Duisburg. Großes Interesse zeigen Schausteller nun an der Beecker Kirmes. Dieser Erfolg ist mit einem Versprechen erkauft, das die Stadt zu brechen droht.

Die kriselnde Beecker Kirmes hat jetzt bei Schaustellern ein unerwartet großes Interesse ausgelöst. Das berichtet der städtische Veranstalter Duisburg Kontor auf Nachfrage der Redaktion. Demnach hat sich auf die Ausschreibung für den diesjährigen Traditionsrummel mit jahrhundertelanger Geschichte eine „gute dreistellige Anzahl“ zurückgemeldet und Interesse bekundet, ihre Karussells, Schieß- und Losbuden sowie Bier- und Imbisswagen rund um das erste Juli-Wochenende im Duisburger Norden aufzustellen.

Das gilt bei allen Beteiligten als gute Nachricht. Doch diese Bewerbungen sind mit einem Versprechen erkauft, das die Stadt Duisburg zu brechen droht.

So haben die beiden örtlichen Schaustellerverbände ihren Kolleginnen und Kollegen von außerhalb „viel Honig um den Bart geschmiert“, sagt Ralf Reminder. Der Vorsitzende des Alten Vereins Reisender Schausteller Duisburg weiß jedoch, dass sich diesmal viele Karussellbetreiber und Budenbesitzer nur auf die Beecker Kirmes 2023 beworben haben „unter der Prämisse, dass sich beim Kirmesplatz etwas tut“.

Umbau des Kirmesplatzes soll die Zukunft des Traditionsrummels in Duisburg-Beeck sichern

Der schlechte Zustand des Kirmesgeländes zwischen der A 42, der Karl-Albrecht-Straße und der Straße Am Beeckbach ist zuletzt den Inhabern der attraktiven Großfahrgeschäften sauer aufgestoßen, da ihre tonnenschweren Karussells den Schotter zu Staub zermalmen. Dadurch sei, erläutert Reminder, nach dem Jahrmarkt eine mehrtägige Reinigung der Fahrgeschäfte notwendig. Viele würden dies nicht mehr in Kauf nehmen.

Das zeigte sich auch im Vorfeld der für 2022 geplanten Kirmes. Damals gab es nach der Ausschreibung rund 180 Rückläufe, aber später hatten nur vier Großkarussells und 50 andere Schausteller unterschriebene Teilnahmeverträge zurückgeschickt. Duisburg Kontor zog die Reißleine und sagte den Jahrmarkt überraschend ab.

Vorausgegangen war ein Versuch der Stadtverwaltung, die Beecker Kirmes nach einer vielkritisierten 480. Auflage im Sommer 2019 und anschließender, zweijähriger Corona-Zwangspause zu beerdigen. Statt dessen sollte an der MSV-Arena in Neudorf eine neue, sogenannte Sportpark-Kirmes etabliert werden. Dafür gab es jedoch keine politische Mehrheit im Stadtrat.

Am erfolgreichen Umbau des Kirmesplatzes hängt laut den Schaustellern die Zukunft des Traditionsrummels in Duisburg-Beeck.
Am erfolgreichen Umbau des Kirmesplatzes hängt laut den Schaustellern die Zukunft des Traditionsrummels in Duisburg-Beeck. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Nun soll also der Kirmesplatz ertüchtigt werden. Da das Gelände teils auch der Autobahn GmbH gehört und 30 bis 40 Zentimeter unter der Grasnarbe Schlackeschichten liegen, ist dies nicht bis zur diesjährigen 481. Auflage des Jahrmarkts möglich, soll aber möglichst anschließend angegangen werden. Das wünschen sich die Stadttochter Duisburg Kontor, die Schausteller und die örtlichen Politiker.

Schausteller sehen das Überleben der Beecker Kirmes nicht als sicher an

Die Beecker Kirmes 2023 soll aber kein bloßer Lückenfüller werden. Solange die Anzahl der beteiligten Karussells und Stände dreistellig bleibe, könne man „eine ganz ordentliche Kirmes“ ausrichten, betont Albert Ritter, der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes. Für das beliebte Volksfest im Duisburger Norden brauche es aber „ein Feuerwerk an Ideen“ und nach der mehrjährigen Pause zudem „eine strahlende Eröffnung“.

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Stimmen müssen laut dem Fachmann aber auch die übrigen Rahmenbedingungen: Junge Familien müssen demnach der Kern des Zielpublikums sein; die Fahrgeschäfte, die Stände und das Rahmenprogramm müssen attraktiv sein und auch das Sicherheitskonzept muss greifen. „Das subjektive Sicherheitsgefühl ist ganz, ganz wichtig“, unterstreicht Ritter und drückt dem geplanten Neustart für die Beecker Kirmes fest die Daumen.

Eine starke Polizeipräsenz, wie hier beim Ruhrorter Hafenfest im August 2022, soll gerade für junge Familien das Sicherheitsgefühl erhöhen.
Eine starke Polizeipräsenz, wie hier beim Ruhrorter Hafenfest im August 2022, soll gerade für junge Familien das Sicherheitsgefühl erhöhen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Eine starke Polizeipräsenz hatte zuletzt auch Ralf Reminder für die Kirmes gefordert, nachdem beim Ruhrorter Hafenfest vor allem junge Familien sehr positiv auf die vielen Polizistinnen und Polizisten reagiert und sich sicher gefühlt hätten. Das Hafenfest hat dem Traditionsrummel im Duisburger Norden längst den Rang als beliebtester Jahrmarkt abgelaufen.

Duisburg Kontor wird das Sicherheitskonzept für Beeck auf die tatsächliche Größe der Kirmes abstimmen, und diese hängt von den tatsächlichen Verträgen ab, die bis Ende Februar zurückerwartet werden. Die vorliegenden Bewerbungen nach der Ausschreibung sei für die Stadttochter aktuell nur ein Richtwert, mit dem sie jetzt in die weitere Planung gehe. „Es wird definitiv eine Beecker Kirmes geben“, verspricht Sprecher Alexander Klomparend, zumindest „scheitert sie an uns auf jeden Fall nicht“. Denn nicht nur die Rückläufe auf die Ausschreibung seien erfreulich, anders als noch 2022 stimme diesmal auch der Mix der Buden zwischen den Fahrgeschäften.

Bei Schausteller Ralf Reminder löst die dreistellige Bewerberzahl, deren genaue Größe die Stadt Duisburg erst nächste Woche offiziell bekanntgibt, jedoch keine Euphorie aus. Zu groß sei in der Branche die Schwankungen zwischen Bewerbungen und unterschriebenen Verträgen. Ohnehin setzt er seine Hoffnung darauf, dass der Kirmesplatz modernisiert wird. „Das wäre für die Zukunft sehr, sehr wichtig“, ordnet er ein. Und: „Alles andere ist nur ein Dahinsiechen. Dann ist es mit der Beecker Kirmes nach zwei, drei Mal vorbei.“

Politiker vermissen ehrliche Informationen aus dem Duisburger Rathaus

Mit dieser Sorge sind die Schausteller allerdings nicht alleine. Längst teilt sie auch die Politik. „Ich befürchte, dass nicht mehr viel zu retten ist“, sagt die grüne Ratsfrau Pelin Osman. In den Parteien macht sich allmählich Resignation breit, weil das Baudezernat beim Kirmesgelände bislang schweigt. Selbst die Stadttochter Duisburg Kontor weiß nicht, wie und wann die Fachleute aus dem Rathaus den Platz für den Jahrmarkt 2024 ertüchtigt wollen. „Es ist ein Unding, dass noch keinerlei Informationen gekommen sind“, ärgert sich Pelin Osman. Sie kritisiert, dass der Austausch mit der Verwaltung fehlt und fordert bezüglich des Kirmesplatzes von der Stadt „ein ehrliches, offenes Wort“ und dass sie „Tacheles redet“ – gerade wenn die Verwaltung den Rummel auslaufen lassen will. Das sei die Stadt allen Beteiligten schuldig.

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Verärgert zeigte sich in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung auch CDU-Fraktionschef Christof Eickhoff. Denn das Gremium hatte auf Initiative von CDU und SPD den Oberbürgermeister im Oktober 2022 per einstimmigen Beschluss aufgefordert, darzulegen, welche Maßnahmen seit Sommer ergriffen wurden, um die Veranstaltungsfläche zu erneuern. Außerdem sollten die Fraktionen regelmäßig und unaufgefordert über den aktuellen Stand informiert werden. Doch es kamen keinerlei Informationen. Dadurch drängt sich bei den meisten Lokalpolitikern im Bezirk der Eindruck auf, die Stadtverwaltung wolle die Beecker Kirmes erneut sterben lassen.

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Dagegen stemmt sich allerdings Duisburg Kontor als Veranstalter und versucht derzeit, noch weitere Schausteller für das Volksfest im Juli anzuwerben. Aber allzu sehr schrumpfen dürfe die Kirmes nicht, betont Ralf Reminder: „Eine Großkirmes funktioniert nicht als kleines, schnuckeliges Familienfest.“

Jedoch teilte Baudezernent Martin Linne nun Duisburg Kontor mit, dass sich sein Dezernat jetzt um den Kirmesplatz kümmern wird. Ob das Gelände dann tatsächlich umgebaut wird, darüber muss letztlich der Stadtrat entscheiden – auch darüber, wie viel ihm dieser Umbau wert ist.

>> Neue Ideen sollen auch die migrantische Bevölkerung in Beeck ansprechen

● Nicht nur die Größe der Beecker Kirmes ist entscheidend, betont die bekennende Kirmesliebhaberin Pelin Osman von den Grünen, auch das Rahmenprogramm müsse stimmen. „Bisherige Ideen wirken alle veraltet und sprechen die meisten Menschen mit Migrationshintergrund gar nicht an“, sagt die Ratsfrau. Man müsse den Jahrmarkt nicht neu erfinden, fordert sie, aber modern aufstellen, insbesondere in Beeck. Stadt Bratwurst dürfe es bei den Imbissständen gerne auch mal türkische Pizza sein. Und nicht überall sollte Schlagermusik aus dem Lautsprechern dröhnen.

● Duisburg Kontor ist an einem modernen Rahmenprogramm interessiert, wie Sprecher Alexander Klomparend betont. Doch zunächst müsse die genaue Größe der Kirmes feststehen, bevor das Programm geplant und gebucht werde. Verbindliche Zahlen erwartet er bis zum Monatsende.