Duisburg. . Die umstrittene Gedenkstätte “Ehrenfriedhof Kaiserberg“ wird zum offiziellen Denkmal der Stadt Duisburg. Der Gottesacker wurde ursprünglich für die Opfer des Ersten Weltkrieges errichtet. Doch immer wieder haben Neonazis versucht, den Friedhof für ihre krude Weltsicht zu vereinnahmen.

Nun ist er also ein offizielles Denkmal, der Ehrenfriedhof Kaiserberg. Die Bezirksvertretung Mitte fasste den Beschluss letzte Woche. Rechtzeitig vor dem 28. Juli und mit Blick auf diesen Tag, an dem vor hundert Jahren der erste Weltkrieg ausbrach. Der Gottesacker für 801 Tote dieses ersten Weltenbrandes ist seit über 40 Jahren die umstrittenste und missverständlichste Gedenkstätte Duisburgs. Und wird es bleiben.

Vielleicht waren die Duisburger besonders patriotisch, vielleicht auch nur makaber vorausschauend, als sie nur zwei Monate nach Kriegsbeginn beschlossen, den Opfern aus der Stadt einen eigenen Friedhof einzurichten. Die Zahl der „erwarteten” Toten hätten zu dem Beschluss geführt, sie nicht auf einem bestehenden Friedhof beizusetzen, sagte der damalige Oberbürgermeister Karl Jarres am 14. Dezember 1914 bei der Einweihung des Gräberfelds. Und: Die Duisburger Bürgerschaft sei „die erste, welche die Anlage eines besonderen Ehrenfriedhofs für ihre Kriegshelden beschloss”, hieß es in der Rede weiter.

801 Gräber wurden gebraucht

Grob verschätzt haben sich die Stadtväter allerdings mit geplanten 100 Ruheplätzen für Gefallene. Bis 1919 wurde der Friedhof mehrfach erweitert, 801 Gräber waren es schließlich. Insgesamt kamen zwischen 1914 und 1918 über 7000 Duisburger ums Leben, 19 eigenständige oder in bestehende Friedhöfe integrierte Grabstätten gibt es für die Opfer in der Stadt.

Der „Ehrenfriedhof Kaiserberg” wurde und wird dennoch missbraucht von militaristisch geprägten und braun gefärbten Gruppen, die hier „Heldengedenken” feiern. Beim Volkstrauertag 1993 legten Neonazis offen Kränze nieder. Es befeuert immer wieder die Debatte, dass Extremisten das Schicksal von 801 Toten so widerwärtig für ihre krude Weltsicht vereinnahmen. Auch in der Bezirksvertretung flammte diese Debatte auf. Grüne und Linke forderten eine Klarstellung, die das missverständliche Denk- als Mahnmal ausweist. SPD, CDU und FDP waren dagegen; die Geschichte solle hier für sich sprechen. In der Großdebatte der 1980er hieß es, das Denkmal sei „als geschichtliches Erbe zu ertragen”.

Dass der Friedhof nach 30 Jahren nun endgültig als Denkmal unter Schutz gestellt werde, habe mit dem Jahrestag des Kriegsausbruchs zu tun, sagte eine Stadtsprecherin auf Anfrage dieser Zeitung. Renovierung, Veränderung, gar die Wiederaufstellung des sitzenden Jünglings (oder einer Kopie) sei nicht geplant

Drei prägende Denkmale 

Drei Denkmale präg(t)en den Friedhof am Kaiserberg und bestimmen auch noch bis heute die Debatte. Zuerst wurde 1921 der bronzene Krieger aufgestellt, gedeutet als Siegfried, eine Heldenfigur, die Hand am Griff eines halb gezogenen Schwerts. Ob er die Klinge drohend zieht oder geschlagen in die Scheide steckt, blieb unklar und zweideutig. Der Siegfried steht bis heute und wird immer wieder – zuletzt im Frühjahr – Ziel von Farbattacken.

1922 wurde der „sitzende Jüngling” von Wilhelm Lehmbruck aufgestellt, gedeutet als trauernde Figur, die eine ganz andere Haltung zeigt zu Kriegstod und Niederlage als der aufrechte Siegfried. Die Skulptur – entstanden 1916/’17 noch während des Krieges und kurz vor dem Tod des Künstlers 1919 – gilt als eines der reifsten Werke des Bildhauers. 1944 durch Bomben beschädigt, wurde das Mahnmal abgebaut und steht heute im Lehmbruck-Museum.

Den größten Konfliktstoff bietet indes ein Gedenkstein für das Infanterieregiment 193, eingeweiht 1933 mit viel Nazi-Pomp. Der Stein hat am wenigsten mit der Geschichte des Friedhofs zu tun, ein Fremdkörper. Das „Ehrenmal” für die 193er war sozusagen der „Gedenkstein des Anstoßes” für eine 1984 und ’85 zwei Jahre dauernde Debatte über die Umgestaltung des Friedhofs, vor allem über die Beseitigung des 193er Steins. Die Debatte wurde mit einem Federstrich beendet durch die „vorläufige” Eintragung des Friedhofs in die Denkmalliste vor 30 Jahren.