Duisburg. Die Baukosten für den Campus Marxloh sind erneut erheblich gestiegen. Warum die Stadt Duisburg sogar einen Rückbau in Betracht zog.
Der Campus Marxloh wird mehr als doppelt so teuer wie einstmals geplant. Die Stadt Duisburg hat kürzlich ihre Kalkulation für das Community Center aktualisiert und geht nun von fast 25 Millionen Euro Baukosten aus. Der kommunale Eigenanteil erhöht sich auf fast 13 Millionen Euro. Sogar einen Abbruch des Projekts hat die Stadt deshalb in Betracht gezogen.
Im Campus Marxloh sollen verschiedene Institutionen aus dem strukturschwachen Stadtteil ein neues Zuhause finden. Angebote aus den Bereichen Bildung, Beratung und Freizeit sind geplant. Mittlerweile steht an der Paulskirche der Rohbau. Das Projekt sollte ursprünglich 11,2 Millionen Euro kosten – laut Machbarkeitsstudie einer externen Agentur im Jahr 2017.
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Campus Marxloh über dem Preisniveau von Mercator One
2019, nachdem sich eine Jury für den Entwurf mit der markanten, roten Fassade entschieden hatte, wurde die Summe auf 17,9 Millionen Euro neu festgelegt, zu 90 Prozent finanziert durch europäische Fördermittel. Nach dem Baustart im Oktober 2020, folgte ein knappes Jahr später die Korrektur auf 20 Millionen Euro, bei einem Eigenanteil von mehr als sieben Millionen Euro.
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Mit den nun errechneten 25 Millionen Euro liegt der Campus Marxloh, mit einer Nutzfläche von rund 4000 Quadratmetern, im Verhältnis über dem Preisniveau von Mercator One: Die Designerimmobilie vor dem Hauptbahnhof umfasst 10.000 Quadratmeter Nutzfläche und soll 40 Millionen Euro gekostet haben.
Die aktuelle Kalkulation, und die Freigabe des erneut erhöhten Eigenanteils, hat der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 14. Februar abgesegnet. Laut der Beschlussvorlage sind die Mehrkosten auf das Ergebnis der Ausschreibung einzelner Bauleistungen zurückzuführen.
Teure Vorgabe: Kommunen sollen Bauleistungen einzeln vergeben
So sei auf die erste Ausschreibung der Fensterfassade, im Sommer 2021, kein einziges Angebot eingegangen. Auf eine zweite Ausschreibung im November habe sich dann nur ein Unternehmen beworben – mit einem Angebot, das deutlich höher liege als der kalkulierte Preis. Allein aus dieser Leistung entstünden jetzt Mehrkosten von fast 2,6 Millionen Euro.
Die Stadt begründet das geringe Interesse mit der pandemischen Lage: „Es ist anzunehmen, dass die damit einhergehenden Lieferengpässe und kaum kalkulierbare Baupreissteigerungen sowie die allgemeine konjunkturelle Marktlage ursächlich sind“, steht in der Beschlussvorlage des Rates.
Kommunen, als öffentliche Auftraggeber, sind dazu angehalten, die Leistungen eines Bauprojekts einzeln zu vergeben. Das soll mittelständische Unternehmen stärken, die sonst im Wettbewerb mit Generalunternehmern nur schwer mithalten könnten. Für die Kommunen jedoch bedeutet das einen erheblichen Mehraufwand, sowohl beim Koordinieren, als auch beim Finanzieren eines Projekts.
Hätte Duisburg mit einem Generalunternehmer sparen können?
Ausnahmen sind aber möglich. So arbeitet etwa die Schulbaugesellschaft der Stadt Duisburg bevorzugt mit Generalunternehmern zusammen. Diese sind in der Lage, alle Leistungen eines Bauprojekts selbst zu erbringen. Das spart Kosten und minimiert den Abstimmungsbedarf.
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Hätte mit einem Generalunternehmer die Kostenexplosion beim Projekt Campus Marxloh vermieden werden können? „Zu Beginn der Baumaßnahme war die aktuelle, pandemiebedingte Preisentwicklung im Bausektor nicht absehbar“, sagt dazu Stadtsprecher Peter Hilbrands. Die Stadt habe so keine Veranlassung gehabt, dem Grundsatz der Einzelvergaben nicht zu entsprechen.
Laut dem Beratungsunternehmen KPMG weichen Kommunen oft vor dieser Möglichkeit zurück, aus Sorge vor Nachprüfungen und dem nachträglichen Entzug von Fördermitteln. In einem aktuellen Leitfaden zur Vergabe an Generalunternehmer (GU) macht KPMG den Städten aber Mut: Bei rund 40.000 Nachprüfungsverfahren seit 1999 seien nur 39 mit einer fehlerhaften Auftragsaufteilung begründet gewesen.
Rückbau des Campus Marxloh: Mehr als ein finanzieller Schaden
Eine GU-Vergabe ist demnach aus technischen oder finanziellen Gründen zulässig – die Entscheidung müssen die Städte ausführlich begründen und ihre Abwägung dokumentieren. Beim Campus Marxloh wäre es dafür inzwischen zu spät, erklärt Hilbrands: „Aufgrund des erzielten Baufortschritts ist die Vergabe der Restbauleistungen an einen Generalunternehmer nicht mehr sinnvoll.“
Dem Baufortschritt zum Trotz weckt das Projekt im Rathaus offenbar Sorge. Die aktuelle Beschlussvorlage enthält auch das „Szenario Baustopp und Rückbau“. Mindestens 7,8 Millionen Euro Gesamtschaden wurden für diesen Fall errechnet. Hinzu käme der immaterielle Schaden: Ein Rückschlag für die Integrationsarbeit im Stadtteil, sowie ein Vertrauensverlust der Fördermittelgeber in die Stadt Duisburg.
Der Bau wird deshalb fortgesetzt – dazu ist zwischenzeitlich der Durchführungszeitraum bis zum 31. Dezember 2024 verlängert worden.