibt man Sohn“, schmunzelt Jens Mentel.

Seit Jahrzehnten hat also Familie Mentel in dem Fahrradladen das Sagen. Doch warum heißt das Geschäft weiter „2-Rad Börgartz“? „Mit dem Namen können mehrere Generationen was anfangen. Da wissen die meisten sofort, was gemeint ist. Und wenn es schon lange existiert, dann muss es ja was taugen“, sagt Jens Mentel.

Heute macht das Unternehmen die Hälfte seines Umsatzes mit E-Bikes

Carl Börgartz hatte den Laden in einer Zeit aufgemacht, als Radfahrer zwar schon auf luftgefüllten Reifen strampelten und bereits eine Rücktrittbremse nutzen konnten, aber noch lange auf eine Kettenschaltung warten mussten. Er führte seinerzeit einen Gemischtwarenladen, in dem neben Fahrrädern auch Haushaltsgeräte verkauft wurden. „Das war früher so üblich. Erst später konzentrierten sich die einen auf Waschmaschinen oder Nähmaschinen und die anderen auf Fahrräder. Eben auf das, was besser lief.“

In Marxloh waren es offensichtlich die Räder. Heute machen die Mentels ihren Umsatz zur Hälfte mit E-Bikes. So werden in Deutschland gemeinhin die Pedelecs genannt, bei denen ein Elektromotor beim Treten unterstützt. Streng genommen fahren E-Bikes auch ohne zu treten.

2-Rad Börgatz an der Kaiser-Wilhelm-Straße gibt es schon seit 1906. Hier ein Foto aus 2018.
2-Rad Börgatz an der Kaiser-Wilhelm-Straße gibt es schon seit 1906. Hier ein Foto aus 2018. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Das Geschäft hat sich im Vergleich zu früher stark gewandelt. Gut ein Drittel der Fahrräder und E-Bikes, die den Laden in Marxloh verlassen, sind geleast. Gewöhnlich behält der Arbeitgeber die Rate vom Bruttolohn ein und vermittelt einen Leasingpartner, zum Beispiel Business Bike, Eurorad, Jobrad oder Deutsche Dienstrad. Und Mentel liefert die Zweiräder.

Kooperation mit einer Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft zahlt sich aus

Schon früh schloss 2-Rad Börgartz sich der Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) mit Sitz in Köln an, die in den 60er Jahren gegründet wurde. Die Genossenschaft erzielt als Gemeinschaft bessere Einkaufspreise. Mittlerweile verkauft ZEG auch eigene Marken wie die Sporträder Bulls oder die Räder von Pegasus. Nach Übernahmen gehören heute Herkules und Kettler zum Sortiment. Deswegen stehen alle diese Marken auch im Laden in Marxloh, dem einzigen ZEG-Händler in Duisburg.

Die Kunden kommen von weit her, manche Stammkunden sogar aus Kamp-Lintfort oder Essen. „Wir haben ein großes Einzugsgebiet und leben nicht von den Leuten hier. Das haben wir aber noch nie. Das hat nichts mit dem Strukturwandel zu tun“, sagt Mentel. Die Kunden kämen nach Marxloh, weil die ZEG-Fahrräder einfach günstiger seien.

Viele schätzten auch den Service in der Werkstatt. „Bei uns gibt es keine langen Wartezeiten und wir reparieren selbst Räder, die bei Aldi oder woanders gekauft wurden. Hier kann jeder mit seinem Rad kommen.“ Mit einer Ausnahme: „Wir machen aus einem normalen Rad kein E-Bike. Das geht nicht wegen der Produkthaftung und wäre auch viel zu teuer.“

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In der Corona-Zeit verkaufte 2-Rad Börgartz etwa ein Drittel mehr Räder, obwohl der Verkaufsraum geschlossen bleiben musste. „Das war Telefonverkauf.“ Das hat sich mittlerweile wieder normalisiert. Nur die Lieferprobleme sind geblieben. Räder bestehen halt aus vielen verschiedenen Teilen und die globalen Lieferwege stocken weiter. Wenn ein Rad auf Lager ist, verlässt es das Geschäft in Marxloh in der Regel binnen einer Woche. „Es kann aber auch ein halbes oder ein Jahr dauern, wenn es schlecht läuft.“

Der Online-Handel ist für Mentel keine Option: „Dafür sind die Fahrräder zu vielschichtig geworden. Der Erklärungsbedarf ist zu groß. Ein Fahrrad ist eben nicht nur ein Fahrrad.“ Und an einen Ortswechsel hat er auch noch nicht gedacht. Das sei keine Alternative. „Der Laden ist eine Institution und bleibt, wo er ist. Wenn wir in Rente gehen, wird er geschlossen oder verkauft.“

>> 2-Rad Börgartz ist in Duisburg-Marxloh schon lange eine Institution

  • Das Geschäft an der Kaiser-Wilhelm-Straße 280-282 ist montags bis freitags von 9.30 Uhr bis 18:30 Uhr geöffnet, samstags von 9.30 Uhr bis 14 Uhr.
  • Weitere Informationen gibt es auf www.zweirad-boergartz.de.