Duisburg-Hamborn. . So muss es 1968/69 auf dem Höhepunkt der Studentendemonstrationen in den Hörsälen deutscher Unis gewesen sein: Die Hamborner Clauberg-Halle glich bei der Informationsveranstaltung zum geplanten Factory Outlet Center (FOC) am Dienstagabend über weite Strecken einem Hexenkessel.
So muss es 1968/69 auf dem Höhepunkt der Studentendemonstrationen in den Hörsälen deutscher Unis gewesen sein: Die Hamborner Clauberg-Halle glich bei der Informationsveranstaltung zum geplanten Factory Outlet Center (FOC) am Dienstagabend über weite Strecken einem Hexenkessel. Die Bürger, die Mieter der Zinkhüttensiedlung, protestierten lautstark gegen den Abriss ihres Viertels, gegen den Bau des Einkaufszentrums. Trommeln und Trampeln, Pfiffe und Buhrufe hallten immer wieder durch den voll besetzten Saal. Und immer wieder unterbrachen laute Sprechchöre die Redner auf dem Podium. Die ehemalige Schulaula war mit Transparenten und Plakaten („Wir lassen uns nicht vertreiben!“) gepflastert.
Bezirksbürgermeister Uwe Heider (SPD) hatte zwar zu Anfang um kurz nach 19 Uhr die „Wutbürger“ vom Zinkhüttenplatz gemahnt: „Mir ist es wichtig, dass diese Veranstaltung sachlich und friedlich verläuft. Damit wir hier auf Augenhöhe vernünftig miteinander reden können, miteinander und nicht übereinander.“ Aber es half nichts: Besonders ortsfremde ultralinke Splittergruppen, die sich unter die Mieter gemischt hatten, nutzten die Gelegenheit, um gegen „die auf dem Podium“ Stimmung zu machen.
Zu viel des Guten und Schlechten
Gut, wichtig und richtig, wenn sich Bürger, die sich von Politik und Verwaltung übergangen fühlen, zu Initiativen zusammenschließen und gemeinsames Interesse – auch lautstark – artikulieren.
Was am Dienstagabend in der Clauberghalle geschah, war jedoch zu viel des Guten – und zu viel des Schlechten. Denn denjenigen, die für sich in Anspruch nehmen, für die Rechte der Menschen am Zinkhüttenplatz einzutreten, sind die Rechte anderer offensichtlich egal.
Das Recht der freien Meinungsäußerung schrien sie nieder. Die Persönlichkeitsrechte eines Roger Sevenheck wurden ebenso übel verletzt. Der Mann wurde seiner Herkunft wegen schlimm beleidigt.
Wer so auftritt, wie es ein bis zwei Dutzend Anti-Outlet-Protestler in der Clauberghalle taten, der darf sich nicht wundern, wenn er in der öffentlichen Diskussion nicht mehr als Gesprächspartner wahr- und ernst genommen wird.
Zumal den Mietern vom Zinkhüttenplatz durch knallrote Trittbrettfahrer, die sich selbstzufrieden in ihrem Windschatten breit gemacht haben, Chancen genommen werden. Vom Satz, „Freiheit ist immer nur die Freiheit des Andersdenkenden“, hat diese dubiose Krawall-Fraktion wohl noch nie gehört . . .
Am Dienstag, jedenfalls, hatten Mieter die Chance, ganz persönlich Politik, Presse und Planern ihre Sorgen zu schildern und Kompromisse anzustoßen. Chance verpasst. Dass Dr. Peter Greulich nach diesem Abend mit denselben Leuten eine Art Bürgerbeirat zum Outlet-Projekt bilden will: Mutig! Christian Balke
Das bekam zuerst Stadtdirektor Peter Greulich zu spüren, als er die Frage des Moderators Gregor Herberhold (Redakteur der WAZ-Mediengruppe) nach den Gründen der Stadt für ein Outlet-Center beantworten wollte. „Die Stadt hat sich eindeutig positioniert. Der Rat hat mit großer Mehrheit für das FOC votiert.“ Da brach ein Sturm der Entrüstung los. Nur mühsam konnte das amtierende Oberhaupt der Stadt seine Rede fortsetzen. „Wir müssen täglich daran arbeiten, für Duisburg Arbeitsplätze zu schaffen, damit die Menschen in Lohn und Brot kommen.“ Buh-Rufe, Trommeln, Trampeln. „Die Investition in das FOC ist wichtig, damit Duisburg möglichst viel Gewerbesteuer einnehmen kann. Dieses Outlet-Center ist wichtig, damit Duisburg zu einem noch besseren Ruf kommt.“ Pfiffe und höhnisches Gelächter.
Outlet-Center in Duisburg
Dann übernahm Roger Sevenheck, Geschäftsführer des Investors, der German Development Group, das Mikrofon: „Wir sehen unheimlich viel Potenzial für Investitionen in Deutschland, weil hier einige Gebiete heruntergekommen sind.“ Dafür erntete der Niederländer Pfui-Rufe und Sprechchöre: „Wir bleiben hier! Wir bleiben hier!“ Aber Sevenheck kämpfte weiter ums Wort: „In Hamborn gibt es eine sehr gute Infrastruktur mit vielen Autobahnanschlüssen. Man fährt hier direkt von der Autobahn ins Outlet-Center. Es wird hier keine Verkehrsbehinderungen geben.“ Das Outlet-Center werde ein Impulsgeber für die strukturelle Entwicklung der Stadt, warb Roger Sevenheck weiter. Die Duisburger Straße an der Front des FOC werde bis zum Pollmanneck als „Flaniermeile“, als „hochwertige Allee“ aufgewertet.
Zuhörer reagieren wieder mit Pfiffen
Aber auch damit konnte Sevenheck kaum durchdringen, geschweige denn punkten. Als Sevenhecks Projektleiter Frank Lompa mit einem Power-Point-Vortrag Außen- und Innenansichten des FOC präsentierte, schallte es aus dem Publikum: „Das wollen wir gar nicht sehen!“ Dann fragte Moderator Herberhold Walter Ziegler, stellv. Geschäftsführer der Immeo-Group: „Warum haben Sie die Bürger erst informiert, nachdem die Mieter vom Abriss ihrer Siedlung in der Zeitung gelesen haben?“
Ziegler tat sich sichtlich schwer mit einer Antwort: „Der Rat hat am 17. Oktober beschlossen. Wir haben die Mieter am 15. 11. mündlich, am 21. 11. schriftlich informiert. Da waren die Medien einfach schneller.“ Immeo habe erst das Grundstücksgeschäft gemacht, dann die Mieter informiert, räumte Ziegler ein. Wieder reagierten die Zuhörer mit Pfiffen. Nicht anders erging es dem Marxloher CDU-Ratsherrn Rainer Enzweiler, als er ausrief: „Das FOC war und ist die einzige Chance für Hamborn.“ Duisburg brauche die Gewerbesteuer des FOCs für öffentliche Investitionen.