Duisburg. Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss des Landtages zur Korruptionsaffäre im landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB): Nach dem eher inhaltsarmen Kurzauftritt von Ex-OB Sauerland waren sodann mit Ralf Oehmke und Karl Janssen zwei weitere Akteure aus Duisburg geladen.

Zeugenbefragung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtages zur mutmaßlichen Korruptionsaffäre im landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB): Nach dem eher inhaltsarmen Kurzauftritt von Ex-OB Adolf Sauerland vor den Ausschussmitgliedern waren sodann mit Ralf Oehmke und Karl Janssen zwei weitere Akteure aus Duisburg geladen, die ebenso wie Sauerland längst ihre Posten in der Stadtverwaltung verloren haben - der eine als der Geschäftsführer der Innenstadtentwicklungs-Gesellschaft, der andere als der Dezernent für Familie, Schule und Kultur der Stadt. Doch beide spielten auch ihre Rolle in dem unübersichtlichen Verwirrspiel um die Errichtung eines Landesarchives NRW am Standort Duisburg.

„Das war schon verwunderlich.“

Wie kam die Standort-Entscheidung Duisburg denn zustande? Wann wurde sie getroffen? Warum hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht für den RWSG-Speicher und zwei Anrainer-Grundstücke nicht ins Spiel gebracht? Wer in Duisburg war eigentlich der verantwortliche Mann, der das Thema Landesarchiv zu begleiten hatte?

Fragen, auf die der Ex-Kulturdezernent gestern nur Achselzucken übrig hatte. „An Fragen des Grundstückserwerbs und der Finanzierung war ich nie beteiligt.“ Allerdings sei er es gewesen, der seinerzeit dem damaligen Kultur-Staatssekretär Grosse-Brockhoff den RWSG-Speicher als möglichen Standort vorgeschlagen habe. „Grosse-Brockhoff rief im Herbst 2006 bei mir an, fragte, ob man eventuell mit dem Archiv nach Duisburg gehen könne. Ich musste einen Tag nachdenken und habe ihm dann den RWSG-Speicher am Innenhafen vorgeschlagen.“

Aber wann dann, wie und warum die Entscheidung tatsächlich für Duisburg gefallen sei, wisse er nicht. Daran sei er nie beteiligt gewesen. Weder habe er den späteren Investor Kölbl-Kruse gekannt, noch hatte er irgendwelche Kenntnisse zu Vorkaufsrechten der Stadt oder ähnlichem. „So etwas wurde im Verwaltungsvorstand nie besprochen“, sagte Janssen gestern, und fügte selbstkritisch an: „So etwas gehört eigentlich dort hinein. Das war schon verwunderlich.“

Mit Dressler (Planen) , Rabe (Recht) und Janssen Kultur), so bemerkte der SPD-Abgeordnete Hartmut Ganzke spitz, habe der Ausschuss also schon drei Duisburger Beigeordnete kennengelernt, „die alle nichts mit dem Landesarchiv zu tun hatten“. Ganzke: „Wer war denn damit eigentlich befasst?“

Ralf Oehmke, erst seit dem 1. August 2007 Chef der Innenhafen-Entwicklungs-Gesellschaft, sah sich auch nur für die Vermarktung der besagten Grundstücke verantwortlich. Vorkaufsrecht? Oehmke: „Es bestanden keine städtischen Vorkaufrechte. Das ist völlig abwegig.“ Ein Wiederkaufsrecht für das Speichergebäude stammte noch aus dem 19. Jahrhundert und sei längst verjährt. Es hätte ohnehin nicht der Stadt sondern der Hafen AG zugestanden; aber nur dann, wenn diese am Innenhafen Verkehrswege benötigt hätte.

All dies sei aber schlichtweg nicht mehr gültig gewesen. Einzig die Staatsanwaltschaft habe daraus völlig unkritisch „einen läppischen Popanz aufgebaut“, um eine Hausdurchsuchung zu rechtfertigen. „Sehr mittelmäßige Juristen“, so gab Oehmke gestern im Landtag zu Protokoll, die lieber „die Türe eintreten, statt zu klingeln.“ Denn er hatte unaufgefordert der Behörde Akten übergeben wollen. Vergebens. Man hätte allenfalls mit einigen Grundstücken die Entwicklung blockieren können, aber niemals von Kölbl-Kruse den an sie verkauften Speicher zurückbekommen können. Die Stadt habe in Person von Dressler eher dilettantisch versucht, Kölbl-Kruse den Speicher noch mal wegzuschnappen. Vergebens.

Nachbemerkungen:

Die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp aus Duisburg: „Man stopft den U-Ausschuss voll mit Zeugen und Akteuren aus der 3. und 4. Reihe. Die dicken Fische wie Staatssekretär Grosse-Brockhoff und Ex-Ministerpräsident Rüttgers, die kommen irgendwann im Herbst als Zeugen vor den Ausschuss. Dieser U-Ausschuss kommt nicht voran, um Organisationsschwächen des BLB aufzuklären.“

Aus dem Bericht des Landesrechnungshofes zur Unterbringung des Landesarchivs in Duisburg: „Die für die Unterbringung des Landesarchivs im Duisburger Innenhafen maßgeblichen Gründe und weitreichenden strategischen Entscheidungsprozesse wurden nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Dadurch war das gesamte Verfahren intransparent und in hohem Maße manipulationsanfällig.“

Der BLB NRW nahm die „notwendigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Auswahl des Standorts, zum direkten Ankauf der Grundstücke und zu den Abschlüssen des Mietvertrages sowie des Mietvertragsaufhebungs- bzw. Kaufvertrages nicht vor.“

Der BLB unterließ es im Frühjahr 2007, „die für den Bau des Landesarchivs benötigten Grundstücksflächen über eine stadteigene Duisburger Gesellschaft, die über entsprechende Vorkaufsrechte verfügte, zu einem Preis von 3,85 Mio. € zu erwerben. Nachvollziehbare Gründe für dieses Vorgehen sind nicht ersichtlich.“