Duisburg-Aldenrade. Melanie Lindner führt das Traditionsgeschäft in Duisburg-Aldenrade in dritter Generation. Jetzt schließt sie die Schuhpalette. Die Gründe.
Die Botschaft ist eindeutig: „Wir schließen. Alles muss raus!“ Die Tage der Schuhpalette an der Friedrich-Ebert-Straße sind gezählt. Inhaberin Melanie Lindner zieht die Notbremse. „Corona hat das Kaufverhalten der Menschen umprogrammiert. Sie kaufen fast nur noch online. Es macht einfach keinen Sinn mehr, hier jeden Tag im Geschäft zu stehen“, bringt sie ihre Gründe für die Schließung auf den Punkt.
Ihr Schuhladen hat Tradition: Melanie Lindners Opa Ludwig Bursch eröffnete kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine Schuhmacherei in Walsum. Seine Tochter Uschi Oehl führte das Geschäft weiter – allerdings unter anderen Vorzeichen. In „Uschi’s Schuh- und Modepalette“ gab es aktuelle Schuhmode und Kleidung zu kaufen. Das war noch in einem Ladenlokal an der Emsstaße. 1987 dann der Umzug in den größeren Laden an der Friedrich-Ebert-Straße in Aldenrade.
Traditionsgeschäft in Duisburg-Aldenrade schließt nach mehr als 70 Jahren
„Ich habe seit 1999 mitgearbeitet und das Geschäft 2012 von meiner Mutter übernommen“, erzählt die 51-Jährige. Ihr Konzept: Kundinnen Qualitätsschuhe von bekannten Marken wie Rieker, Tamaris oder Caprice anzubieten, dazu noch ausgewählte Garderobe und Accessoires. „Das Problem ist, dass Schuhe und Klamotten wegen der hohen Inflation zum Luxus geworden sind. Und wenn wir ehrlich sind, haben wir doch alle genug im Schrank“, sagt Lindner.
Der Niedergang des Einzelhandels in Walsum habe aber schon viel früher begonnen: „Die Friedrich-Ebert-Straße ist schon lange keine Flaniermeile mehr. Viele meiner Kundinnen gehen nach 16 Uhr doch gar nicht mehr auf die Straße.“ Der Stadtteil hätte sich massiv verändert: „Wir haben eine völlig andere Bevölkerungsstruktur als früher. Die Leute werden hier immer ärmer. Rückblickend betrachtet hätte ich schon 2015 schließen sollen.“ Doch Melanie Lindner ist diesen Schritt nicht gegangen, weil sie den Umgang mit den Kunden liebt und ihr Mann ihr finanziell den Rücken freigehalten hat.
Nicht nur Onlineshops machen dem stationären Einzelhandel zu schaffen
Es gibt auch Dinge, die sie ein wenig wütend machen: „Seitdem wir alles zum halben Preis verkaufen, kommen Kundinnen, die ich seit zehn Jahren nicht gesehen habe und die mir sagen, wie traurig es ist, dass ich schließe. Wären sie mal eher gekommen.“ Letztlich, so resümiert die 51-Jährige, sei jeder seinem Portemonnaie am nächsten.
Man sollte meinen, ihre überwiegend eher ältere Kundschaft würde noch gerne ins Geschäft gehen und könnte mit Internetkäufen nichts anfangen. „Ja, das stimmt“, teilt Lindner ihre Erfahrungen, „aber einige der älteren Damen probieren die Schuhe bei mir an und kaufen bei QVC oder HSE.“ Nicht nur die Onlineshops, auch das Teleshopping macht dem stationären Handel das Leben schwer.
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Am Ende hat Melanie Lindner mit spitzem Bleistift gerechnet: „Ich wohne in Voerde. Bei den aktuellen Benzinpreisen muss ich noch Geld mitbringen, um meinen Laden zu betreiben. Außerdem haben wir in 35 Jahren an die 600.000 Euro Miete gezahlt. Das hätte ich gerne verdient.“
Spätestens am 30. Juni ist Schluss. Was dann kommt, steht noch nicht fest. „Eine Fahrschule und ein Kosmetikstudio haben wohl Interesse an dem Ladenlokal. Aber das ist dann nicht mehr mein Bier.“ Für Melanie Lindner steht fest: „Ich werde das Leben und die viele freie Zeit mit meinem Mann genießen.“