Düsseldorf. Wrestling-Fans freuen sich aktuell über die spannendsten Phase der letzten 20 Jahre. Marktführer WWE schaute nun in Düsseldorf vorbei.

Fans und Fachleute sind sich einig: Aktuell erlebt man das wohl spannendste Wrestling-Zeitalter seit Ewigkeiten. Der Marktführer WWE („World Wrestling Entertainment“) hat in den USA einen auf deutsche Betrachter irrwitzig wirkenden TV-Deal eingetütet und setzte damit ein Zeichen in Richtung der Konkurrenz. Moment mal, Konkurrenz? Ja, denn tatsächlich buhlt seit einigen Monaten eine weitere hochprofessionelle Liga um die Gunst des an Showkämpfen interessierten Publikums.

All Elite Wrestling, nach vorne gebracht von einigen Ex-WWE-Stars wie Cody Rhodes, Dean Ambrose (nun: Jon Moxley) oder Chris Jericho und der Start der wöchentlichen TV-Show „Dynamite“ (in Deutschland bisher nur über den Pay-TV-Kanal TNT Serie empfangbar) sorgten dafür, dass man sich im WWE-Headquarter in Stamford, Conneticut, USA, fast 20 Jahre nach dem Ende der früheren Konkurrenz-Liga WCW mal wieder Gedanken um einen ernstzunehmenden Mitbewerber machen musste – und wohl auch in den kommenden Jahren machen muss.

WWE: Quoten und Ticketverkäufe sinken

Denn so ganz heile ist die Welt beim Marktführer nicht mehr. Die so wichtigen USA-TV-Quoten sowie Ticketverkäufe für die „Houseshows“ (sprich: Veranstaltungen, die nicht für das Fernsehen aufgezeichnet wurden) gingen in den letzten Jahren stetig zurück. Auch in Deutschland, weswegen man für den Gastauftritt in Düsseldorf erstmals seit langem wieder in einer kleineren Halle aufschlug.

Rückblickend betrachtet wohl eine gute Entscheidung, denn die Mitsubishi Electric Halle war am Samstagabend so gut wie ausverkauft, als Becky Lynch, Seth Rollins, AJ Styles und viele weitere Top-Stars ihr Können zwischen den Seilen unter Beweis stellten.

Bobby Lashley: „Manchmal legen Sie uns Handschellen an.“

Vorher nahmen sich mit Bobby Lashley und seiner aktuellen Drehbuch-Romanze Lana zwei Mitglieder des aktuellen Kaders der immer montags stattfindenden Show „Raw“ eine halbe Stunde Zeit für die anwesenden Pressevertreter. Insbesondere Modellathlet Lashley (Zitat: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie viele Kilo Gewicht ich stemmen kann, ich weiß nur, dass es sehr viele Kilos sind.“) ließ dabei durchblicken, dass er mit den Entscheidungen der Offiziellen nicht immer ganz glücklich ist: „Manchmal legt man uns Kämpfern Handschellen an. Wir können viel mehr, als wir zeigen dürfen. Und wir hoffen natürlich, dass sich uns – auch durch die neuen TV-Verträge – in Zukunft mehr Möglichkeiten bieten. Die Fans verdienen es schließlich, ein gutes Produkt zu sehen, das Woche für Woche besser wird.“

Mehr Druck durch die neuen TV-Verträge verspüren die Aktiven aber nicht, sagt Lashley: „Für uns ist das eigentlich nur Motivation, noch bessere Shows abzuliefern, die Atmosphäre in der Umkleide hat sich nicht wirklich geändert. Ich glaube, der Druck liegt allein bei den Leuten im Office.“ Denn die müssen Programm liefern, das gute Quoten einheimst. Insbesondere am Freitag, wenn die zweitgrößte WWE-Show „Smackdown“ auf FOX läuft. Mehr als zwei Milliarden Dollar erhält der Marktführer für den vor einigen Monaten abgeschlossenen Fünf-Jahres-Deal mit dem Unternehmen von Medienmogul Rupert Murdoch.

Quantensprünge bei den Frauen

Ausschließlich positiv zu sehen ist derweil die Entwicklung des Frauen-Wrestling innerhalb der WWE. Waren die Damen über Jahrzehnte meist nicht mehr als schmuckvolles Beiwerk und mussten sich nicht selten in moralisch fragwürdigen Segmenten als Sexobjekte deklarieren lassen, durften Becky Lynch, Charlotte Flair und Ex-UFC-Superstar Ronda Rousey sogar den Hauptkampf beim vergangenen „Wrestlemania“-Großevent bestreiten.

Die vorläufige Spitze des Eisbergs: Vor wenigen Wochen absolvierten Veteranin Natalya Neidhart und Newcomerin Lacey Evans beim Event „Crown Jewel“ ein Match in Saudi-Arabien, das erste Match mit weiblicher Beteiligung in der Geschichte des Königreichs. Zwar natürlich in Ganzkörperanzügen, doch allein die Tatsache, dass Frauen im erzkonservativ-religiösen Staat überhaupt mal in den Ring steigen durften, kommt einer Sensation gleich.

Früher 30 Sekunden, heute Hauptkämpfe

Diesen Verdienst können sich die WWE-Verantwortlichen auf ewig ans Revers heften. Lana (bürgerlich: Catherine Joy Perry) erinnert sich: „Als ich 2013 hier anfang, waren viele Frauen-Matches 30 bis 60 Sekunden lang. Jetzt haben wir den Hauptkampf bei Wrestlemania und ich durfte mit meinen Kolleginnen bei MTV-Awards auf dem Roten Teppich stehen. Wir werden endlich ernst genommen, als Kämpfer wie als Geschichtenerzähler.“

Bobby Lashley stimmt da mit ein: „Als ich das erste Mal bei WWE war (2004-2008, Anm. d. Red.), hat man nichts von den Mädels im Ring sehen können. Jetzt sieht man endlich, was sie alles drauf haben. Ich weiß nicht, ob man den „Wrestlemania“-Hauptkampf noch toppen kann oder überhaupt toppen muss. Wichtig ist nur, dass die Entwicklung des Frauen-Wrestling so weiter geht und wir jetzt nach dem Höhepunkt nicht wieder Schritte zurück gehen.“

Im Mai kommt WWE nach Dortmund

So oder so: Die nächsten Monate dürften spannend werden. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickelt haben, wenn WWE das nächste Mal in der Region gastiert, etwas mehr als einen Monat nach der nächsten „Wrestlemania“. Karten für die Show am 13. Mai 2020 in der Dortmunder Westfalenhalle gibt es ab ca. 33 Euro ab sofort an allen bekannten Vorverkaufsstellen.