Duisburg. . Die Kirchengemeinde St. Johann weigerte sich, einen Verstorbenen auf ihrem Friedhof zu bestatten. Begründung: Der Mann sei aus der Kirche ausgetreten. Das findet die Familie des Verstorbenen unerhört.

„Die katholische Kirche hat mich sehr enttäuscht“, sagt die 75-jährige Hambornerin Margret Driesner mit bewegter Stimme. „Das gehört mal in die Zeitung!“

Was ist passiert? Am 25. Mai verstarb der Bruder der Seniorin, Günter Janowski, im Alter von 71 Jahren. Der einstige Katholik war bereits vor längerer Zeit aus der Kirche ausgetreten, hatte aber trotzdem den Wunsch geäußert, auf dem Friedhof neben den Hamborner Abteikirche beerdigt zu werden. Weil „dort auch unsere Eltern liegen“, hat er einem engen Freund kurz vor seinem Tod anvertraut.

Margret Drieser. Auf dem Kalenderbild ist auch ihr verstorbener Bruder zu sehen. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool
Margret Drieser. Auf dem Kalenderbild ist auch ihr verstorbener Bruder zu sehen. Foto: Stephan Eickershoff/WAZFotoPool © WAZFotoPool

Wunschstelle war bereits ausgesucht

Doch die Gemeinde St. Johann hat diesem Wunsch nicht entsprochen. „Ohne uns auch nur eine offizielle Antwort zu geben“, ärgert sich die 75-Jährige. Man habe in den schweren Stunden – als die Zeit ja auch drängte – noch nicht einmal den Pfarrer selbst sprechen können. Alle Versuche, ihn zu erreichen, seien bei der Gemeindesekretärin geendet. Nur hintenherum habe man der Familie des Verstorbenen zu verstehen gegeben: Wer aus der Kirche ausgetreten sei, werde auf dem katholischen Friedhof nicht beerdigt.

Das bestätigt Pater Norbert, Pfarrer an St. Johann, im Gespräch mit unserer Redaktion in knappen Worten. Er könne das Kirchenrecht nicht ändern und das besage: Ausgetretene würden nicht auf dem Gemeindefriedhof bestattet. Um dann doch eine Einschränkung zu machen: Wenn die Familie eine eigene Gruft habe, könne eine Ausnahmeregelung greifen.

Kirchenrecht gibt wenig Information

Die derzeit gültigen Regeln der römisch-katholischen Kirche sind im „Codex des kanonischen Rechtes“ festgehalten. Sie stammen aus dem Jahr 1983. Im Teil II, Titel III wird das „Kirchliche Begräbnis“ behandelt.

Im Unterkapitel II wird erläutert, wem ein kirchliches Begräbnis gewährt, bzw. verweigert wird. Allerdings ist das wenig aufschlussreich in der Hamborner Angelegenheit, denn zum Thema Bestattungsort wird dort überhaupt nichts gesagt.

Was die Begräbnisfeier betrifft, lohnt sich ein Blick auf die Homepage des Dekanates Dinslaken (www.zr-din.de/Friedhof/Friedhofsrecht.htm): Dort findet sich eine Erläuterung der Regeln: „In der herrschenden Praxis wird das kirchliche Begräbnis von ausgetretenen Katholiken, nicht zuletzt mit Rücksicht auf ihre im Kirchenaustritt getroffene eigene Entscheidung, in der Regel nicht erlaubt, sofern sie nicht vor ihrem Tod ein Zeichen der Reue gegeben haben. Der Anspruch auf ein kirchliches Begräbnis ist nicht einklagbar. Vielmehr bestimmt das katholische Kirchenrecht, dass bei einem Zweifel der Ortsordinarius zu befragen ist, dessen Entscheidung dann befolgt werden muss. Den vom kirchlichen Begräbnis Ausgeschlossenen muss auch jegliche Begräbnismesse verweigert werden.“

Auch einen Gottesdienst hätte sich die Familie des Verstorbenen gewünscht. So aber musste sie eine weltliche Trauerfeier akzeptieren.

Die aber gibt es nicht, wie Margret Driesner bestätigt. „Unsere Eltern sind schon vor langer Zeit verstorben, die Gräber sind längst eingeebnet.“ Trotzdem besuche die Familie den Friedhof noch regelmäßig. Das habe auch der Bruder getan und sich deshalb ganz bewusst für die letzte Ruhestätte neben der Abteikirche entschieden. Sogar die Wunschstelle habe er sich ausgesucht.

Bibel und Madonna-Statue auf dem Nachttisch

„Jetzt mussten wir ihn woanders beerdigen“, klagt die Schwester des Verstorbenen. „Auf dem Fiskusfriedhof. Dabei wollte mein Bruder doch, dass wir es nah zu seinem Grab haben.“

Ein ungläubiger Mensch sei Günter Janowski trotz des Kirchenaustrittes nie gewesen. Ganz im Gegenteil: Als es dieser Tage um die Auflösung der Wohnung gegangen sei, habe man auf seinem Nachttisch die Bibel und daneben eine Madonna-Statue entdeckt.

„Das nimmt uns alles sehr mit“, klagt die Hambornerin und gibt damit auch die Gefühle der anderen Angehörigen wieder. „Die Kirche verliert immer mehr Mitglieder“, sagt sie sauer. „Soll sie mal drüber nachdenken, warum!“