Duisburg. In einer besonders geschützten Allee sterben gerade Straßenbäume in Duisburg nach einer Giftattacke. Was Naturschützer und Politiker nun fordern.

Die Auskunft der Staatsanwaltschaft Duisburg fällt sehr freundlich, aber knapp aus. Das Strafverfahren sei jetzt eingestellt. Es gibt keine Hoffnung mehr darauf, dass die Täter noch ermittelt werden können. Die langsam sterbenden Opfer sind aber keine Menschen, sondern Bäume. Unbekannte haben an der Sommerstraße in Meiderich, innerhalb einer gesetzlich besonders geschützten Allee, tiefe Löcher in die Stämme mehrerer Platanen gebohrt und mit Unkrautvernichter gefüllt.

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Nach einem mehrmonatigen Überlebenskampf der Bäume gibt kaum noch Hoffnung. Das teilte Meiderichs Bezirksmanager Ottmar Schuwerak unlängst der örtlichen Bezirksvertretung mit. Die betroffenen Platanen vor der Sommerstraße 41a bis 43 sterben höchstwahrscheinlich ab und werden laut der Stadtverwaltung gefällt, „wenn die Schäden deutlicher werden“.

Diese Bohrstellen an der Rinde einer Platane sind am Sonntag, 13. November, an der Sommerstraße in Duisburg-Meiderich zu sehen.
Diese Bohrstellen an der Rinde einer Platane sind am Sonntag, 13. November, an der Sommerstraße in Duisburg-Meiderich zu sehen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der grüne Fraktionsvorsitzende und Anwohner Stefan Ossenberg findet „erschreckend, wozu Menschen fähig sind“ und sorgt sich um den Allee-Charakter der Sommerstraße, sofern weitere Bäume geschädigt werden und dann sterben. Zudem fordert er Ersatzpflanzungen für die sterbenden Bäume.

Wirtschaftsbetriebe Duisburg wollen als Ersatz gesunde Bäume nachpflanzen

Die städtischen Wirtschaftsbetriebe (WBD) können die Befürchtung allerdings entkräften, dass durch diese Straftaten der besonders hohe Schutz wegfällt, den Bäume einer Allee genießen. „Nur weil zwei, drei Bäume rausgenommen werden müssen, zerstört das nicht die Allee“, sagt WBD-Sprecher Volker Lange im Gespräch mit der Redaktion. Derzeit werde geprüft, ob an gleicher Stelle Jungbäume nachgepflanzt werden können.

Das sieht Dr. Johannes Meßer von der Duisburger BUND-Kreisgruppe dringend geboten: „Die geschützte Allee muss erhalten bleiben, es muss nachgepflanzt werden.“ Und das am selben Standort, sofern eine Kontrolle ergibt, dass keine Wurzeln mit Leitungen verwachsen sind. Zwar sei das Rausfräsen der Platanenwurzeln aufwendig, aber die Wiederherstellung sei gesetzlich gefordert. Das müssen allerdings keine Platanen sein.

Baumschutz- So steht es um das Alleenkonzept für Duisburg„Jungbäume werden die Funktion der alten Bäume erst in 50 Jahren erfüllen“, betont Meßer und unterstreicht, dass die Attacke auf die Platanen – eine Straftat – für die Menschen von der Sommerstraße durchaus einen Verlust verursacht. Das findet auch der SPD-Fraktionschef Udo Winkler, den es im Sommer vor heißen Asphaltwüsten in Duisburg graut. „Wir brauchen Bäume, die Stadt wird immer heißer.“ Genau das sei aber bei vielen Menschen noch nicht angekommen, weiß Günter Back (CDU). Er sieht daher „Nachholbedarf“ beim Vermitteln, „wie wertvoll diese Bäume sind“. Insbesondere da seines Wissens einige Anwohner der Sommerstraße die Platanen loswerden wollen.

So sehr auch Stefan Ossenberg betont, dass er die Bäume „wunderschön“ findet und damit in seiner Nachbarschaft längst nicht alleine sei, Umweltschützer Johannes Meßer erläutert, dass „die Wertschätzung für Bäume in Duisburg“ tatsächlich „sehr unterschiedlich“ ist. Denn in den Extremen gibt es Menschen, die für den Erhalt kämpfen und sich teils sogar anketten, um Bäume zu schützen. Andere bohren die Stämme auf und setzen Chemikalien ein, um Bäume zu töten.

Naturschützer: „Die geringe Wertschätzung für Bäume wird sich noch rächen“

Natürlich gebe es immer wieder Duisburger, die sich darüber beschweren, dass Straßenbäume vor der Haustür mit ihren Blättern Dreck verursachen oder Wohnungen in Schatten hüllen. Trotzdem ist Meßer „fassungslos“ wegen der strafbaren Baumattacken an der Sommerstraße, die er „sehr furchtbar“ findet. „Die geringe Wertschätzung für Bäume wird sich noch rächen“, sagt der Umweltschützer voraus – und auch die politische Mehrheit in der Stadt solle sich dabei angesprochen fühlen. Schon jetzt mache es etwa einen riesigen Unterschied, ob man im Sommer in einer schattigen Allee laufe oder auf dem Bürgersteig, wenn die Sonne knallt.

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Wenngleich die attackierten Bäume nicht ebenso vom Erkennungsdienst der Polizei untersucht werden wie die Tatorte nach einem Mord, ist der Vorfall keineswegs eine Lappalie oder ein Kavaliersdelikt. Die Wirtschaftsbetriebe haben bei der Polizei Duisburg eine Strafanzeige wegen eines Verstoßes gegen Paragraf 304 (Gemeinschaftliche Sachbeschädigung) des Strafgesetzbuches aufgegeben. Dafür drohen den Tätern bis zu drei Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe.

Die Stadttochter zeigt jeden dieser Fälle an, wie ein Sprecher bestätigt. Nicht zuletzt, weil diese Straftaten „leider immer mal wieder vorkommen“ – und das nicht nur im Duisburger Norden, sondern im gesamten Stadtgebiet. So wissen einige Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe, die sich um den Erhalt von Straßenbäumen kümmern, dass Baumgegner bereits Anleitungen für solche Angriffe in Internetforen verbreiten.

Da die Täterinnen und Täter meist nicht zu ermitteln sind, ist die Polizei umso mehr darauf angewiesen, dass sich Zeugen an die Behörde wenden. „Zeugen sollten sich möglichst immer an uns wenden, wenn sie etwas Verdächtiges beobachten“, sagt ein Polizeisprecher. Manchmal ist es nur eine Fachfirma, die gegen Eichenprozessionsspinner vorgeht. Aber es kann auch jemand sein, der ganz bewusst Straßenbäume beschädigt und vergiftet.

>> POLIZEI NIMMT JEDERZEIT HINWEISE ENTGEGEN

Bei möglichen Straftaten, die aktuell begangen werden, rät die Polizei, den Notruf 110 zu wählen, damit ein Streifenwagen kommen und die Täter in flagranti erwischen kann.

Sonstige Beobachtungen und Hinweise von Zeugen nimmt die Polizei unter 0203 2800 entgegen.