Duisburg/Düsseldorf. Nach der Loveparade hat Duisburgs damaliger OB Jahre geschwiegen. Heute muss Adolf Sauerland im Loveparade-Verfahren als Zeuge Antworten geben.

Er wurde mit Ketchup bespritzt, erhielt Morddrohungen, wurde von den Menschen seiner Stadt buchstäblich aus dem Rathaus verjagt. Und es gibt nicht wenige, die forderten, dass der ehemalige Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland selbst auf die Anklagebank im Loveparade-Prozess gehört hätte. Adolf Sauerland reagierte auf nahezu alles mit Schweigen. Fast acht Jahre nach der Loveparade, bei der 21 Menschen starben und mehrere Hundert verletzt wurden, hat dieses Schweigen nun vielleicht ein Ende und Adolf Sauerland wird sich vor Gericht erklären müssen.

Nach den Schilderungen der Nebenkläger und Erklärungen der Gerichtsmediziner ist Sauerland der erste "prominente" Zeuge, der in dem Strafverfahren aussagt. Er soll an zwei Tagen Aufschluss darüber geben, ob es öffentlichen Druck der Stadtspitze gegeben hat, die Loveparade unbedingt stattfinden zu lassen. Und ob die Sicherheitsbedenken bei Politik und Behörden bekannt waren. Später sollen auch Rainer Schaller, und der damalige NRW-Innenminister Ralf Jäger in den Zeugenstand treten.

Gegen Adolf Sauerland und Rainer Schaller wurde nie ermittelt

Als Chef der Duisburger Stadtverwaltung war Adolf Sauerland zwar oberster städtischer Verantwortlicher, dabei jedoch nicht persönlich in die Planungen für die Loveparade eingebunden – eine Voraussetzung für eine Anklage nach deutschem Strafrecht. Das bewahrte ihn und auch den Lopavent-Chef Rainer Schaller vor den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Offiziell wurde gegen beide kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Da im Juli 2015 nach fünf Jahren auch die strafrechtliche Verjährung eingetreten war, können weder Sauerland noch Schaller für die Ereignisse im Zusammenhang mit der Loveparade angeklagt werden.

Aus Angst davor, juristische Fehler zu begehen, hatte Sauerland lange nach der Loveparade geschwiegen. Die Statements in der fast schon legendären Pressekonferenz, vor allem das Fehlen von moralischer Verantwortung und Mitgefühl hatten die Duisburger ihrem damaligen OB offensichtlich übel genommen und ihn am 12. Februar 2012 mit einem Bürgerentscheid abgewählt. Aus der Politik hatte Sauerland sich danach komplett zurückgezogen, er arbeitet seitdem im Reisebüro seiner Familie im Duisburger Norden.

Erst sechseinhalb Jahre nach der Loveparade äußerte Adolf Sauerland sich erstmals gegenüber Medien und gestand auch Fehler ein: „Ich habe moralische Verantwortung und Mitgefühl vergessen. Wahrscheinlich hätte ich viel früher auf die Opfer zugehen müssen.“ Trotzdem: Juristisch vorzuwerfen habe er sich dennoch nichts.