Duisburg. Angelika Lutze arbeitete am Eröffnungstag hinter den Kulissen der Rhein-Ruhr-Halle. Dort traf sie die Stars. Einer beeindruckte sie besonders.
Dass die baufällige Rhein-Ruhr-Halle seit Jahren ein Schandfleck im Duisburger Norden ist, bestreitet niemand. Dennoch lösen die derzeit im Inneren laufenden Abrissarbeiten bei vielen Menschen etwas Wehmut aus, weil sie bis zur Schließung 2011 viele schöne Abende dort erlebt haben. Angelika Lutze war Teil des Teams, das die Eröffnung im Jahr 1975 vorbereitet hat. Sie gehörte auch zu den Mitarbeitern, die diesen geschichtsträchtigen Abend begleitet haben – und einige Erinnerungen sind für sie selbst nach fast fünf Jahrzehnten sehr lebendig.
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Angefangen hatte alles mit einer Zeitungsanzeige, gesucht wurden für die langwierigen Vorbereitungen der Eröffnungsfeier „Mädchen für alles“. Angelika Lutze, damals eine junge Frau, steckte „mitten in der Scheidung und hatte nur wenig Geld“. Da kam ihr ein Zuverdienst sehr gelegen. Zusammen mit mehreren anderen Frauen, so erzählt die heute 76-Jährige, hat sie viele Wochen im Hallenkeller große Holzkisten ausgepackt. Voller Holzwolle waren sie, um „Geschirr vom Feinsten“ zu schützen, das für das Restaurant bestimmt war. Milchkännchen, Zuckerdöschen, Besteck, aber auch Riesentöpfe und eine Riesenspülmaschine für die Gastronomie gingen durch ihre Hände und die ihrer Kolleginnen.
„Wir haben richtig geackert“, erzählt sie stolz von ihrem anstrengenden Job, bei dem sie „schönes Geld“ für sich und ihre Tochter verdient hat. Die Kisten und die Maloche wollten kaum ein Ende nehmen, doch die Eröffnung rückte näher und näher – und am Festabend hatte Angelika Lutze dann eine andere Aufgabe. Im Restaurant gab sie Kaffee aus und betreute „das riesengroße Kuchenbüffet“, auf dem nur die beliebtesten Zuckerbomben der 70er zu finden waren. „Da gab es keinen Bienenstich wie auf einer Beerdigung“, betont die Seniorin im Gespräch mit der Redaktion. Sondern „ganz tolle Torten und Kuchen“, darunter Schwarzwälder Kirschtorte, Frankfurter Kranz und Käsekuchen.
Stars und Sternchen aus Sport und Showbiz kamen zur Eröffnung der Rhein-Ruhr-Halle
So einen Andrang habe sie selten erlebt. 2700 Gäste, so berichten es die Zeitungsartikel von damals, haben eine Eintrittskarte bekommen. Die Parkplätze wurden schnell knapp. „Gedränge vorm Eingang, Gedränge in den Wandelgängen. Viel Prominenz, wenig Abendrobe, die Duisburger erwarteten keinen Festakt“, so steht es dort geschrieben.
Prominente vom Fußball, der restlichen Sportwelt, aus der Politik und dem Showbusiness waren am 31. Oktober 1975 nach Hamborn gekommen. Der beliebte Showmaster Wim Thoelke führte als Moderator durch den Premierenabend mit Musik und Sport, an dem unter anderem der neugewählte Oberbürgermeister Josef „Jupp“ Krings und die Duisburger Sportlegende Walter Schädlich auf eine Torwand schossen. Die offizielle Eröffnungsfeier begann übrigens verspätet, weil der Knopf für Gong, der die Besucher zu den Plätzen bittet, minutenlang nicht gefunden wurde.
Von alldem bekam Angela Lutze im Restaurant kaum etwa mit. „Wir haben sehr viel gearbeitet, das war ein bisschen wie Akkordarbeit.“ So sei nicht einmal Zeit geblieben, um zu schauen, was in der Halle los war. Tausende Menschen seien bestimmt an der Kuchen- und Kaffeetheke gewesen – wenn auch weniger als am Bierstand mit König Pilsener.
„Er war super, super, super“ – schöne Erinnerungen an Sänger Roy Black
Unter den vielen Prominenten, an die sich die Duisburgerin heute gar nicht mehr erinnert, stach ein Star heraus, den sie nie vergessen wird. „Mit Roy Black habe ich gesprochen“, schwärmt die Seniorin heute noch. Nett und höflich sei er gewesen, auch als sie ihn ein paar Tage später auf dem Sonnenwall wiedergetroffen habe. „Er war super, super, super, mein Highlight“, sagt sie fröhlich.
Nach Feierabend, gegen 5 Uhr morgens, gönnte sie sich ein Taxi, obwohl sie in der Nähe wohnte, und fiel erschöpft ins Bett. Danach kehrte sie nicht mehr zur Rhein-Ruhr-Halle zurück, als dort Fernsehsendungen aufgezeichnet oder große Feste gefeiert wurden. „Solche Veranstaltungen waren zu teuer“, sagt sie. Aber Süßigkeitenmessen erlebte sie in der berühmten Rhein-Ruhr-Halle, die Stars wie Michael Jackson kannten. Auf die Messen begleite sie ihre Tochter, die im Dellviertel eine Trinkhalle führt.
„Ich bin traurig, dass die Halle abgerissen wird“, sagt Angelika Lutze. Denn damit verliere Duisburg „ein echtes Highlight“. Als sie aber recht aktuelle Fotos aus dem Inneren sieht, erschrickt sie. Ja, solch einen Schandfleck sollte die Stadt Duisburg tatsächlich abreißen, findet die Seniorin und fühlt sich an das alte St. Vincenz erinnert.
Ihre eigenen Erinnerungen an die Rhein-Ruhr-Halle, an den Eröffnungsabend mit Roy Black und den anderen Prominenten wird die Seniorin zeitlebens nicht vergessen. Sie ist sich sicher, dass die Duisburgerinnen und Duisburger immer gerne an ihre Halle zurückdenken – auch wenn die Bagger sie bald dem Erdboden gleich machen.