Duisburg-Marxloh. Ein Duisburger Capoeira-Verein holt den „Ronaldo und Messi“ der brasilianischen Kampfkunst nach Marxloh. Kindern bringen sie mehr bei als Sport.

Brasilianische Rhythmen erklingen im sogenannten Entenpark in Marxloh. Die Stimmung auf dem Spielplatz zwischen Wiesenstraße und Gertrudenstraße, im Entenviertel, ist ausgelassen. Etwa 20 Kinder und Jugendliche haben sich dort zusammengefunden. Sie bilden einen Kreis, singen und tanzen gemeinsam – Roda nennt man das auf Portugiesisch. Die Roda ist ein wichtiger Bestandteil des Sports, dem an diesem Abend die jungen Menschen mit Begeisterung nachgehen: der brasilianische Kampftanz Capoeira.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Unter die Tänzerinnen und Tänzer hat sich an diesem Abend auch Tobias Kroker gemischt. Er ist Trainer für Capoeira in Marxloh, hat dort den Verein „Irmãos da Liberdade“ gegründet. Zweimal in der Woche unterrichtet er Kinder und Jugendliche in der brasilianischen Kampfsportart. Capoeira übt schon seit vielen Jahren eine große Faszination auf ihn aus. „Es ist eine Mischung aus Kung Fu und Breakdance“, erklärt Kroker. „Du hast Elemente aus dem Kampfsport und du hast Elemente von Akrobatik und Musik.“

„Ronald und Messi des Capoeiras“: Zwei Szene-Stars besuchen die Jugend in Marxloh

Eine weitere Besonderheit: Beim Capoeira kommt die Musik nicht vom Band, sondern wird mit Trommeln, Rasseln und Gesang selbst erzeugt. Bei der Roda auf dem Spielplatz nahe des Schwelgernstadions klingt das zunächst noch etwas chaotisch. Damit sich das ändert, haben die Teilnehmer an diesem Tag Unterstützung von Mestre Branco und Mestre Cacique – zwei der weltbesten Capoeristas, die Tobias Kroker für einen Besuch gewinnen konnte.

Capoeira-Meister Cacique (Mitte) führt Kinder und Jugendliche in Duisburg-Marxloh in die brasilianische Kampfkunst ein.
Capoeira-Meister Cacique (Mitte) führt Kinder und Jugendliche in Duisburg-Marxloh in die brasilianische Kampfkunst ein. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Normalerweise wäre es unmöglich, die beiden nach Duisburg zu holen“, sagt Kroker über die Mestres, die er als „Ronaldo und Messi des Capoeiras“ bezeichnet. Da er aber mit Mestre Branco befreundet ist, hat es nun trotzdem geklappt. Den jungen Menschen aus dem Stadtteil macht das Training mit den Kampfsport-Meistern sichtlich Spaß: Viele beteiligen sich an der Roda, einige der Jugendlichen zeigen sogar schnelle Kampfbewegungen und spektakuläre Salti.

Die Sporttrainer helfen auch bei Problemen zu Hause oder in der Schule

Seit sechs Jahren erreicht Tobias Kroker mit seinem Projekt die Menschen im Stadtteil. Neben dem Spaß am Sport und der Musik verfolgt er damit noch weitere Ziele. „Wir versuchen, die jungen Leute von dem Quatsch auf der Straße fernzuhalten“, erzählt der Trainer. „Wir sind da für sie, und sonst sind nicht viele für sie da.“ Ob bei Problemen in der Schule, mit Behörden oder in der Familie: Kroker und seine Co-Trainer wollen ihre jungen Capoeristas unterstützen, wo immer es möglich ist.

Der Duisburger Capoeira-Verein besucht auch Schulen, um auf die Sportart aufmerksam zu machen. Wie hier im September 2019 an der Gesamtschule Emschertal.
Der Duisburger Capoeira-Verein besucht auch Schulen, um auf die Sportart aufmerksam zu machen. Wie hier im September 2019 an der Gesamtschule Emschertal. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Viele der mittlerweile erwachsenen Vereinsmitglieder haben sich so über die Jahre zu echten Vorbildern für die jüngeren entwickelt. „Jugendliche, die jetzt 18 oder 19 sind, gehen zur Berufsschule, wollen zum Beispiel Erzieher werden“, berichtet Tobias Kroker über die Erfolge seines sozialen Engagements. Einige seiner älteren Schützlinge seien zudem heute regelmäßig auf den Straßen ihres Viertels unterwegs, um neue Teilnehmer für das Capoeira-Projekt zu begeistern – und sie so auf den rechten Weg zu führen.

Der brasilianische Kampftanz vereint Menschen vieler verschiedener Nationalitäten

Durch den Sport finden oft sogar Menschen zusammen, die sonst traditionell nicht gerade die besten Freunde sind. „Rumänen und Bulgaren, das geht normalerweise nicht so gut. Aber bei uns ist das egal. Hier sind alle dabei“, erzählt Trainer Kroker. So wie Capoeira Elemente aus aller Welt vereine, so bringe der Kampfsport auch Menschen aller Nationalitäten zusammen. „Die Leute hier reagieren sehr positiv darauf“, meint Kroker. „Sie lieben die Musik, die Akrobatik und auch diesen leichten Kampfsport-Aspekt.“

>> OFFENES TRAINING AM SOPHIE-SCHOLL-BERUFSKOLLEG

Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst, ein Kampftanz. Er wurde während der Kolonialzeit in Brasilien von verschleppten Sklaven aus Afrika praktiziert und hat sich seither weiterentwickelt.

Der Duisburger Capoeira-Verein „Irmãos da Liberdade“ bietet zweimal in der Woche ein offenes Training in Marxloh an: Dienstags und donnerstags ist das Team um Cheftrainer Tobias Kroker in der Turnhalle des Sophie-Scholl-Berufskollegs (Dahlmannstraße 26) zu Gast. Zwischen 18 und 19 Uhr findet an diesen Tagen zunächst ein Training für Kinder statt. Um 19 Uhr folgt dann eine offene „Roda“ für alle, bevor ab 19.30 Uhr die fortgeschrittenen Capoeristas zum Zug kommen.

Weitere Informationen zum Verein und den Trainingszeiten gibt es auf www.duisburg-capoeira.de