Duisburg-Neumühl. Im Streit um Denkmalschutz in einer Duisburger Zechensiedlung sollte ein Gespräch mit OB Link die Wogen glätten. Nicht alle waren begeistert.
Der Oberbürgermeister ist gekommen, um sich zu entschuldigen, die Gemüter zu beruhigen und mit den Anwohnern der Siedlung Bergmannsplatz ins Gespräch zu kommen. Doch Sören Link hatte in der Gnadenkirche einen schweren Stand. Zu aufgeladen die Stimmung unter den Besitzern der denkmalgeschützten Zechenhäuser.
Mit dem OB auf dem Podium in der Neumühler Gnadenkirche saßen am Montagabend, 27. Februar, Martin Breil von der Unteren Denkmalbehörde und Michael Rüscher, als Wirtschaftsdezernent zuständig für den Umweltschutz.
Denkmalschutz sorgt für Aufruhr in der Duisburger Siedlung Bergmannsplatz
Zur Erinnerung: Seit Herbst 2022 herrscht Aufruhr in der schmucken Siedlung. Da hatte die Denkmalbehörde der Stadt erhebliche Verstöße gegen den Denkmalschutz festgestellt. In den Fokus geraten waren die Vorgärten, die vielerorts verschwunden sind: Sie wurden im Laufe der Jahre asphaltiert und als Carport sowie Stellplatz für Müllboxen genutzt. Das ist nicht erlaubt. Die Siedlung, 1907 bis 1909 nach den Ideen der Gartenstadtbewegung gebaut, ist schon seit 1996 ein Denkmal.
Also verschickte die Stadt Briefe und setzte den Betroffenen eine Frist bis 1. Dezember 2022, um ihre Vorgärten wieder zurückzubauen. Dafür sagten jetzt alle auf dem Podium „sorry“. „Vergessen wir das nicht ganz so glücklich formulierte Schreiben und sprechen wir darüber, wie es weitergehen kann“, so der OB. „Wir sind in Duisburg bekannt dafür, dass wir Tacheles reden. Machen Sie aus Ihrem Herzen keine Mördergrube.“
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Genau das taten die rund 150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Versammlung. Ihre Angst, Wut und ihr Unverständnis brachen sich Bahn: Die Angst, was noch alles auf sie zukommen kann. Türen und Fenster vieler Häuser verstoßen auch gegen den Denkmalschutz. Drohen also neue Briefe, die einen Rückbau fordern? Und wer soll das alles bezahlen? Die Wut, dass sich nach Meinung der Anwohner viele Jahre niemand von der Stadt um die Siedlung gekümmert hat. Unverständnis darüber, dass einige Besitzer ihre umgestalteten Vorgärten offenbar so lassen dürfen.
Moderator Reiner Terhorst hatte einige Mühe, für ein geordnetes Gespräch zu sorgen. Die ersten Zwischenrufe gab es schon, als Martin Breil zu einem kurzen Vortrag über Sinn und Stellenwert des Denkmalschutzes und die Bedeutung der Siedlung rund um den Bergmannsplatz ansetzte. „Das wissen wir alles. Dafür sind wir nicht gekommen“, schallte es ihm entgegen. Breil verkürzte, Michael Rüscher – erst seit acht Wochen im Amt – zeigte sich erschüttert über den Brief. „Der ist hinfällig. Sie bekommen einen Neuen mit einer deutlich längeren Frist.“
Viele Anwohner würden den Denkmalschutz für ihre Zechensiedlung gerne abschaffen
Das ist nicht das, was die Anwohner hören wollen. Eine Mehrheit scheint erst wieder zufrieden, wenn der Denkmalschutz wieder abgeschafft ist: „Anderswo hat das ja auch funktioniert.“ Dass dies keine Option ist, machten die Drei auf dem Podium mehr als deutlich. „Der Denkmalschutz ist Landesgesetz und steht nicht zur Diskussion. Es kann doch auch nicht in Ihrem Interesse sein. Der Charakter der Siedlung wäre hinfällig“, so der OB. „Wir wollen die Häuser doch gar nicht verändern“, ruft eine Anwohnerin aufgebracht von der Kirchenempore.
Sören Link versucht zu beschwichtigen: „Der Denkmalschutz und die Stadt sind nicht Ihre Gegner.“ Und immer wieder der Appell, Beratungsgespräche mit dem Denkmalschutz zu führen. Damit man weiß, woran man ist. Und weil jede Entscheidung für oder gegen die Gestaltung des Vorgartens eine Einzelfallentscheidung ist. Ein Wort, das an diesem Abend immer wieder fällt.
Um zwei Fragen dreht sich vieles: „Wer soll das bezahlen? Und was kommt noch alles?“
Natürlich sind es vor allem die Kosten, die die Anwohner umtreiben: „Wir sind hier alles Arbeiter. Wer soll das bezahlen?“. Und: „Müssten unsere Dächer nicht alle rot eingedeckt sein? Wann kommen Sie mit diesem Thema“? Martin Breil erteilte der Hoffnung auf finanzielle Unterstützung eine Absage: „Es gibt keine Fördermittel für Siedlungen. Sie können die Kosten aber steuerlich geltend machen.“ Lautes Gelächter: „Das reicht doch vorne und hinten nicht.“
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Nach einer Stunde verließen viele aufgebrachte Hausbesitzer die Kirche, eine Teilnehmerin verkündete lautstark, jetzt zum Anwalt zu gehen. Die Wogen zu glätten schien nicht möglich, so sehr sich vor allem der OB auch bemühte. Er schlug den Anwesenden schließlich einen Drei-Punkte-Plan vor:
„Wir stehen an Ihrer Seite, was die Beratung angeht. Fristen werden verlängert. Es kann nicht sein, dass Sie das Paket nicht stemmen können.“ Außerdem stellte Link in Aussicht, in den nächsten Jahren in Duisburg eigene Förderprogramme aufzulegen. „Darüber muss dann der Rat entscheiden.“ Dritter Punkt: Die Stadt wird sich den Zustand der Gehwege und der großen Platanen ansehen.
Hausbesitzer klagen über den Zustand der Bürgersteige rund um den Bergmannsplatz
Denn als Grund, die Vorgärten asphaltiert zu haben, wurden mehrfach die Bäume genannt. Die waren beim Bau der Siedlung natürlich deutlich kleiner. Ihre Wurzeln beschädigen nach Aussage der Anwohner inzwischen schon die Mauern der Häuser und heben die Gehwegplatten. Da die alten Platanen für sehr viel Schatten sorgten und viel Wasser benötigten, wächst in den Vorgärten nichts mehr. „Da ist nur noch Wüste.“
Link machte am Ende noch einen Vorschlag zur Güte: „Ich verstehe Ihre Emotionen. Wie werden versuchen, maximal bürgerfreundlich mit dem Thema umzugehen. Lassen Sie uns Ende des Jahres wieder treffen.“
>> Energetische Sanierung ist ein weiteres Problem bei denkmalgeschützten Häusern
- In Duisburg gibt es 21 denkmalgeschützte Siedlungen, in denen 9000 Familien leben.
- Veränderungen, die in der Neumühler Siedlung vor 1996 an den Häusern vorgenommen wurden, müssen nicht zurückgebaut werden. Laut Martin Breil gibt es eine Dokumentation, mit der genau nachvollzogen werden kann, wo das der Fall ist.
- Auch das Thema energetische Sanierung von denkmalgeschützten Häusern kam auf den Tisch. Eine Problematik, die den OB nach eigenen Angaben umtreibt. Statt Photovoltaikanlagen aufs Dach zu packen, was verboten ist, könne man in Siedlungsnähe vielleicht eine Fläche für eine solche Anlage finden.