Duisburg. . „Protected Zone“ heißt die Performance, die das Choreografen-Duo Avi Kaiser und Sergio Antonino mit ihrem Ensemble auf dem Ponton am Innenhafen zeigen. Es geht um physische und emotionale Schutzräume, die der Mensch sich automatisch sucht. Das beeindruckende Stück könnte aktueller nicht sein.

Weiße Fahnen markieren die Zugänge zur Pontonbrücke über den stillen, hinteren Teil des Innenhafens – wo nach der Küppersmühle nur noch der Bauzaun kommt. Wenn der scharfe, abendliche Wind kurz nachlässt, hängen sie bis zur Wasserlinie.

Auf der schwimmenden Plattform wärmen sich die sechs Tänzer um das Choreografen-Duo Avi Kaiser und Sergio Antonio vom Duisburger Tanzstudio „The Roof-Tanzraum“ auf und nutzen das Pontongeländer für ihre Dehnübungen. Mit der Performance „protected zone“ wollen sie Schutzräume ausloten. Dabei geht es „zunächst um unseren natürlichen Instinkt, stets nach einem physischen und emotionalen Raum zu suchen, in dem wir uns sicher fühlen“, so beschreiben Kaiser und Antonio ihre Ausgangsposition.

Während sie die Choreografie erarbeiteten, spitzte sich die Lage an den internationalen Krisenherden rasant zu und eröffnete dem Ensemble „eine dramatische Perspektive auf die Notwendigkeit geschützt zu sein“. Ihre Performance in einer Stadt, die gerade die Notunterbringung von Flüchtlingen in Zelten vorbereitet, könnte nicht aktueller sein. Es ist nicht das erste Mal, dass das Ensemble, das selbst am Innenhafen probt, den Innenhafen mit seinen Perfomances bespielt und die Umgebung in den Tanz einbezieht.

Janine Roeder rezitiert Texte

Die Zuschauer lehnen sich an das Geländer der schwimmenden Brücke. Rückwärts, gewunden, tastend erkunden die Tänzer den Ponton. Dazu gibt es Musik von Akkordeon und Klarinette. Janin Roeder singt und rezitiert zwischendurch einen Text über sich auflösende Städte. „Jeder Flicken ließ nur neue Brüche zutage treten“, sagt sie und der Blick einiger Zuschauer streift den Bauzaun, wo vor kurzem noch der marode Stahlkubus der misslungenen Küppersmühlen-Erweiterung lag. Während die Tänzer sich aus dem Gleichgewicht bringen, oder gegenseitig stützen, bilden einzelne Pontonpassanten einen spannenden, wenn auch unfreiwilligen Teil der Performance. Ihre Körpersprache, wenn sie den schwimmenden Tanzraum durchqueren zeigt alle Facetten von verlegenem Vorüberhuschen bis zur selbstbewussten Raumforderung.

Zwischendurch schweigt die Musik, zu hören sind nur die Füße der Tänzer auf dem sandigen Beton und das Quaken der Enten. Die Zuschauer frösteln im Wind, der Ponton ist ein ungeschützter Ort, der die Suche der Tänzer nach Geborgenheit dramatisch unterstützt. Zum Ende gibt es lange anhaltenden Beifall, das Ensemble hat den Nerv getroffen.