Duisburg-Hamborn. . Die Pläne des Investors zum umstrittenen Factory Outlet Center haben in der Bezirksvertretung Hamborn die erste Hürde genommen. Die Politik verspricht, Mieter-Befürchtungen ernst zu nehmen. Bewohner der zum Abriss vorgesehenen Zinkhüttensiedlung fühlen sich “entsorgt“.
Alles andere wäre eine Überraschung gewesen: Einstimmig hat die Bezirksvertretung Hamborn auf ihrer Sondersitzung am Freitag Abend in der Clauberg-Halle der Änderung des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans Obermarxloh zugestimmt. Damit hat das geplante „Factory Outlet Center“ (FOC) mit insgesamt 140 Fachgeschäften und der Abriss der Zinkhüttensiedlung mit 400 Wohnungen eine erste Hürde genommen. Sehr zur Enttäuschung der Mieter der vor 50 Jahren erbauten Siedlung.
Anders als bei der ersten Bürgeranhörung zu dem umstrittenen Bauprojekt am Dienstag ging es diesmal ausgesprochen ruhig und sachlich zu. Zwar war die frühere ehemalige Schulaula bei der zweiten Bürgeranhörung binnen einer Woche mit rund 300 Besuchern fast genauso voll wie beim turbulenten Auftakt am Dienstag.
Anwohnerin fühlt sich durch Outlet-Center-Bau "sozialverträglich entsorgt"
Aber dieses Mal wurde kein Redner durch Sprechchöre, Pfiffe, Trommeln und Trampeln gestört, wohl auch, weil ultralinke Gruppen, die noch am Dienstag laut und unflätig gestört hatten, diesmal nicht erschienen waren. Auffällig: Nur zwei der insgesamt 18 Redner bei der zweiten Bürgeranhörung wohnen tatsächlich in der Zinkhüttensiedlung. Alle äußerten sich ablehnend gegenüber dem Bauprojekt, ernteten damit viel Beifall im Saal.
Zu ihnen gehörte Anneliese Wolf: „Ich finde es ganz schlimm, wie man jetzt versucht, uns sozialverträglich zu entsorgen“, sagte die Rentnerin verbittert und sprach damit sicher vielen Siedlern aus dem Herzen. Durch die Auflösung der Siedlung würden Vereine und Kirchengemeinden in Hamborn und Obermarxloh viele Mitglieder verlieren. Auch die Marxloher Diplom-Pädagogin Margarete Wösthoff – eine der wenigen wirklich einheimischen Rednerinnen, denn die Mehrzahl derer, die sich an der Aussprache beteiligten, kam nicht einmal aus dem Duisburger Norden – wies auf die Tragik hin, wenn Menschen aus ihren Wohnungen gedrängt würden: „Es handelt sich um Menschen, die in einem Alter sind, in dem sie sowieso viel mit Abschied und Tod konfrontiert werden.“
Unversehrtheit der Wohnung
Es werde von, „einem sozialverträglichen Umzug gesprochen. Aber wir können die Folgen dieses Umzugs nicht absehen.“ Der Umzug im hohen Alter könne bei den Mietern zu Depression, Antriebslosigkeit, beschleunigter Demenz, sogar zum Tode führen, sagte Wösthoff.
Dr. Michael Lefknecht, seit 1985 Umweltmediziner in Marxloh und Aktivist in zahlreichen Bürgerinitiativen, verstand die Sorgen und Ängste, „die emotionale Betroffenheit“ der meisten Mieter der Siedlung. Schließlich schütze die Verfassung die Unversehrtheit der Wohnung. „Jetzt ist das Vertrauen zerstört! Das Kind ist ganz tief in den Brunnen gefallen!“ Grund sei, dass im Planungsverfahren „von Anfang an viele Fehler gemacht worden seien, sagte Lefknecht, um dann den Granden der Duisburger Nachkriegspolitik zu bemühen: „Alt-OB Krings hat gesagt, dass man sich nicht wundern muss, dass die Emotionen jetzt so hoch gehen.“ Kommunikation auf Augenhöhe könne gemachte Fehler wieder „heilen“. In diesem Sinne sprach er sich für einen Runden Tisch aus, wie ihn Stadtdirektor Peter Greulich vorgeschlagen hat.