Duisburg. Nach jahrelangen Bauarbeiten ist die Dislichschule in Duisburg wiedereröffnet. Doch viele Probleme sind geblieben – und die Eltern verärgert.

Gut zwei Jahre lang ist die denkmalgeschützte Grundschule aus der Jahrhundertwende aufwendig saniert worden. Schadstofffunde hatten das Bauprojekt in Untermeiderich verzögert. Nach den Herbstferien sind Lehrerinnen und Kinder endlich wieder in die Dislichschule eingezogen, sie ist eine Dependance der Grundschule Bergstraße. Doch längst nicht alle Probleme sind beseitigt. Bei den Eltern rumort es.

„Wie kann man eine Schule öffnen, ohne dass die Kinder die Turnhalle benutzen können? Die Turnhalle ist ein großes Problem“, sagt Betül Kalkan aus der Klassenpflegschaft der 1a. Das findet auch der Meidericher Bezirksbürgermeister Peter Hoppe (SPD). Ursprünglich habe es einen Beschluss gegeben, dass in der Dislichschule ohne Halle kein Unterricht stattfinden solle. Der sei dann irgendwann vom Tisch gewischt worden. „Die Turnhalle ist eine reine Pilzzucht“, ärgert sich der Sozialdemokrat über Schimmelpilze und den insgesamt maroden Zustand. „Sie muss abgerissen und neu gebaut werden“, ist er überzeugt.

Marode Turnhalle der gerade sanierten Dislichschule in Duisburg verärgert die Eltern

Bis die Bauruine ersetzt wird, die zuletzt als Notunterkunft für Flüchtlinge Syrien genutzt wurde, sind die jetzigen Schülerinnen und Schüler alle schon längst in der Sekundarstufe. Zumal die Stadt derzeit gar keinen Abriss, geschweige denn einen Neubau plant. Vorgesehen ist zwar eine Sanierung, für die das Immobilien-Management Duisburg (IMD) „aktuell allerdings keine Kapazitäten“ habe, so Stadtsprecher Falko Firlus. Die Hallensanierung sei jedoch „in die Mittelfristplanung aufgenommen worden“ und solle „sobald wie möglich erfolgen“.

„Die Turnhalle ist eine reine Pilzzucht“: Bei der Sanierung der denkmalgeschützten Dislichschule wurde die marode Halle nicht berücksichtigt. Sportunterricht ist darin nicht mehr möglich.
„Die Turnhalle ist eine reine Pilzzucht“: Bei der Sanierung der denkmalgeschützten Dislichschule wurde die marode Halle nicht berücksichtigt. Sportunterricht ist darin nicht mehr möglich. © Peter Hoppe

Die Lehrerinnen können darauf nicht warten und haben sich um eine pragmatische Alternative bemüht. Neuerdings arbeitet der ESV Grün-Weiß-Roland Meiderich mit der Grundschule zusammen, so können die Kinder die Sporthalle auf dem gut hundert Meter entfernten Vereinsgelände nutzen. Doch vielen Schülern fehlt noch die Disziplin, um zügig zur Halle zu laufen und sich schnell umzuziehen. Da bleiben von einer Sportstunde oft nur wenige Minuten für echten Unterricht. Einige Sportstunden finden notgedrungen in den renovierten Klassenräumen statt.

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„Es ist sehr schön, dass wieder Leben in der Schule ist“, sagt Sascha Nicolai, der Vorsitzende der Elternpflegschaft. Schließlich sei die Dislichschule „ein Herzstück von Meiderich“. Grundsätzlich sei die sanierte Grundschule sehr schön geworden. So überschütten die Eltern und Lehrer gleichermaßen die Architektin Bettina Kindel vom Architektenbüro Rehberg und Milesevic mit viel Lob. „Ich bin begeistert von der neuen Schule. Sie ist wunderschön“, frohlockt Anja Köser, die seit gut 30 Jahren an der Bergschule unterrichtet. Sie ist die dienstälteste Pädagogin, aktuell die kommissarische Schulleiterin und damit auch zuständig für die Dependance.

Architektin bekommt Lob für die Schulsanierung – aber Eltern sehen auch viele Mankos

Dass das Ergebnis der Sanierungsarbeiten gut ankommt, hört Architektin Bettina Kindel natürlich gern, zumal die Arbeiten sehr umfangreich waren. So ist das Innere komplett entkernt und neu aufgebaut. Die Fenster sind ausgetauscht, die Fassade neu gestrichen. Alle Klassenräume haben Akustikdecken bekommen, damit die Kinder beim Lernen möglichst wenig abgelenkt werden. Die Toiletten sind neu und behindertengerecht, ebenfalls neu ist der Lehrerbereich im Dachgeschoss. Erstmals gibt es auch eine Fluchttreppe an dem denkmalgeschützten Gebäude.

Die Eltern sehen aber nicht nur das Schöne, sondern auch die Mankos. „Die Räume werden nicht größer, obwohl wir größere Räume bräuchten“, sagt Betül Kalkan. An der Dislichstraße seien teils deutlich mehr als 30 Kinder in einer Klasse. Daneben gibt es viele ärgerliche Kleinigkeiten. Es fehlen beispielsweise immer noch die Garderoben und Mülleimer. Bei aufgeklappter Kreidetafel lässt sich die Tür nicht öffnen. Auf dem Schulhof fehlen noch Spielgeräte, sie zählen wie die Mülleimer zu ausstehenden Abschlussarbeiten des IMD. Immerhin war die defekte Heizung nach nur wenigen Tagen repariert.

Viele Grundschüler müssen auch über die stark befahrene Vohwinkelstraße. Eltern halten das für gefährlich und wünschen sich eine Lösung.
Viele Grundschüler müssen auch über die stark befahrene Vohwinkelstraße. Eltern halten das für gefährlich und wünschen sich eine Lösung. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Lehrermangel bleibt im Duisburger Norden ein großes Problem

Schwerer als die Probleme mit der Sporthalle, dem Gebäude und der Ausstattung wiegt allerdings der Lehrermangel. Sein Sohn, ein Zweitklässler, erzählt Sascha Nicolai, habe schon die vierte Klassenlehrerin. Die meisten waren Externe, die zeitweilig nach Meiderich abgeordnet wurden. „Das bedeutet Tumult in der Klasse, wie soll man da eine schöne Schulzeit garantieren?“

Dass gerade der Duisburger Norden unterversorgt ist, bestätigt Anja Köser und wirbt für die beiden Standorte der Bergschule. „Die Eltern und die Kinder mag ich total. Wir haben viel Multikulti, das ist eine Bereicherung, und wir haben einen großen Zusammenhalt.“ Von zwölf Lehrern sind derzeit allerdings drei von außerhalb abgeordnet und bleiben maximal ein Jahr. Die Grundschule braucht dringend Verstärkung. Je sechs Kollegen mit jeweils einer Klasse sind auf die beiden Standorte verteilt. Von 315 Kindern werden neuerdings gut 160 an der Dislichstraße unterrichtet.

Dunkler Tunnel, starkbefahrene Straße – Eltern finden den neuen Schulweg gefährlich

Zusätzliche Lehrer statt Notlösungen mit kurzzeitig abgeordneten Pädagogen wünschen sich auch die beiden Elternvertreter. Jedoch finden sie: Die marode Turnhalle würde jeden Bewerber sofort abschrecken. Dann ist da noch der gefährliche Schulweg. Nicht wenige Schüler müssen über die stark befahrene Vohwinkelstraße und durch den Fußgängertunnel der Tunnelstraße. Er ist im dunklen Herbst für viele Kinder trotz Beleuchtung ein Angstraum.

Ein Angstraum für viele Kinder: Zum neuen Schulweg zur Grundschule zählt der Fußgängertunnel der Tunnelstraße in Duisburg-Untermeiderich.
Ein Angstraum für viele Kinder: Zum neuen Schulweg zur Grundschule zählt der Fußgängertunnel der Tunnelstraße in Duisburg-Untermeiderich. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Obwohl es an der Vohwinkelstraße Ampeln gibt, wollen die Eltern ihre Kinder nicht alleine diese Umgehungsstraße überqueren lassen, über die viele Lastwagen rasen. Derzeit organisieren sie in der Nachbarschaft, dass der Schulweg immer von Erwachsenen begleitet wird. Diese Maßnahme empfiehlt auch die Stadt Duisburg den Eltern gegenüber der Redaktion. Denn die Fachleute im Rathaus sehen grundsätzlich „die Überquerung der Straße an einer Ampel“ als „die sicherste Form, um auf die andere Seite zu wechseln“. Somit sehen sie keinen Bedarf, die Verkehrssituation zu verändern.

Damit will sich Peter Hoppe nicht abfinden. Er fordert mehr Sicherheit für die Schulkinder. Das könne vielleicht ein Drängelgitter sein. Alle Betroffenen hoffen, dass es für alle angesprochenen Probleme bald eine Lösung gibt.

Eine erste gute Nachricht gibt es bereits: Die neue Schulleiterin der Grundschule Bergstraße soll am Montag, 13. November, ihren Dienst antreten und lässt das Kollegium somit auf 13 Lehrer anwachsen.

Lieber Klassencontainer als Umzug zum neuen Standort

Dennoch behält die Standorteröffnung an der Dislichstraße für die Eltern einen bitteren Beigeschmack, wie Betül Kalkan deutlich macht. So passiert sie mitten im Schuljahr, reißt klassenübergreifende Freundeskreise auseinander und macht für die Kinder der Dislichschule einen Sportunterricht kaum mehr möglich. Am anderen Standort gab es diese Probleme nicht, obwohl dort Klassen in Containern unterrichtet wurden. „Die Container-Lösung war schön“, sagt Betül Kalkan, „ich bin traurig, dass wir rübergezogen sind.“

>> Sanierung kostete 4 Millionen Euro und verzögerte sich stark

  • Für die Sanierung des Grundschulgebäudes hat die Stadt nach eigenen Angaben gut 4 Millionen Euro investiert. Die Planungen für das Projekt begannen im Mai 2019, Baubeginn war im November 2021.
  • Dann wurden „unvorhergesehene Schadstoffe in erheblichem Umfang gefunden“, so dass sich durch die Schadstoffsanierung die Bauzeit um fast ein Jahr verlängerte. Weitere Verzögerungen entstanden durch Ausfälle der Handwerker in der Corona-Pandemie und durch Lieferengpässe bei Baustoffen wegen des Ukraine-Kriegs.
  • So konnte Dislichschule nicht wie geplant nach den Sommerferien wieder öffnen, sondern erst nach den Herbstferien am 16. Oktober.