Duisburg/Przemyśl. Zwei Duisburger sind mit Spenden an die ukrainische Grenze gefahren, haben Flüchtlinge mit zurückgenommen. Was sie auf der Reise erlebt haben.

Sebastian Haak und Michael Czaja sind Nachbarn und Freunde. Ihre Familien harmonieren gut miteinander, man redet auch über ernste Themen – zuletzt oft über die Ukraine. Bis Haak und Czaja nicht mehr nur reden wollen: Bepackt mit Hilfsgütern fahren sie vor einigen Tagen nach Polen, bis an die Grenze zum Kriegsgebiet.

Die Bilder von Bombardierungen, zivilen Opfern und flüchtenden Frauen mit Kindern haben die beiden Röttgersbacher tief bewegt. Der Entschluss, vor Ort zu helfen, habe auch nichts mit seinem Ratsmandat zu tun, sagt der Lokalpolitiker Sebastian Haak (SPD): „Als Privatleute und Väter wollten wir ganz persönlich helfen.“

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Röttgersbach: Die ganze Nachbarschaft beteiligt sich an der Hilfsaktion

Initialzündung ist ein Anruf von Michael Czajas Großmutter, die mit weiteren Familienangehörigen an einem kleinen Flecken Erde in der Nähe von Katowice (Kattowitz) lebt. Sie berichtet von geflüchteten Frauen mit Kindern, die im Dorf untergebracht und mit dem Nötigsten versorgt wurden. Aber es fehle den Helferinnen und Helfern an allem.

Haak und Czaja sind berührt und betreten. „Da war uns klar, wir wollen und müssen helfen.“ In nur wenigen Tagen ist Haaks Garage mit Sachspenden gefüllt. Wäsche, haltbare Lebensmittel, Spielzeug für die Kinder, Verbandsmaterial, gängige Medikamente stapeln sich.

In der Garage von Sebastian Haak stapelten sich die Hilfsgüter für ukrainische Flüchtlinge.
In der Garage von Sebastian Haak stapelten sich die Hilfsgüter für ukrainische Flüchtlinge. © Sebastian Haak

Die gesamte Nachbarschaft und Freunde bringen die Sachen vorbei, die medizinischen Artikel spenden Hausarzt Uwe Heinen und Apothekerin Christina Roth, die in unmittelbarer Nähe der Haaks und Czajas das Gesundheitszentrum Vitalum errichten. „Auch eine Art Nachbarschaftshilfe“, meint Sebastian Haak. Auch Vereine und Organisationen bringen Hilfsgüter.

Flüchtlinge aus der Ukraine kamen mit nach Duisburg

Den Transporter stellen die Wirtschaftsbetriebe Duisburg zur Verfügung, den Sprit bezahlt der Bund Katholischer Jugend Duisburg. Freitagmorgens um 5 Uhr geht es los in Richtung Polen, am Sonntagmorgen, ebenfalls um 5 Uhr, sind die Helfer wieder zurück. Dazwischen liegen 2800 Kilometer sowie 48 bewegte, bewegende und anstrengende Stunden.

„Wir sind nach Mikołów bei Katowice gefahren und haben dort die Spenden übergeben. Die Dankbarkeit bei der polnischen Hilfsorganisation bei Katowice war riesig“, berichtet Michael Czaja. Einige Hilfsgüter wurden direkt in Polen verwendet, andere weiter in die Ukraine gebracht. „Bei Justyna, einem Mitglied der Flüchtlingshilfe, konnten wir im Hotel übernachten“, ergänzt Haak.

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Am Samstagmorgen fahren sie nach Przemyśl, bis fast an die polnisch-ukrainische Grenze. Dort am Bahnhof sind sie mit Geflüchteten verabredet, mit denen sie zurück nach Duisburg fahren – mit Zwischenstopp bei Czajas Oma.

Hilfsgüter für die Ukraine: Weitere Fahrt nach Polen möglich

Die beiden Nachbarn aus Neumühl sind von ihren Erlebnissen tief beeindruckt. „Uns sind Lkw aus ganz Europa in Polen begegnet, die mit Hilfsgütern unterwegs waren“, sagt Sebastian Haak, „einige kamen sogar aus Portugal“.

Den Kontakt zur Hilfsorganisation in Katowice wollen Czaja und Haak aufrecht erhalten. Denn ihre Garagen haben sich zwischenzeitlich wieder gefüllt. Die Spenden könnten aber womöglich auch in Notunterkünften abgegeben werden, etwa im Landschaftspark. Aber so ganz wollen beide eine erneute Fahrt nach Polen nicht ausschließen.

>> DUISBURGER BEEINDRUCKT VON HILFSBEREITSCHAFT IN POLEN

• „Bei uns gibt es für die Geflüchteten aus der Ukraine Notunterkünfte und Hilfen von der Stadt. In Polen nicht.“ Deshalb sind Haak und Czaja von der Hilfsbereitschaft vieler polnischer Männer und Frauen schwer beeindruckt, die spontan Flüchtlinge in ihren Wohnungen aufgenommen haben.

• Die Not der Geflüchteten gerade im Grenzbereich ist groß und nimmt noch weiter zu. Ohne zusätzliche Hilfen aus dem Westen sei das nicht lange zu stemmen, meinen sie.