Duisburg. . Die Berater der Jugendsuchtberatung begegnen ihren unter 21-jährigen Kunden mit Respekt und Vertrauen. Die meisten Kunden bekommen Probleme in der Schule oder mit dem Gesetz durch Cannabis, Alkohol oder Amphetamine. Die Hälfte aller Jugendlichen hat keinen schädlichen Konsum oder ist abhängig.
Der Raum ist hell. Knallige Farben an den Wänden, Pflanzen auf den Fensterbänken und volle Bücherregale schaffen eine lebendige Atmosphäre. Der Schreibtisch rechts im Raum ist nicht unordentlich, wirkt aber auch nicht penibel geordnet. Kurzum: Mit dem ersten Schritt in den Raum ist Wärme und Offenheit zu spüren. „Genau darum geht es“, sagt Dita Gomfers. „Unsere Kunden sollen sich willkommen fühlen.“ Gomfers arbeitet für den Suchthilfeverbund Duisburg in der Suchtvorbeugung und Jugendsuchtberatung. An der Beekstraße hilft sie Jugendlichen, die Probleme mit dem Konsum von Rauschmitteln haben.
„Erster Schritt ist es immer, einen Veränderungswillen bei unseren Kunden zu erzeugen“, erklärt die Sozialpädagogin. Die Wenigsten kommen dabei beim ersten Mal freiwillig zu Gomfers und ihren Kollegen. 25 Prozent der Jugendlichen sind zwischen 15 und 17 Jahren, ein paar wenige noch jünger. Zwei Drittel von ihnen sind Jungen.
Aufklärung am wichtigsten
„Sie wurden in der Schule auffällig und werden dann zu uns geschickt“, erklärt Gomfers. Auch die, die erstmalig mit dem Gesetz in Konflikt geraten, werden an die Jugendsuchtberatung vermittelt. Statt zu Sozialstunden werden sie zu drei Gruppen- und zwei Einzelgesprächen verpflichtet. „Dabei geht es dann vor allem um Aufklärung“, so die Beraterin. Was bewirken die Substanzen? Welche Probleme führen eventuell zu einem Suchtverhalten? Die meisten Kunden haben Probleme mit Cannabis, Alkohol oder Amphetaminen.
Suchtprävention ist elementar wichtig
Bei der Jugendsuchtberatung geht es vor allem um die Suchtprävention. „Ein elementarer Bereich ist es, früh aufzuklären und Eltern Informationen in den Schulen zukommen zu lassen“, sagt Dita Gomfers.
Es finden Austausch und Projekte mit den Duisburger Schulen statt. Schulklassen können sich die Räumlichkeiten an der Beek-straße anschauen. So sollen Berührungsängste mit der Beratungsstelle abgebaut werden.
Die Drogenberatung Duisburg-Mitte ist unter 0203-71 890 660 und info@suchthilfeverbund-duisburg.de erreichbar. Die Beratungsstelle ist montags bis donnerstags zwischen 9 und 13 Uhr geöffnet, dienstags und donnerstags zusätzlich von 14 bis 16 Uhr, freitags von 9 bis 14 Uhr.
Die Jugendsuchtberatung ist unter 0203-7281 2660 und der gleichen E-Mail zu erreichen. Die Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags von 13 bis 16 Uhr.
Die Minderjährigen, die allein an die Beekstraße kommen, können auch ohne Eltern beraten werden. Jedoch werden sie einbezogen, sobald akute Gefahr besteht. Es kommen aber auch Eltern mit ihren Kindern. In der ersten Gesprächsrunde im Familienkreis geht es um die Erwartungen und Wünsche von allen Beteiligten. Wenn die Menge des Konsums Thema ist, schickt Dita Gomfers die Eltern aber kurz raus. „Ich möchte, dass die Jugendlichen ehrlich sind, bei der Thematik ist das manchmal schwierig, wenn Eltern dabei sind.“
Aktuell 320 Klienten in Beratung
Gomfers und die drei weiteren Berater betreuen zurzeit 320 Klienten. Ihnen geht es nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt zu laufen. Manche Jugendlichen wollen auch nur wissen, wie lang zum Beispiel Cannabis im Blut nachweisbar ist. Auch diesen Kunden helfen die Berater. „Deutlich weniger als die Hälfte ist abhängig oder hat einen schädlichen Konsum.“ Es gehe vielmehr darum zu erfahren, wie die Jugendlichen sonst mit Problemen umgehen und wie ihre „Suchtbiografie“ aussieht. Ob sie zum Beispiel exzessiv vor dem Computer sitzen und sich bei Stress zurückziehen. Bei allen Gesprächen siezt Gomfers die Jugendlichen. „Sie sollen sich nicht nur wohl, sondern vor allem respektiert fühlen.“
Drogenberatung ist ein langer Prozess
Direkt neben der Jugendsuchthilfe arbeitet Dagmar Hämisch in der Drogenberatung Mitte. Die Zusammenarbeit zwischen der Jugendsuchthilfe und dem Angebot der Drogenberatung ist eng. Unter 21-Jährige mit Heroinproblem werden direkt an die Drogenberatung vermittelt. Generell richten sich die Angebote der Drogenberatung aber an erwachsene Drogenkonsumenten über 21 Jahre, deren Angehörige und Bezugspersonen.
Substituierung für ein „normales Leben“
Bei der Drogenberatung ist eines der größten Themen die Substituierung von Drogenkonsumenten. Knapp die Hälfte aller Beratungen drehen sich um die Ausstiegshilfen. Methadon ist eines der Ersatzmittel, das Heroinsüchtigen ein normales Leben ermöglich kann. Es hemmt die Lust auf die Droge. Je nach Person muss das Mittel der Wahl beruhigend oder anti-depressiv wirken, um im Alltag bestehen zu können.
Dagmar Hämisch hat Kunden, die mit ihrer Sucht mitten im Leben stehen, einem normalen Beruf nachgehen und bei denen das Umfeld von der Sucht nichts mitbekommt. „Sie sind komplett substituiert und ohne Beigebrauch. Die medikamentöse Behandlung führt auch dazu, dass die Leute heute deutlich älter werden“, so Hämisch. Laut der Drogenberatung gab es 2006 noch 26 Drogentote in Duisburg. Vergangenes Jahr waren es fünf Menschen, die unmittelbar am Drogenkonsum starben.
„77 Prozent aller Klienten haben Probleme mit Heroin“, erzählt Hämisch. Zwei Drittel davon sind Männer zwischen 35 und 55 Jahren. 70 Prozent sind arbeitslos und manche ohne festen Wohnsitz. Bei der Drogenberatung geht es von daher auch um „niederschwellige Hilfen“. Obdachlose können Postadressen in der Beekstraße einrichten und Spritzbesteck austauschen, damit keine Krankheiten entstehen und die Entsorgung alter Spritzen gewährleistet ist. Auch ein PC und Drucker stehen zur Verfügung.
Verschiedene Gründe, zur Beratung zu kommen
„Viele Leute, die kommen, wollen erst mal nichts verändern“, erzählt Hämisch. „Das sind dann Kurzkontakte in der niederschwelligen Arbeit. Aber über den ersten Kontakt kann man Vertrauen aufbauen, danach besteht dann vielleicht die Bereitschaft zur Beratung und Veränderung.“ Aus verschiedenen Gründen kommen die Menschen zu Hämisch und ihren sieben Kollegen in den Beratungsstellen Mitte und Duisburg-Marxloh. Sie müssen ihren Drogenkonsum reduzieren, um im Jobcenter vermittelbar zu sein oder haben eine Auflage vom Gericht für Beratungsgespräche erhalten.
„Ganz wichtig ist es uns, bei jedem Kunden Vorbehalte abzubauen“, so Hämisch. „Schluss mit dem Konsum ist keine Voraussetzung, um bei uns beraten zu werden.“ Vielmehr geht es um einen längeren Prozess. Manche sind mehr als zehn Jahre in durchgängiger Beratung. „Clean sein macht nicht nur Spaß“, sagt Hämisch. Probleme, die man mit dem Rausch weggeschoben hat, kämen erneut auf einen zu. „Es geht darum, den Berg schrittweise abzubauen und die Motivation oben zu halten.“