Duisburg. . Die Aletta-Haniel-Gesamtschule hat ihre neue „Talent Company“ eröffnet: Ein Raum, der Schülern dabei helfen soll, ihren Traumberuf zu finden. Arbeitgeber können hier ihre künftigen Azubis finden.

„Ich wusste mit 16 auch noch nicht, was ich mal werden will“, zeigt Juliane Kaup Verständnis für ihre Schüler. Die bekommen nach den Sommerferien eine Chance, sich ganz konkrete Hilfe zu holen für eine Analyse der Fähigkeiten, die Berufswahl oder die Bewerbungsschreiben: „Talent Company“ heißt das Projekt der Strahlemann-Stiftung, das die Haniel-Stiftung erstmalig nach NRW geholt hat.

In Ruhrort an der Aletta-Haniel-Gesamtschule ist diese Talent Company raumgewordene Berufsorientierung. Ein gemütlicher Lounge-Bereich lädt zum Blättern in Broschüren, an PC-Arbeitsplätzen kann der Lebenslauf geschrieben, ein Bewerbungstext formuliert werden. Zwei Schaufensterpuppen im Arbeitsdress stimmen auf das Thema ein. Und überall sieht man eine kleine Strich-Figur mit Herz, das „Strahlemännchen“, für das „Bildung Herzenssache“ ist.

Werbung für Ausbildungsberufe

Interessierte Arbeitgeber können auf Plakaten kostenpflichtige Werbung für ihre Ausbildungsberufe machen, ihre Personaler oder gleich den Chef schicken für Infos zu bestimmten Berufsbildern, beschreibt Koordinatorin Juliane Kaup. 50.000 Euro wurden für die Grundausstattung von den Stiftungen investiert.

Ziel: Chancengleichheit

Die Strahlemann-Stiftung wurde 2008 gegründet und unterstützt den Strahlemann-Verein, der Bildungsprojekte in Deutschland umsetzt, außerdem in Indien und Haiti, Argentinien und Portugal aktiv ist.

In NRW ist die Haniel-Stiftung Premiumpartner und hat dafür gesorgt, dass die Talent Company erstmals in NRW in Duisburg angesiedelt wird. Schirmherr für die Talent Company ist Oberbürgermeister Sören Link. Begabtenförderung und Chancengleichheit im Bildungsbereich sind Schwerpunkte ihrer Arbeit.

Weitere Infos: im Internet auf www.strahlemann-initiative.de www.haniel-stiftung.de.

Bewusst hebt sich der Raum von den anliegenden Klassenzimmern ab, er soll eine andere Welt symbolisieren, in der man schon fühlt, dass man mit einem halben Bein im Berufsleben steht, beschreibt Kaup. Er soll auch nicht in Mannschaftsstärke genutzt werden, sondern nur in kleinen Gruppen, je nach Interesse und Bedarf. Wie das in den Stundenplan passt, wird die größere Herausforderung sein. An der Ganztagsschule kann aber auch die Mittagspause mitgenutzt werden, dafür stehen dann zwei Kollegen bereit.

Schüler oft überfordert mit der Berufswahl

„Die Schüler wissen gar nicht, wo sie bei der Berufswahl anfangen sollen, finden sich in der Masse des Internets nicht zurecht“, hat Kaup beobachtet. In der Not mache mancher, was die Eltern bereits vorleben. Viele hätten auch ein ganz falsches Bild von sich, erzählt die Lehrerin für Deutsch und Erdkunde. Sie werde oft gefragt, ob der Berufswunsch passen könnte.

Für Ernst Rieger, den didaktischen Leiter der Gesamtschule, ist zudem die Vernetzung mit den Arbeitgebern vor Ort wichtig. In der Talent Company könnten selbst große Unternehmen wie Thyssen für die Schüler ein Gesicht bekommen, sagt Rieger. Koordinatorin Kaup ist für die Akquise verantwortlich. Die Rolle der Lehrer in den Schulen verschiebt sich deutlich, „wir können Jugendliche auch vermitteln, können sagen, der hat zwar ne vier in Mathe, ist aber total zuverlässig und pünktlich“, beschreibt Kaup ihre Funktion als „Headhunter“.

Auf die Talent Company freuen sich Vildan, Natalia, Eduard und Benedetta. Sie kommen jetzt in die zehnte Klasse, da werden die Weichen gestellt. Nur Vildan weiß schon, was er werden will. Der Bosnier hat allerdings einen entscheidenden Vorteil: Zuletzt lebte er in Australien, wo umfangreiche Berufsberatung an Schulen offenbar üblich ist. Hilfreich fand er das, wechselte dort in seinen Wünschen vom Computer-Ingenieur zum Polizisten, und dass er jetzt für das Bewerbungsverfahren in der Schule üben kann, findet der 18-Jährige super. Darauf freut sich auch Eduard. Der 17-Jährige kennt seine Schwäche: „Ich kann meine Vorteile, meine Fähigkeiten in einem Brief nicht gut präsentieren.“ Im direkten Gespräch klappt es viel besser.