Duisburg. Weil sie keinen gültigen Fahrausweis besaß, musste eine Duisburger Schülerin 40 Euro zahlen. Drei Frauen, die in der selben Bahn ohne Ticket saßen, hätten die Möglichkeit zum Nachlösen gehabt, sagt die 18-Jährige: „Ungerecht.“ Die Verkehrsgesellschaft sagt, es gelte “Gleiches Recht für alle“.
Es sollte ein schöner Einkaufstag in der Duisburger Innenstadt werden. Am 7. Juli setzte sich die 18-jährige Gymnasiastin Laura aus Walsum mit ihrem Freund in die Straßenbahn – und los ging die Fahrt. Kurz vor der Haltestelle Pollmann in Marxloh tauchten plötzlich drei Fahrscheinkontrolleure auf, wollten die Tickets sehen.
Laura zückte ihren Zettel. Der erste Kontrolleur stutzte. „Er glaubte, erkennen zu können, dass der Fahrschein zweimal abgestempelt war“, so Laura – und habe einen seiner Kollegen gebeten, das Ticket noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. Der bestätigte, dass auch er zwei Entwertungsstempel erkennen könne.
Einen schwachen, und einen kräftigeren. Und so stellte der Kontrolleur einen Bußgeldbescheid aus, von der Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG als „Erhöhtes Beförderungsentgelt“ bezeichnet. 40 Euro sollte die junge Frau zahlen – was sie letztlich auch fristgerecht tat.
Kontrolleure müssen sich wegen der Aktion rechtfertigen
Damit wäre die Geschichte eigentlich zu Ende erzählt, wenn es nicht einen besonderen weiteren Zwischenfall in der Straßenbahn gegeben hätte, unmittelbar nachdem die Walsumerin die Strafe fürs „Schwarzfahren“ aufgebrummt bekommen hatte: Laura beobachtete, wie die drei Kontrolleure drei Frauen ein paar Meter weiter ohne Fahrscheine erwischten. Doch statt auch von ihnen das „Erhöhte Beförderungsentgelt“ zu verlangen, hätten sie lediglich Tickets nachlösen müssen. Damit sei für das Schwarzfahrertrio die Sache erledigt gewesen.
„Warum haben mir die Kontrolleure nicht die gleiche Möglichkeit gegeben?“, fragte sich die angehende Abiturientin. Ihr Freund habe die DVG-Mitarbeiter darauf angesprochen, aber nur sinngemäß die Auskunft bekommen: das sei Ermessenssache.
Schreiben brachte junge Frau auf die Palme
Die junge Frau teilte diesen Sachverhalt der DVG mit und bemängelte, dass es nicht angehen könne, dass mit zweierlei Maß gemessen werde. Daraufhin bekam sie die schriftliche Auskunft: „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass eine, wie von Ihnen geschilderte Vorgehensweise der Prüfer verschiedene Gründe haben kann. Wir versichern Ihnen jedoch, dass in allen Fällen niemand bevorzugt, sondern den Tatsachen entsprechend gehandelt wird. Freundliche Grüße, Ihr Team Kundendienst“.
Dieses Schreiben brachte die junge Frau auf die Palme, denn sie fühlt sich zweifelsfrei ungleich behandelt, was ihr Freund auch gerne bestätige, denn er sei ja Zeuge gewesen und habe die Kontrolleure in der Bahn selbst darum gebeten, ein Ticket nachlösen zu dürfen. Immerhin habe man ja einen Fahrschein. Dass er schon abgestempelt gewesen sei, sei ihm und seiner Freundin nicht aufgefallen. Schließlich sei die Farbe kaum erkennbar gewesen, weshalb ja auch ein zweiter Kontrolleur zu Rate gezogen worden sei.
DVG will mit Kontrolleuren sprechen
Über das erhöhte Beförderungsgeld wollen Laura und die DVG inzwischen nicht mehr streiten. Die DVG stellt klar: Lauras Ticket war ungültig, also müsse sie zahlen. Und Laura sieht ein, dass sie für den Fehler, nicht genau hingeguckt zu haben, die 40 Euro zahlen muss. Das ist ihr eine Lehre.
Aber trotzdem ist die Sache damit nicht abgeschlossen. Denn die DVG wird – nachdem sich unsere Redaktion eingeschaltet hat – mit den Kontrolleuren sprechen, wie es zu dieser vorgetragenen Ungleichbehandlung kommen konnte.
DVG-Sprecher Helmut Schoofs stellt – anders als das Serviceteam – klar, dass Kontrolleure „keinen Ermessensspielraum haben“. Sobald die Männer aus dem Urlaub zurück seien, würden sie gehört. Das soll in zwei Wochen passieren.
DVG kämpft gegen 1,8 Millionen Schwarzfahrer
Die DVG
befördert pro Jahr 60 Millionen Fahrgäste.
Rund drei Prozent, also 1,8 Mio. Menschen steigen ohne gültiges Ticket ein, so die Statistik. Dadurch gehen rund 3,6 Mio. Euro Einnahmen verloren.
40 Kontrolleure sind Tag und Nacht im Einsatz.
Der Fall werde im übrigen zum Anlass genommen, alle 40 Kontroll-Mitarbeiter der Duisburger Verkehrsgesellschaft noch einmal nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass „gleiches Recht für alle“ gelte und in Zweifelsfällen ausschließlich das Kunden-Center zu entscheiden habe. Kontrolleure hätten bei Verstößen oder in unklaren Situationen einfach nur den Schein fürs „Erhöhte Beförderungsentgelt“ auszustellen und nicht mit den Fahrgästen zu diskutieren. „In neutraler Atmosphäre“, sprich im Kunden-Center, könne der Sachverhalt anschließend vom Prüfdienst ganz individuell untersucht und entschieden werden.
Laura ist gespannt auf den Ausgang der Geschichte: „Meinen Sie wirklich, dass ich so einen Aufwand betreiben würde wegen 40 Euro, wenn ich absichtlich mit einem ungültigen Ticket gefahren wäre?“, fragt sie die DVG.
Kontrolleure im Einsatz