Duisburg. Die Heizung ein Jahr lang kaputt: Wie ein Mieter-Eigentümer-Streit in Duisburg zur juristischen und strafrechtlichen Auseinandersetzung wurde.

Seit einem Jahr ärgern sich Karl Kleinertz (75), seine Frau Annegret (62) und ihr Sohn (31) über eine defekte Ölheizung. Die Familie wohnt seit 17 Jahren in einem Anbau auf einem ehemaligen Gewerbegrundstück an der Wintgensstraße in Duisburg-Duissern zur Miete. Nach einem Eigentümerwechsel 2021 ist der Streit vollkommen eskaliert, mittlerweile zu einer juristischen und auch strafrechtlichen Auseinandersetzung geworden. Es geht längst nicht mehr nur um die Reparatur der Heizung.

Fakt ist zunächst, dass die von Karl Kleinertz eingeschaltete Wohnungsaufsicht eine entsprechende Instandsetzungsanordnung an den Eigentümer der Immobilie erlassen hat. Dies bestätigt Stadtsprecher Sebastian Hiedels auf Nachfrage der Redaktion. Weitere Angaben könne er derzeit mit Verweis auf ein laufendes Verfahren nicht machen.

Defekte Heizung: Klage gegen Instandsetzungsanordnung der Stadt Duisburg

Der Grund: Sven Fischer von der Fischer Grundbesitz GmbH als aktueller Eigentümer hat Klage gegen die Ordnungsverfügung eingereicht. Einen Erörterungstermin gibt es am 14. Juni beim Verwaltungsgericht in Düsseldorf.

Fischer wirft Kleinertz, wie er auf Nachfrage erklärt, nicht nur vor, Öl aus einem Tank abgepumpt zu haben, „so dass die Heizung gar nicht mehr funktionieren kann“. Vor allem hält er die Instandsetzung für nicht mehr wirtschaftlich und das gesamte Gebäude für „nicht mehr erhaltungsfähig“, so der Eigentümer. Er werde dem Gericht ein Gutachten vorlegen, um zu belegen, „dass eine wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich ist“.

Eigentümer spricht von „Schrottimmobilie“

Es handele sich hier um eine „mit Asbest belastete Schrottimmobilie“. Das gesamte Areal, auf dem sich laut Fischer noch ein altes Autohaus, mehrere Garagen und Stellplätze befinden, sei „ein einziger Schandfleck“. Er will deshalb alles abreißen und „40 bis 42 neue barrierefreie, altersgerechte Wohnungen“ auf dem Grundstück bauen lassen. Platz für einen Nahversorger soll es auch geben.

Auch interessant

Die entsprechenden Planungen laufen demnach bereits. Eine Bauvoranfrage oder ein Bauantrag für das Grundstück liegt der Stadt nach Angaben ihres Sprechers Sebastian Hiedels aber noch nicht vor.

Angebot einer alternativen Wohnung abgelehnt

Fischer teilt darüber hinaus mit, dass er Kleinertz als Alternative bereits im vergangenen Spätsommer angeboten habe, „eine gleich große und komplett renovierte Wohnung direkt im Nachbarhaus zum gleichen Mietpreis“, so der Eigentümer, zu beziehen. Kleinertz habe aber abgelehnt, obwohl die Familie nach Fischers Auffassung in dem Anbau gar nicht erst hätte zur Miete wohnen dürfen.

[Straßenbahn- und Buslinien der DVG in fünf Minuten mit Schulnoten bewerten: zum DVG-Linien-Check]

„Es handelt sich um eine ehemalige Gewerbeimmobilie und nicht um Wohnraum“, so Fischer. „Dieser Fehler des Voreigentümers ist mir leider erst nach dem Kauf des Grundstücks aufgefallen.“ Er habe sich jetzt deswegen selbst bei der Stadt angezeigt, wie Stadtsprecher Sebastian Hiedels bestätigt. Es sei ein ordnungsbehördliches Verfahren eingeleitet worden.

Karl Kleinertz macht sich nach eigenen Angaben diesbezüglich keine Sorgen und erklärt zudem, warum er Fischers Angebot, in eine Wohnung im Nachbarhaus zu ziehen, abgelehnt habe. „Wir haben aktuell 150 Quadratmeter und hätten mit dem Vorschlag nur noch halb so viel“, so der 75-Jährige, der damit den Aussagen des Eigentümers widerspricht – ebenso in anderen Punkten.

„Die Innentemperatur lag im vergangenen Winter teilweise nur bei 15 Grad“

So habe er all die Jahre mit seiner Familie ohne Probleme in dem Anbau gewohnt. Von einer Schrottimmobilie, sagt Kleinertz, könne keine Rede sein. Schwierig sei es erst durch den Ausfall der Heizung geworden. Er habe drei Heizöfen, einen Gasstrahler und eine Elektroheizung aus eigener Tasche zahlen müssen. „Die Innentemperatur lag im vergangenen Winter trotzdem teilweise nur bei 15 Grad“, so der Duisburger, der den Eigentümer klar in der Pflicht sieht, die Heizung wieder ans Laufen zu bringen.

Karl Kleinertz klagt über Schimmel in mehreren Räumen seiner Duisburger Wohnung und macht den Eigentümer dafür verantwortlich.
Karl Kleinertz klagt über Schimmel in mehreren Räumen seiner Duisburger Wohnung und macht den Eigentümer dafür verantwortlich. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Er wirft Fischer zudem vor, ein Fallrohr von der Regenrinne mutwillig entfernt zu haben. „Wasser ist so gegen die Hauswand gelaufen und ins Gebäude eingedrungen“, so der Duisburger. „Innerhalb von wenigen Wochen hat sich so Schimmel in mehreren Räumen gebildet. Der Sohn meiner Frau ist richtig krank geworden.“ Der 75-Jährige hat deshalb Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt, wie Polizeisprecher Stefan Hausch betätigt.

Mieter will nötigenfalls bis vor den Bundesgerichtshof ziehen

Kleinertz muss sich seinerseits seit Februar 2022 mit einer Verwertungskündigung durch den Eigentümer auseinandersetzen. Dabei geht es um die Frage, ob Fischer durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert wird und ihm dadurch erhebliche Nachteile entstehen.

Kleinertz hat noch ein paar Monate Zeit, um Einspruch gegen diese Kündigung einzulegen. Er kündigt bereits an, die Angelegenheit notfalls bis zum Bundesgerichtshof auszufechten.

>> DEFEKTE HEIZUNG: MIETMINDERUNG UM 75 PROZENT

  • Unabhängig vom Ausgang der noch ausstehenden Verfahren hat das Amtsgericht in Duisburg am 5. Mai 2022 nach einer Klage von Karl Kleinertz entschieden, dass er wegen der defekten Heizung 75 Prozent der Miete von Oktober 2021 bis einschließlich April 2022 zurückfordern kann.
  • Gerichtssprecher Rolf Rausch bestätigte dies auf Nachfrage der Redaktion.