Duisburg-Wehofen. Angesichts steigender Energiekosten wollen viele Zechenhaus-Besitzer ihr Zuhause energetisch aufrüsten. Das Denkmalamt Duisburg soll nun helfen.
Bei Verstößen gegen den Denkmalschutz versteht die Stadt Duisburg keinen Spaß. Das hat die Denkmalbehörde zuletzt klar gemacht, als sie von Neumühler Zechenhauseigentümern den kostspieligen Rückbau der unerlaubt asphaltierten Vorgärten verlangte. Das sorgte für Aufruhr bei den Betroffenen. Die knapp gesetzten Fristen haben die Denkmalschützer immerhin zunächst ausgesetzt. Aber eine Lösung ist noch nicht in Sicht.
Im Nachbarbezirk Walsum wird dieser Fall sehr genau beobachtet und soll sich in der geschützten Zechensiedlung Wehofen nicht wiederholen. Der jüngste Vorstoß der Bezirksvertretung Walsum droht aber bei den Fachleuten im Rathaus kaum auf Gegenliebe zu stoßen.
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So fordert die Bezirksvertretung jetzt, dass die Stadt die Gestaltungsfibel für das einstige Arbeiterviertel überarbeiten soll, um Klimaschutzmaßnahmen an den Zechenhäusern zu erleichtern. Dabei geht es vor allem um „kostengünstige ökologische Energiegewinnung“ wie Photovoltaikanlagen, wie es im gemeinsamen Antrag von SPD, Grüne und Linke heißt.
Stadt Duisburg: Neues Gesetz erleichtert keine Energiesparmaßnahmen an Denkmälern
„Die Denkmalfibel ist kein normatives Recht, sondern eine Handreichung, eine Information an Hauseigentümer, was möglich ist“, ordnete Bezirksmanagerin Yvonne Lamontaine vor der Abstimmung ein. Die Fibel orientiert sich demnach an Landesrecht, doch Klimaschutz oder energetische Sanierungen können den Denkmalschutz nicht aushebeln. Zudem handle es sich bei allen Veränderungen, darunter auch Photovoltaik-Anlagen, um Einzelfallentscheidungen. Die Bezirksmanagerin hatte sich offensichtlich zuvor mit der Fachverwaltung über den Antrag ausgetauscht.
Tatsächlich hat bereits die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Duisburg im Dezember klargestellt, dass auch das neue NRW-Denkmalschutzgesetz (in kraft seit 1. Juni 2022) die Umbauten zur energetische Optimierung nicht erleichtert: „Das Gesetz sieht keine grundsätzliche Privilegierung für die Durchführung von Energieeinsparungsmaßnahmen an Denkmälern vor.“ Beides muss also gleichwertig betrachtet werden, wodurch Einzelfallentscheidungen möglich werden.
Neue Gestaltungsfibel für Zechenhäuser soll Ideen zum Energiesparen aufzeigen
Gerade deshalb brauche Wehofen eine aktualisierte Gestaltungsfibel für die Zechensiedlung, die die bisherige Version von 2007 ersetzt, findet der grüne Ratsherr Sebastian Ackermann im Gespräch mit der Redaktion. Er selbst wohnt in dem Viertel und hat am Antrag mitgeschrieben. „Der Bedarf an Photovoltaik-Anlagen ist groß, und die Gestaltungsfibel sollte die Möglichkeiten aufzeigen, die das neue Gesetz bietet“, so der Wehofener.
Natürlich könne man immer vorab mit der Denkmalbehörde sprechen, doch sie sei personell nicht gerade üppig ausgestattet. So würden Antworten teilweise schon mal sechs Monate brauchen. Außerdem seien die Auskünfte nicht einheitlich und scheinen sich von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter zu unterscheiden. So habe ein Nachbar telefonisch gesagt bekommen, dass Photovoltaik grundsätzlich nicht erlaubt sei. Sebastian Ackermann dagegen habe sich selbst schriftlich mit einer Voranfrage wegen einer PV-Anlage auf einem Terrassendach ans Denkmalamt gewandt, und nach einem halben Jahr sei dieser Umbau „zaghaft in Aussicht gestellt“ worden.
Die Stadt solle daher die Gestaltungsfibel überarbeiten und darin beispielsweise PV-Anlagen aufführen. Sind sie auf Hausdächern möglich? Nicht zur Straße, aber zum Garten hin? Auf Terrassendächern? Darf man Dachziegel mit eingearbeiteten PV-Platten verwenden? Solche Fragen beantwortet die Fibel bereits für andere Details vom Hausnummernschild über Fenster, Türen, Treppen, Fassaden, Gärten bis zu Anbauten. Alles ohne dass die Eigentümer daraus behördliche Genehmigungen ableiten.
Parkplatzmangel: Gehören Vorgärten tatsächlich zum Charakter der Zechensiedlung?
„Wir sind uns alle einig, dass wir mehr grüne Energie wollen und brauchen“, ergänzt der stellvertretende Bezirksbürgermeister René Klein (CDU). Ebenso wichtig seien energetische Sanierung, insbesondere in alten Zechenhäusern. Dort erwartet er, dass sich die Denkmalbehörde und notfalls der Gesetzgeber bewegen, um auch aus Baudenkmälern das Optimum herauszuholen. Dass vielleicht Fenster historisch aussehen, tatsächlich aber dreifachverglast sind.
In anderen Bereichen, so Klein weiter, sei das schließlich längst gelebte Praxis, etwa bei Straßenlaternen. Selbst historische Modelle hätten inzwischen energiesparende LED-Leuchten.
Für die 21 denkmalgeschützten Zechensiedlungen in Duisburg wünscht sich der Christdemokrat, dass die Häuser energetisch so saniert werden dürfen, dass sie anschließend dem KfW-Standard 55 entsprechen.
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Zwar sieht er den Denkmalschutz ebenfalls als eine unverzichtbare Hilfe, um sich an Duisburgs Geschichte zu erinnern. Doch sei er bereit, in dem Wehofener Viertel einige Abstriche zu machen, um der modernen Lebensrealität Rechnung zu tragen. So hätte er kein Problem, wenn Hausbesitzer ihre Vorgärten aufgeben, um einen zusätzlichen Parkplatz zu bekommen. Denkmalschützer würden widersprechen, und auch für Anwohner Sebastian Ackermann tragen die Vorgärten maßgeblich zum Charakter der Siedlung bei.
Städtische Fachleute sollen sich mit Hauseigentümern zusammensetzen
Um diesen Charakter bestmöglich zu schützen und gleichzeitig den gleichwertigen Wunsch der Anwohner auf Klimaschutz und energetische Sanierung umzusetzen, fordert die Bezirksvertretung Walsum nicht nur eine überarbeitete Gestaltungsfibel von der Denkmalbehörde. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen auch den Dialog mit den Hauseigentümern suchen. Das hat laut dem einstimmigen Beschluss bis zum Jahresende zu geschehen.
Doch nicht jeder Eigentümer eines der Zechenhäuser möchte die Aufmerksamkeit der Stadt Duisburg, räumt Sebastian Ackermann ein. Vereinzelt haben demnach nicht nur in Neumühl, sondern auch in Wehofen einige Hauseigentümer unerlaubt ihre Vorgärten in Parkplätze umgebaut oder andere Verstöße gegen den Denkmalschutz begangen. Einen Aufschrei wie in der Neumühler Zechensiedlung werde es aber in Wehofen nicht geben: „Bei uns weiß jeder, was passiert, wenn man erwischt wird.“
>> Denkmalbehörde muss Umbauten genehmigen
● In Duisburg gibt es 21 denkmalgeschützte Siedlungen, die die Stadt nach eigenen Angaben regelmäßig kontrolliert. Dabei werden demnach immer wieder Verstöße gegen den Denkmalschutz festgestellt.
● Bei geplanten Umbauten an einem denkmalgeschütztem Haus oder in einer denkmalgeschützten Siedlung bietet eine Gestaltungsfibel eine Orientierung, was erlaubt sein könnte, in welchem Umfang und auf welche Weise. Hauseigentümer müssen sich dennoch immer mit der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Duisburg absprechen und sich Umbauten genehmigen lassen.
● Manche Umbauten sind jedoch auch unabhängig vom Denkmalschutz nicht erlaubt. So ist derzeit in ganz Duisburg verboten, Vorgärten zu versiegeln oder Stein- oder Schottergärten anzulegen. Bestandschutz besteht für Steingärten, die vor 2019 entstanden.