Duisburg-Hochfeld. 141 Personen waren in den geräumten Häusern an der Karl-Jarres-Straße 70 bis 82 in Duisburg gemeldet. Was nun von der Stadt gefordert wird.
Die Stadt Duisburg hat am Montag erneut Gebäude in Hochfeld geschlossen. In den Häusern Karl-Jarres-Straße 70 bis 82 waren laut Stadt 141 Personen gemeldet, darunter viele Familien mit Kindern.
„Ob die Zahl den tatsächlich dort wohnhaften Personen entspricht, kann nicht gesagt werden“, erklärt ein Stadtsprecher. Als Kräfte des Ordnungsamtes und der Feuerwehr die Gebäude kontrollierten, habe man lediglich 15 Personen angetroffen.
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Bei einer früheren Begehung wurden von der Stadt Brandschutzmängel, zum Beispiel undichte Türen und fehlende Brandschutztüren sowie Brandlasten in den Kellerräumen und im Treppenhaus festgestellt. Der Vermieter sei daraufhin aufgefordert worden, diese Mängel „unverzüglich“ zu beseitigen, „was dieser zunächst auch zusagte“, so die Stadt.
Bei der Nachkontrolle am Montag wurde festgestellt, „dass die Mängel nicht beseitigt wurden und sogar weitere hinzugekommen sind, sodass nunmehr in der Summe der vorgefundenen Mängel eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen werden musste.“ Die Stadt betont allerdings, dass sie diesmal auf Beschwerden von Nachbarn tätig wurde und es sich diesmal ausdrücklich nicht um einen Einsatz der Taskforce handelte.
Stadt Duisburg: „Wir haben auf Beschwerden von Anwohnern reagiert“
„Das Ergebnis ist am Ende das gleiche. Menschen verlieren ihre Unterkunft. Wir fordern ein Umdenken beim Umgang der gesamten Stadtverwaltung mit der betroffenen Bevölkerung, die oftmals schon eine antiziganistische Kontinuität der Vertreibung erleben musste. Es gibt keine Problemmenschen, die in Problemhäusern und Problemstadtteilen wohnen“, sagt Lena Wiese, Vorsitzende des Vereins „Solidarische Gesellschaft der Vielen“. Wichtig sei, dass die Personen schnell wieder eine Postmeldeadresse bekommen, andernfalls verlieren sie nicht nur ihre Bleibe, sondern erhalten im Zweifel auch kein Geld mehr vom Amt.
„Wo soll ich hin mit meinen Kindern? Ich habe kein Geld für Essen und Miete“, sagt ein Vater hilflos, während er seine Habseligkeiten in einen Sprinter räumt. Die Stadt hat ihnen Schlafplätze in einer Notunterkunft angeboten, aber niemand von ihnen will nach Baerl – die Jungen und Mädchen gehen schließlich in Hochfeld zur Schule.
Lena Wiese und ihre Mitstreiter helfen den Betroffenen oft mit Schreiben vom und ans Amt. Als „Erste Hilfe“ haben sie einige Merksätze formuliert. „Der Verlust der Wohnung ist hart. Ihr werdet mit vielen Schwierigkeiten fertig werden müssen. Denkt unbedingt daran, alle eure Papiere mitzunehmen – Ausweis, Krankenkassenkarte, Geburtsurkunde, Mietvertrag, Kontoauszüge, Briefe vom Jobcenter und von der Familienkasse. Und macht viele Fotos von eurer Wohnung“, heißt es in den Empfehlungen zum Beispiel.
Und weiter: „Kontaktiert einen Anwalt oder eine Beratungsstelle. Ihr seid nicht allein.“ Es ist die Hilfe, die die Ehrenamtlichen oft bei der Stadt vermissen, dass nämlich den Betroffenen unmittelbar Hilfe angeboten und sie nicht allein gelassen werden.
Nachbarn dankbar über das Durchgreifen der Stadt
Während die Bewohner noch ihre Wohnungen räumen, beginnen einige Handwerker bereits, die Luftschächte zu den Kellern zu versiegeln. Ein Nachbar, der die Aktion beobachtet, ist froh, „dass die Stadt endlich einmal durchgreift.“ Er bewohnt eine Eigentumswohnung auf der Karl-Jarres-Straße und berichtet, dass sich bei ihnen Ratten und Kakerlaken ausgebreitet hätten. „Wir sind ein Multi-Kulti-Haus und eigentlich muss man das in Hochfeld nicht betonen. Aber diese Menschen haben ja selbst Türken angepöbelt und beschimpft. Oder sie haben es auf die Tour versucht: ,Du bist doch auch Ausländer, lass uns zusammenhalten“, schildert er die Verhältnisse.
Andere wollen in der Vergangenheit beobachtet haben, wie im Hinterhof stets Kleintransporter parkten. Das eine oder andere Mal soll auch die Polizei vor Ort gewesen sein.
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Die Nachbarn betrachten die Lage trotz allem differenziert: „Wenn man sich die Häuser anschaut, dann möchte man dort doch nicht wohnen wollen. Vielleicht tut sich endlich mal etwas, aus den Wohnungen kann man was machen.“ In der Vergangenheit seien aber nicht immer „ehrbare Kaufleute“ unter den Besitzern gewesen.
Ehrenamtler fordern Transparenz bei den Einsätzen – und Informationen für die Betroffenen
Der Verein „Solidarische Gesellschaft der Vielen“ will am Mittwochabend, 25. Mai, um 18 Uhr vor der Pauluskirche demonstrieren. In der Ankündigung für die Kundgebung heißt es: „Wir fordern umfassende Transparenz und eine Informationspflicht über anstehende Räumungen seitens der Behörden: nicht nur an die Vermieter, sondern vor allem an die unmittelbaren Leidtragenden, die Bewohner.“
Diese müssten frühzeitig darüber informiert werden, wenn die Stadt den Vermietern eine Mängelliste vorlege und Auflagen gemacht hat. Diese und alle weiteren Informationen sollen den Mietern in ihrer Muttersprache zugänglich gemacht werden. „Kein ordnungsamtlicher Vorgang rechtfertigt eine solche unangekündigte und unverschuldete Vertreibung.“