Duisburg.
Über 365.000 Duisburger können am Sonntag darüber eintscheiden, wer im neuen Stadtparlament das Sagen hat. So viel Parteien wie noch nie kandidieren für den Stadtrat. Welche Wahlziele haben die Parteien, wieviele Sitze wollen Sie erobern? Das sagt der Kurzcheck in der Übersicht.
Die SPD will stärkste Kraft bleiben
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An ihr soll auch im kommenden Rat keiner vorbeikommen: Die SPD will stärkste Kraft bleiben und ihre „Gestaltungshoheit“ behalten. Ohne sie soll es keine Mehrheiten im Rat geben. „40 plus X“ ist das Wahlziel, das Parteichef Ralf Jäger ausgegeben hat, also ein Plus gegenüber den 39,0 % bei der Wahl 2009. Zudem will sie der CDU einige damals knapp verlorene Direktmandate in den 36 Wahlbezirken abluchsen und mehr als die 25 vor fünf Jahren gewinnen.
Ihr Wahlprogramm, den Duisburg-Plan 2014-2020 versteht die SPD dabei selbstbewusst als „Arbeitsprogramm für die kommenden sechs Jahre. Keine „Traumschlösser“ seien das, betont Spitzenkandidat und Ratsfraktionschef Herbert Mettler und verteidigt auch die Steuererhöhungen als Mittel der seriösen Haushaltspolitik, die dazu beitragen, Duisburg mit dem NRW-Stärkungspakt endlich wieder ausgeglichene Etats zu bescheren.
Sozialabbau und Kahlschlag bei Kultur, Jugend oder Sport soll es mit der SPD weiter nicht geben. Arbeit, Familie und Soziales und zukunftsorientierte Stadtentwicklung stehen im Mittelpunkt des Wahlprogramms, mit der generationsübergreifenden Klammer vom Kleinkind in der U 3-Betreuung bis zum gesicherten Lebensabend der Älteren.
Abschied von 180 Jahren Ratserfahrung
Der SPD-Oberbürgermeister steht zwar am Sonntag nicht zur Wahl. Aber die Sozialdemokraten nutzen Sören Link und seine Präsenz gerne als „Wahlhelfer“. Mit ihm habe Duisburg wieder eine „klare Führung“, heißt es auch im Vorwort des Duisburg-Plans. So soll es weitergehen, die SPD will ihrem Rathaus-Chef eine stabile Mehrheit und Rückendeckung im Rat sichern. Wer dafür nach dem 25. Mai an ihrer Seite stehen soll, lässt die SPD offen. Bis auf Rechtsaußen gibt es keine „Ausschließeritis“, so Jäger. Mit Rot-Rot-Grün zeigt sich die SPD in der Bilanz zufrieden. Ein Selbstläufer wird eine Neuauflage dieses Bündnisses aber gewiss nicht.
Info: www.spd-duisburg.de
Duisburger CDU liebäugelt mit Großer Koaliton
Richtig verdaut hat die CDU ihren Machtverlust durch die Abwahl „ihres“ Oberbürgermeisters Adolf Sauerland und die Bildung der rot-rot-grünen Rathauskoalition noch lange nicht. Entsprechend fällt die Erwartung von Parteichef Thomas Mahlberg an den Wahlausgang aus: 33,6 Prozent sollten es schon sein, so viel wie beim letzten Urnengang im Jahr 2009: „Das wäre ok für uns.“
1999 hatte die Union ihre Duisburger Bestmarke mit 41,5 Prozent der Stimmen geschafft, erstmals seit der Nachkriegszeit ergab sich mit den Grünen eine Mehrheit gegen die über Jahrzehnte übermächtige SPD.
„Keine Mehrheit ohne CDU“ steht für Sonntag bei Mahlberg auf dem Wunschzettel, und der Bundestagsabgeordnete macht keinen Hehl daraus, dass eine große Koalition nach Berliner Muster für ihn und seine Partei auch in Duisburg „grundsätzlich eine Option“ sei. Aber auch mit der Zusammenarbeit mit den Grünen habe man „gute Erfahrungen“ gemacht, sieht der CDU-Parteichef eine weitere Alternative für die neue Ratsperiode.
Inhaltliche Schwerpunkte sieht die CDU vor allem rund um die Wirtschaft. Es müsse in Duisburg wieder mehr Investitionen geben, eine wichtige Voraussetzung zu deren Aktivierung sei eine spürbare Absenkung der zurzeit viel zu hohen städtischen Gewerbesteuer. Auch die Wirtschaftsförderung müsse verbessert werden, um die Abwanderung von Unternehmen, wie in den letzten Monaten mehrfach zu beklagen, künftig zu verhindern und damit auch den Verlust von Arbeitsplätzen. „Die CDU will den Stillstand in der Stadt durchbrechen, neue Impulse setzen und die Entwicklung der Stadt vorantreiben“, ist das Wahlprogramm überschrieben.
Weiteres Thema: die Sicherheit auf Duisburgs Straßen. Mahlberg: „Das subjektive Sicherheitsgefühl hat gelitten.“ Was tun? Zusammenarbeit aller Behörden organisieren, geltendes Recht durchsetzen, sind Forderungen der Union.
Internet: www.cdu-duisburg.de
Duisburger Grüne peilen „10 % plus X“ als Wahlziel an
„Wir waren in der Innenstadt und in den Stadtteilen unterwegs, da sind unsere Wahlprogramme gut weggegangen“, gibt sich Gerhard Schwemm von Bündnis 90/Die Grünen zuversichtlich. „10 % plus x“, gibt er als Wahlziel aus. Schwer werden könnte es trotzdem, konkurrieren die Grünen doch mit vielen kleinen Parteien.
Die Aufstellung der Ratsliste mit Claudia Leiße und Sait Keles als Spitzenkandidaten haben die Grünen dafür genutzt, sich inhaltlich und personell neu aufzustellen. Die alte Garde, die unter anderem für die schwarz-grüne Koalition einstand, musste abtreten. Inhaltlich wolle man sich für mehr Transparenz bei Entscheidungen stark machen. Die Bürger sollen mehr mitreden und Entscheidungen nachvollziehen können.
Vor allem die Bauprojekte in der Innenstadt waren immer wieder Thema am Wahlkampfstand. Künftig solle die Stadtgestaltung nicht nur von Investoren, sondern von Bürgerwünschen abhängen. Auch die Integration der Zuwanderer müsse verbessert werden. So sollen die Familien besser verteilt werden. Zudem soll es eine zentrale Anlaufstelle für Zuwanderer geben. Weitere Forderungen: Das Klinikum Duisburg soll in öffentlicher Trägerschaft bleiben, der „Armutssockel von 32 000 Bedarfsgemeinschaften“ abgeschmolzen werden.
Linke sind gegen Privatisierung und für Rekommunalisierung
Die Linken in Duisburg haben in allen sieben Stadtbezirken Ortsverbände, zählen um die 350 Mitglieder und sind aktuell mit sechs Abgeordneten im Stadtrat vertreten. Damit sind sie gemeinsam mit den Grünen drittstärkste politische Kraft in Duisburg.
Ihren Stimmenanteil konnten sie von 2004 (5,3 %) bei der Wahl 2009 kräftig auf 7,8 % steigern. Das Ziel für den Urnengang am Sonntag ist ein erneutes Wachstum des Wahlergebnisses auf „10 % plus X“.
Drei Säulen prägen die politische Arbeit, berichtet Sprecherin Daniela Zumpf: Soziales, Friedensarbeit und Antirassismus sind die beherrschenden Themen. Im neuen Stadtrat wollen die Linken den Abbau von Stellen, Standards und Leistungen für Bürger in der Stadtverwaltung verhindern, weitere Privatisierungen von Diensten soll es nicht geben, sondern die Partei will im Gegenteil eher Rekommunalisierungen fordern.
Geprägt werde die Partei vor allem durch enttäuschte SPD-Wähler und Agenda-Gegner, Gewerkschafter, Migranten und engagierte Bürger aus Initiativen, so Parteisprecherin Zumpf.
Info: www.dielinke-duisburg.de
FDP will ihre drei Mandate im neuen Rat verteidigen
Die FDP zählt in Duisburg knapp 200 Mitglieder und ist im Rat derzeit mit drei Sitzen vertreten (4,4 % bei der letzten Wahl). Die Liberalen möchten am Sonntag dieses Ergebnis und damit den Status als Fraktion verteidigen, sagt Kreisvorsitzender Holger Ellerbrock. Spitzenkandidaten auf der Reserveliste sind die amtierenden Ratsmitglieder Wilhelm Bies, Betül Cerrah und Frank Albrecht.
Wirtschaftsliberale und Bürgerrechtler prägten die FDP hier gleichermaßen, so Ellerbrock. Die Partei verfolge für Duisburg darum eine „rationale“ Politik. „Und wir erkennen es auch an, wenn andere etwas Vernünftiges machen – unabhängig von der Parteifarbe“, so Ellerbrock.
Im neuen Rat möchte die FDP die Privatisierung vorantreiben von städtischen Gesellschaften, Hafen, Klinikanteilen und Theater am Marientor. Erlöse aus den Verkäufen dieses „Tafelsilbers“ sollen Schulden tilgen und soziale Politik ermöglichen. Investitionen in Infrastruktur, Förderung des Ehrenamts und Schaffung neuer
Gewerbeflächen sind weitere wichtige Themen im Wahlprogramm.
Info: www.fdp-duisburg.de
Piraten hissen die Flagge
Die 2012 gegründeten Duisburger Piraten schicken sich an, auch im Rat den Piratenkopf für kommunale Politik zu hissen. Sie treten stadtweit an, Spitzenkandidatin ist die Kreisverbands-Vize Britta Söntgerath (51) aus Huckingen. Rund 150 Mitglieder zählen die Duisburger Piraten. Sie wollen „eine Bürgerbeteiligung die ihren Namen verdient“. Die Piraten fordern eine transparente und nachvollziehbare Ratspolitik, soziale Gerechtigkeit, bürgerorientierte Verwaltung. Ihr Wahlprogramm ist 22 Seiten stark, reicht von Stadtverwaltung sowie Recht und Ordnung über Arbeit bis zu Familie, Umwelt und Stadtentwicklung. Im besonderen Fokus stehen die „undurchsichtigen Verflechtungen der vielen Firmen und Organisationen“, die im Auftrag der Stadt arbeiten. Wahlziel: Sieben Prozent wie bei der Landtagswahl.
SGU will Fraktionsstärke
SGU: Das steht für sozial, gerecht und unabhängig. 2009 zog das Wählerbündnis mit ihrem Vorsitzenden Rainer Hagenbuck und einem Sitz erstmals in den Rat ein: Erklärtes Ziel diesmal: drei Sitze und damit Fraktionsstatus.
Keimzelle der SGU war der Duisburger Norden und der ehemalige SPD-Ratsherr Hagenbuck. Der 67-jährige ist wieder Spitzenkandidat. Die SGU mit rund 100 Mitgliedern tritt stadtweit an. Kernforderungen sind ein kommunales Bündnis für Arbeit und Ausbildung, Chancengleichheit, Stärkung der Stadtteile und mehr Bürgernähe.
AfD tritt auch lokal an
Die Alternative für Deutschland (AfD) spürt Rückenwind – und hofft auf drei Mandate bei der Kommunalwahl. Die Partei tritt in Duisburg in 26 von 36 Wahlbezirken an und will sich vor allem für mehr Sicherheit einsetzen. „Das Sicherheitsempfinden der Bürger hat durch die Vielzahl der Überfälle an Geldautomaten gelitten“, hat Holger Lücht, Sprecher des AfD-Stadtverbandes beobachtet. Auch die Zusammenarbeit von Ordnungsamt und Polizei solle verstärkt werden. Ein weiteres Thema sei die Ansiedlung von Firmen und Arbeitsplätzen.
Deine Stimme aus Homberg
Die beiden ehemaligen Mitglieder von Die Linke, Roland Busche und Margret Fink, sind die Köpfe der 20 Mitglieder starken Wählergemeinschaft „Deine Stimme“ (DS). Schwerpunkt der Wählergemeinschaft ist Homberg/Ruhrort/Baerl.
Zwei Mitstreiter stammen aus dem Duisburger Süden, daher tritt DS auch dort in zwei Wahlkreisen an. Hauptthema des Wahlprogramms ist die Basisdemokratie, DS will neue Formen der Bürgerbeteiligung ausprobieren. Inhaltlich fordern sie u.a. einen Abriss der „Weißen Riesen“ in Hochheide und die Prüfung einer Rückgemeindung Hombergs.
Internet: deine-stimme.blog.de
Ganz rechts außen
Stadtweit gehen die rechtsextreme NPD und die rechtspopulistische Pro NRW auf Wählerfang: Lügen haben nicht nur kurze Beine, sondern auch lange Leitern: Ihre Wahlplakate hängen meterhoch an den Laternenmasten.
Bürgerlich-Liberale
Die Wählergemeinschaft BL entstand 2007 „aus Idealisten und Realisten“, die in anderen Parteien oder bisher ungebunden mit der Stadtpolitik nicht zufrieden waren. 2009 zog die BL mit 1,5 % und einem Sitz in den Rat ein, arbeitete danach eng mit der SPD zusammen.
1,5 bis 2 % sind auch das Ziel für den Wahlsonntag. Im Parteienspektrum ordnet Vorsitzender und Ratsherr Peter Bettermann die BL als „klassisch sozialliberal“ ein, wobei ideologische Fragen nicht viel zählten: „Wir kümmern uns um die Belange der Ortsteile, um die kleinen Sorgen der Bürger vor Ort, um kaputte Straßen oder den Erhalt kleiner Grundschulen, die Verlandung des Töppersees oder die Nöte der Anwohner mit Zuwanderern in Rheinhausen, Hochfeld und Untermeiderich.“
Duisburger Alternative Liste
Die Duisburger Alternative Liste (DAL) entstand 2004, nachdem bei der Aufstellung der Ratskandidaten in den großen Parteien Migranten vor allem auf hinteren Plätzen gelandet seien. „Darum kümmern wir uns jetzt selbst um unsere Interessen“, sagt Vorsitzender Rainer Grün.
2004 und 2009 konnte die DAL (zuletzt mit 1,2 % der Stimmen) je ein Ratsmandat erringen, diesmal hoffen die Spitzenkandidaten Rainer Grün, Ayhan Yildirim und Dilek Özdemir auf 2,5 bis 3 %. Die Politik der DAL nennt Grün „ideologiefrei und nah am Leben“. Konkrete Ziele seien bessere Wirtschaftsförderung, mehr Unternehmensansiedlungen, Bau des Factory-Outlet-Centers und Senkung der „viel zu hohen Gewerbesteuer“. Die Wählergemeinschaft zählt 25 Mitglieder, sei in der praktischen Arbeit offen für alle, die sich engagieren wollen.
Bürger-Union
Die Bürger-Union gründete sich vor zehn Jahren aus einem kleinen Kreis unzufriedener Bürger und landete 2004 mit 3,1 % und zwei Mandaten einen Überraschungserfolg. 2009 gab es nur 1,2 %, Ratsherr blieb Knut Happel, der auch am Sonntag Spitzenkandidat der BU ist. Bewegt habe die Gründer seinerzeit „Stillstand und Niedergang der Stadt“. Daran hat sich wenig geändert. Happel: „Wir wollen als Bürger im Rathaus ohne Ideologie und rein an Sachthemen orientiert mitarbeiten.“
Junges Duisburg
„Junge“ Themen sind es, die Junges Duisburg im Wahlkampf betonte. Ziel: drei Mandate, also Fraktionsstärke. Das „Monheimer Modell“ haben sich die Jung-Politiker um Ratsherrn Stephan Krebs angesehen, wollen durch Senkung der Gewerbesteuer neue Arbeitgeber locken, Firmen-Wegzüge verhindern. Senkung oder Abschaffung der Kindergartengebühren, Bau von Studentenwohnheimen und der Ausbau der Nachtbusse sind weitere Forderungen.
Migranten kandidieren
Mit der Liste „Aktive Bürgerinitiative“ (ABI) und der „Duisburger Sozial Politik“ (DSP) kandidieren zwei Migrantengruppen für Stadt- und Integrationsrat. Die ABI ist im Internet mit einer Facebook-Seite vertreten, die DSP mit einer türkischsprachigen Seite.