Duisburg.

Mit großer Gewandtheit springt Angelo (14) über Stock und Stein. Er tänzelt spielerisch über die schmalen Stege und klettert die kurzen Leitern hoch, bis er auf seinem Heimatschiff angelangt ist. Die „MS Nora“ liegt derzeit bei der Neuen Triton-Schiffswerft im Hafenkanal. In Meiderich wird das etwas andere Binnenschiff repariert.

Angelo stammt aus schwierigsten familiären Verhältnissen. Seine Biografie trägt er wie einen schweren Rucksack mit sich herum. Diesen Rucksack will er auf der „MS Nora“ über Bord werfen. Das Schiff ist eine stationäre Einrichtung der freien Jugendhilfe in Oldenburg und gehört dem gemeinnützigem Verein „Buten und Binnen“.

Mit der Fracht durch Deutschland und Westeuropa

„Das Schiff ist für unsere Jugendlichen die erste Station. Danach versuchen wir sie in unseren Wohngruppen in Oldenburg unterzubringen. An Bord sollen sie an einen geregelten Tagesablauf gewöhnt werden“, erklärt Karen Pfeffer, Leiterin von „Buten und Binnen“. Der Tag fängt für Angelo um 7.45 Uhr an. In dieser Woche ist er für den Küchendienst eingeteilt und muss das Frühstück machen, das um 8 Uhr auf dem Tisch stehen soll. Im Wohnraum wird gemeinsam gegessen. An Bord befinden sich immer drei Jugendliche, Kapitän Rolf Wermers und ein Pädagoge.

Danach wird an Bord gearbeitet. Bei laufendem Fahrbetrieb fährt das Binnenschiff seine Fracht quer durch Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich. Dann muss das Schiff laufend be- und entladen werden. Seebär Wermers bringt dem Nachwuchs bei, wie sie „Nora“ mit dem schweren Holzruder steuern. Jetzt, da das Schiff vor Anker liegt, stehen andere Arbeiten an. „Gestern musste ich die Geländer abschleifen“, erzählt Angelo. Um 16 Uhr ist Feierabend.

"Stolz, wie gut sie sich gemacht haben"

„Die Jugendlichen verbringen auch ihre Freizeit zusammen“, berichtet Pfeffer. Derzeit steht das Freibad in Homberg bei Giuliano, Leon und Angelo hoch im Kurs. „Klein aber fein ist das. Und die Mädchen gefallen uns gut“, sagt Angelo, der aus Heilbronn stammt. Nach dem Abendessen wird gespielt oder TV geschaut. Im Laderaum steht zudem ein Kickertisch. Um 23 Uhr geht es in die Koje.

Seit drei Monaten liegt das Binnenschiff nach einem Maschinenschaden in der Triton-Werft. Die Arbeiten überwacht Schiffsingenieur Claus P. Winterheld. „Alles ist hier sehr angenehm und fair“, erläutert die Leiterin. Ein neuer, 305 PS starker Motor wurde eingebaut. Zudem wurde das alte Schätzchen von 1940 mit einem Bugstrahler versehen. In der nächsten Woche verlässt das Schiff Duisburg wieder. Petronella Jacobs, Betreiberin der Werft, wird ihre Gäste vermissen. „Es war toll, sie hier zu haben. Gestern war ich mit den Jungs auf der Königstraße Eis essen. Ich bin stolz, wie gut sie sich gemacht haben.“