Duisburg-Beeck. Die Beecker Kirmes braucht einen modernen Kirmesplatz, um zu überleben. Die Stadt Duisburg geht von hohen Umbaukosten aus und befürchtet Risiken.

Die Beecker Kirmes wird so klein wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Dennoch hat Uwe Kluge als Chef von Duisburg Kontor, dem städtischen Kirmesveranstalter, zunächst gute Nachrichten, als er in der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck seinen mündlichen Sachstandsbericht vorträgt. Denn unter den inzwischen rund 90 erwarteten Schaustellern sind neun Betreiber von attraktiven Großfahrgeschäften, die Publikum ziehen.

Bei seinen Zuhörern entstand trotzdem der Eindruck, dass die Stadtverwaltung den Traditionsjahrmarkt mit jahrhundertealter Geschichte erneut sterben lassen möchte. Der erste Versuch ist bekanntlich im vergangenen Frühjahr überraschend gescheitert. Den Todesstoß könnte bereits die rot-schwarze Ratsmehrheit am 27. März führen. Die diesjährige Neuauflage bliebe davon allerdings unberührt.

Doch der Fortbestand des Jahrmarkts hängt davon ab, ob der Kirmesplatz in Beeck, nahe der A 42, modernisiert und für Großfahrgeschäfte, die Publikumsmagnete, hergerichtet wird.

Umbau des Kirmesplatzes in Duisburg-Beeck kostet mindestens 4 Millionen Euro

Den Platz zu ertüchtigen soll rund 4,15 Millionen Euro kosten. Das sei aber nur eine sehr optimistische Kostenschätzung, wie Uwe Kluge bei seinem Sachstandsbericht im Bürgerhaus Hagenshof betonte. Demnach beinhaltet diese Rechnung, dass die Wege befestigt werden (rund 4400 Quadratmeter), ebenfalls der Untergrund der Grünflächen (circa 11.700 Quadratmeter), die Entwässerung, Leitungen. Berücksichtigt ist in der Millionensumme auch die Bauplanung.

„Darin sind keine möglichen Risiken enthalten“, betonte Kluge. So hatte Duisburg Kontor bereits im vergangenen Herbst vermutet, dass das Gelände durch Schlackeschichten nur wenige Dutzend Zentimeter unter Grassohle kontaminiert ist. Sollte sich dies bewahrheiten, würden die Umbaukosten für den Kirmesplatz drastisch steigen.

Außerdem besitzt die Stadt den Kirmesplatz nur etwa zur Hälfte, das übrige Grundstück gehört der Bundesautobahngesellschaft (Autobahn GmbH). Zwar werde diese den Umbau erlauben und habe in absehbarer Zukunft keine eigenen Pläne für das Gelände an der A 42. Doch würde sie sich vertraglich zusichern lassen, wie es üblich ist, dass Duisburg im Bedarfsfall den Rückbau einiger befestigter Wege bezahlt. Für diese Maßnahme rechnet Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne, der den Bericht ergänzte, mit zusätzlichen rund 400.000 Euro.

Für die von der Bezirksvertretung einstimmig geforderte Modernisierung des Kirmesgeländes ist „die Finanzierung bisher nicht im Haushalt gesichert“, erläuterte Uwe Kluge. Das Geld müsse also aus einer bestehenden Haushaltsstelle herausgenommen werden.

Modernes Gelände für Volksfeste soll künftig mehr Schausteller locken

Immerhin: Mit einem neuen Volksfestplatz an der Karl-Albert-Straße samt neuen Strom- und Wasserleitungen sowie neuen Kanälen geht der städtische Veranstaltungsexperte von „einer besseren Bewerberlage“ in den nächsten Jahren aus. Jedoch ergänzte er: „Ein Erfolgsversprechen für eine zukünftige Kirmes kann nicht gegeben werden.“

Mehr Bewerbungen und vor allem mehr Besucher als bei der jüngsten Auflage von 2019 hat der Traditionsjahrmarkt nötig, damit die Schausteller Geld verdienen können. Denn diese Kirmes hatte 150 Karussells, Buden und Stände und wurde als zu klein und zu unattraktiv kritisiert. Die seit der Corona-Krise stark angeschlagene Branche liebäugelt neuerdings bereits mit einer zusätzlichen Sommerkirmes am MSV-Stadion in Neudorf, weil sie keine guten Umsätze für die geschrumpfte, diesjährige Beecker Kirmes rund ums erste Juli-Wochenende (30. Juni bis 4. Juli) voraussieht.

Auf die zum Jahresanfang beendete Ausschreibung von Duisburg Kontor für Beeck, berichtete Uwe Kluge, haben sich rund 100 Schausteller beworben. Zum Vergleich: Für den Rummel 2022, der letztlich wegen zu wenigen Schaustellern und Großkarussells abgesagt wurde, gingen 180 Bewerbungen ein.

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Diese Zahl allein sei aber wenig aussagekräftig, weil sich demnach die Betriebe zu Veranstaltungen in anderen Städten am selben Termin mehrfach bewerben und damit lediglich ihr Interesse bekunden. Außerdem müsse die Zusammensetzung der Bewerber stimmen, was sie aber jetzt im Duisburger Norden tue. Aufgrund von darauffolgenden circa 80 Zusagen, aus denen bislang 46 unterschriebene Verträge inklusive der neun Großfahrgeschäfte hervorgingen, rechnet die Stadttochter mit bis zu 90 teilnehmenden Betrieben und mit einem attraktiven Volksfest.

Aufgebaut wird der Rummel auf dem Kirmesplatz, also auf dem Sportplatz samt Festwiese, zudem auf der Karl-Albrecht-Straße und auf den Straßen Am Beeckbach und Lange Kamp; Endpunkt ist die Friedrich-Ebert-Straße.

Örtliche Vereine beteiligen sich und bieten Lokalkolorit

Die örtlichen Vereine, die für den Erhalt der Traditionsveranstaltung gekämpft haben, werden am Kirmessamstag und -sonntag Stände nahe am Oberhof betreuen und ein Bühnenprogramm mit möglichst viel Lokalkolorit anbieten. Für ein zusätzliches, professionelles Rahmenprogramm ist Duisburg Kontor zuständig, trifft dazu aber noch keine konkreten Aussagen.

Damit ist die von den Jahrmarktbeschickern geforderte und erhoffte Rückkehr zur einstmals größten Straßenkirmes am Niederrhein aktuell kein realistisches Ziel. Zumal im neuen Dreistufenmodell für die Beecker Kirmes die voraussichtliche Größe für diesen Sommer bereits die höchste Ausbaustufe darstellt (nach einer Kleinkirmes und einem Stadtteilfest).

Droht künftig ein Stadtteilfest statt großer Straßenkirmes?

„Das Stufenmodell darf kein Versuch sein, an der Beecker Kirmes zu sparen“, mahnte die Beecker Ratsfrau Jülide Celenk (SPD) im Gespräch mit der Redaktion. Dass die Neuauflage wegen der Corona-Pandemie und der Energiepreiskrise zunächst kleiner werde als vorher, davon sei auszugehen. Insbesondere, weil viele Menschen im Duisburger Norden jetzt für die Erdbebenopfer in der Türkei spenden und im Juli weniger Geld auf der Kirmes lassen werden.

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Irritiert zeigten sich Jülide Celenk und die übrigen Lokalpolitiker aber darüber, dass der Bericht nur mündlich ausfiel. Denn die Verwaltung hat bereits eine ausführliche Druckvorlage mit allen Details zum Umbau des Kirmesplatzes ausgearbeitet. Nur hat Oberbürgermeister Sören Link sie noch nicht freigegeben, er soll sie erst in den nächsten Tagen auf den Schreibtisch bekommen.

In diesem Dokument schlägt die Stadt Duisburg eine Alternative zum Kirmesplatzumbau vor: ihn nicht umzubauen und in Kauf zu nehmen, dass die Beecker Kirmes ab 2024 vielleicht nur ein kleines Stadtteilfest auf dem Marktplatz oder eine Kleinkirmes drumherum wird. Wenn auch mit einem städtischen Zuschuss.

Stadtrat entscheidet bald erneut über das Überleben der Beecker Kirmes

„Der Umbau des Kirmesplatzes ist alternativlos“, betonte Ratsherr Louis Bruns (SPD), zu dessen Wahlkreis Beeck gehört, und kritisierte, dass Duisburg Kontor als Kirmesveranstalter überhaupt einen Nichtausbau als gleichberechtigte Option vorstellt. So entstand im Sitzungssaal der Eindruck, Uwe Kluge wolle die Traditionsveranstaltung am liebsten beerdigen, wie schon im Frühjahr 2022, und betreibe jetzt Lobbyarbeit gegen die Modernisierung des Geländes. Vor dem Sachstandsbericht hatte der Kontor-Geschäftsführer nämlich schon ausgewählte Ratsmitglieder informiert.

Angesichts von 128 Millionen Euro für die Sanierung des Stadttheaters, diskutierten einige Kirmesliebhaber unter den Politikern abseits der Sitzung, seien vier Millionen Euro für ein großes traditionelles Volksfest durchaus vertretbar. Insbesondere da das Theater vielleicht ein Prozent der Duisburgerinnen und Duisburger überhaupt ansprechen würde, die Beecker Kirmes aber für alle Duisburger Familien gedacht sei.

Die Diskussion soll in gut zwei Wochen in einer Sondersitzung fortgesetzt werden und die noch interne Beschlussvorlage der Verwaltung zur Grundlage haben. Rechtzeitig bevor der Stadtrat über das Kirmesgelände und damit über das Überleben des Traditionsrummels als großes Volksfest entscheidet.