Gefangene freuen sich über die einfachsten Aufträge. Das bringt nicht nur ein paar Euro, sondern vor allem Abwechslung im ansonsten öden Tag hinter Gittern. Es gibt aber kaum noch neue Jobs.

„Der muss jetzt Tüten kleben” – mit dieser Redewendung umschrieb man früher salopp: „Der sitzt jetzt im Knast.” Tatsächlich verbrachten damals viele Gefangene ihren Tag hinter Gittern damit, buchstäblich Tüten aus Papier zu falten und sie zusammen zu kleben. Solch einfache Arbeiten, die jeder Inhaftierte ausführen kann, egal ob er eine Ausbildung hat oder nicht, ob er jung oder alt ist, ob er die Sprache versteht oder nicht, kann sich ein Normalbürger kaum vorstellen. Im Knast aber sieht die Welt anders aus: Da freut man sich, wenn man solche Tätigkeiten erledigen darf. Denn sie sorgen dafür, dass man zum einen wenigstens ein paar Euro verdient und, dass man den öden, langen Tag in Gemeinschaft verbringen kann und Abwechslung hat.

„Leider”, sagt Manfred Eschenbacher, derzeitiger Leiter der Justizvollzugsanstalt an der Hamborner Goethestraße, „leider gibt es heute kaum noch Firmen, die solche einfachen Arbeiten im Gefängnis in Auftrag geben.” Erst kürzlich habe wieder eine Firma einen Auftrag, den die in Hamborn Einsitzenden gerne erledigt haben, gekündigt. Folge: „Wir haben 50 Arbeitsplätze verloren”, berichtet Eschenbacher.

Er versteht nicht, wieso Firmen heute nur noch so selten auf die Gefängnisleitungen zukommen und Aufträge anbieten. „Wir sind flexibel. Können sehr kurzfristig Aufträge annehmen, es entstehen nur geringe Lohnkosten”, sagt der Knast-Chef. Und: „Wir können große Stückzahlen in kurzer Zeit fertigen und die Firmen haben, zum Beispiel bei Krankheit eines Gefangenen, keine Lohnfortzahlungskosten.” Er ist sich sicher: „Es kann sich für Firmen eigentlich gar nicht rechnen, Aufträge für einfache Arbeiten in Osteuropa oder anderswo erledigen zu lassen.” Erst recht nicht, wenn man allein an die Transportkosten denke.

Im Durchschnitt verdient ein Gefangener am Tag zehn Euro. Davon gehen 4/7 auf ein Sparbuch, 3/7 stehen ihm für private Anschaffungen und Genussartikel wie Süßigkeiten oder Tabak zur Verfügung. „Das Geld, das auf dem Sparbuch ist, bekommen die Häftlinge am Ende ihrer Zeit ausgezahlt.” Das ist ihr Startkapital ins neue Leben in Freiheit.

Sieben Organisationen hat Eschenbacher vor ein paar Wochen angeschrieben in der Hoffnung, dass sie Jobs vermitteln könnten. „Keine einzige Antwort habe ich bekommen”, sagt er enttäuscht. Für ihn ist klar: „Das kann nur sein, weil die Firmen gar nicht wissen, wie gut und billig wir Arbeit anbieten können.”

Firmen gesucht

Manfred Eschenbacher, Leiter der JVA DU-Hamborn, Foto: Rainer Raffalski
Manfred Eschenbacher, Leiter der JVA DU-Hamborn, Foto: Rainer Raffalski © WAZ

In der JVA werden derzeit Ofendichtungen verpackt, Spachtel montiert und Deko- sowie Gebrauchsgegenstände aus Holz gefertigt. Im Hamborner Knast sitzen 237 Menschen ein, nur für wenige gibt es Arbeit. Wer Aufträge zu vergeben hat – Anruf genügt: Telefon 5 55 00.