Duisburg. Die Entwicklung der Duisburger Altstadt im Blickpunkt: Geschäftsleute hoffen auf ein Ende der Stadtfenster-Baustelle – und dass wieder mehr Kunden über die Münzstraße bummeln. Lars Hoffmann vom Bürgerverein Mitte erwartet mehr Unterstützung von der Stadt.
Die Straße heißt „Unteröderich“ und der Name ist Programm. Die Altstadt rund um die Münzstraße scheint abgehängt von der Innenstadtentwicklung. Dort wo früher C&A war, blicken Passanten in tote Fenster. Es gibt ein paar Billig-Geschäfte, dazu ein umfangreiches Imbiss-Angebot, das von Eis bis Döner reicht. Lars Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Mitte und Inhaber eines Elektronik-Fachgeschäfts, dringt darauf, dass die Stadt sich endlich auch um die Entwicklung auf dem hinteren Stück der Innenstadt kümmern soll. Immerhin: Das Stadtfenster, in das später einmal die Bücherei einziehen soll, nimmt Formen an. Ein erstes Geschäft im Untergeschoss soll bereits im Herbst eröffnen. „Vielleicht bringt das dann wieder ein paar Leute in die Altstadt“, erwartet Hoffmann. Genauso wichtig sei aber auch die Wiedereröffnung der Universitätsstraße und dass sich etwas am „Loch“ an der Steinschen Gasse tut. Seitdem das Projekt Ärztehaus geplatzt ist, hat sich noch kein neuer Investor für die Brache gefunden.
„Früher, als hier noch Parkplätze waren, hatten wir eigentlich viel Laufkundschaft. Die Leute sind dann von der Altstadt über die Königstraße gebummelt“, beschreibt Sabina Zang das Problem. Sie selbst betreibt ein Geschäft für Friseurbedarf in der Straße „Peterstal“. Sie würde sich wünschen, dass im Altstadt-Bereich wieder mehr Parkplätze entstehen. „Eigentlich wollte uns die Stadt im August informieren, was aus dem Loch an der Steinschen Gasse wird. Bisher hat sich noch niemand bei uns gemeldet“, moniert Hoffmann. Auch die Kontaktaufnahme mit den Hauseigentümern, damit etwa über Zwischennutzungen für Leerstände verhandelt werden kann, verläuft nur schleppend. Die Idee des Bürgervereins: Künstler und andere Kreative könnten die Ladenlokale als Ateliers nutzen.
Zum Kreativquartier umbauen
Gordon Wiemkötter ist vor gut einem Jahr mit seinem Laden „Mode Wichtig“ zur Münzstraße gezogen. Zuvor saß er mit seinem Fachgeschäft für Gothic- und Szene-Bekleidung in einem kleinen Industriegebiet, ebenfalls in der Altstadt. „Die Münzstraße ist vielen Leuten immer noch ein Begriff.“ Immer samstags – unter der Woche pflegt Wiemkötter vor allem den Online-Shop – profitiert er zudem von den Junggesellenabschieden, die durch die Stadt ziehen. „Gruppen, die eine Hafenrundfahrt machen, kommen dann auch mal bei uns gucken.“ Oder wenn es entsprechende Musik-Festivals in der Region gebe, verbinden viele das mit einem Einkauf bei Wiemkötter. „Ich würde mir wünschen, dass die Händler selbst ein bisschen dafür sorgen, dass es vor der Haustür hübsch aussieht.“
So wie es etwa der Knüllermarkt vormacht. Inhaberin Petra Manoah betreibt das Deko-Paradies seit 20 Jahren. Ihr hat der Umzug von der Steinschen Gasse weiter runter auf die Münzstraße nicht geschadet. „Wer zu uns kommen will, kommt auch. Trotzdem wäre es schön, wenn die Baustelle endlich ein Ende hätte.“ Alle, also die Geschäftsleute und die Stadt, müssten etwas dazu beitragen, dass sich in der Altstadt etwas weiter entwickelt.
„Gastronomie würde gut in die Altstadt passen“, hofft Wiemkötter und spinnt: „Statt eines Döner-Laden könnte ja genauso gut eine Tapas-Bar eröffnen.“ Er begreift die Veränderung der Münzstraße eher als Chance. „Da, wo große Ketten sich zurückziehen, sinken automatisch die Mieten und es gibt Potenzial für Neues.“
Abwärtsspirale in der Altstadt wird wissenschaftlich erforscht
Das Altstadt-Quartier wird derzeit wissenschaftlich erforscht. Es ist Gegenstand einer Bachelor-Arbeit. Stefanie Bartsch, selbst Duisburgerin, studiert Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund. „Mir ist der Bereich aufgefallen, als ich mit meinem Freund hier durchgeschlendert bin und ihm den Trading-Down-Effekt erklärt habe“, erzählt sie, wie sie auf die Idee für die Abschlussarbeit gekommen ist. Mit Trading-Down-Effekt beschreiben Experten eine Abwertungsspirale – etwa die Abwanderung von Geschäften – und die damit verbundene negative Entwicklung. So verliert der Standort an Attraktivität – erst verabschieden sich Läden, die hochwertige Waren führen, dann kommen nur noch Billig-Händler und am Ende gibt es viele Leerstände. Für ihre wissenschaftliche Arbeit befragt Stefanie Bartsch nicht nur die Geschäftsleute, sondern auch die Hausbesitzer, wie sie die Situation in der Altstadt derzeit beschreiben. Der Rücklauf an Antworten sei aber eher schleppend.
Klein-Montmartre am Schwanentor
Nacir Chemao steht am Schwanentor, blickt auf die Marina am Innenhafen und träumt davon, dass sich der hintere Bereich des Ufers in ein kleines Montmartre verwandelt. Chemao, Künstler und Visionär, hat vor Jahren sein Atelier in Sichtweite aufs Schwanentor eröffnet. Früher passierten die Besucher das Tor, um in die Stadt Duisburg zu kommen. „Heute bin ich der künstlerische Wächter der Stadt“, erklärt Chemao. Er fühlt sich bestätigt mit seiner Idee, dass aus der Gegend mal etwas Großes werden könnte, schließlich entstand auf der gegenüberliegenden Seite des Ufers das Landesarchiv. Seine Idee: An der Brüstung rund ums Hafenbecken könnten grüne Kästen aufgebaut werden. So wie in Paris könnten dort Buchhändler und Künstler einen Kasten mieten und sich dort präsentieren. „Die Leute mögen sowas“, erzählt der gebürtige Franzose, der früher als Porträtzeichner in Montmartre sein Geld verdiente und sich auch beim Kunstmarkt in Xanten mit dem Namen „Klein Montmartre“ engagiert.