Duisburg. .

Dass der Rat nach jahrelanger Debatte im November fast einstimmig Ja gesagt hat zum Zentrum für Erinnerungskultur, hat Kulturdezernent Thomas Krützberg gefreut: „Es war eines der Projekte, die ich an die oberste Stelle gesetzt habe.“ Das Zentrum zwischen Stadtmuseum und Stadtarchiv entsteht schrittweise.

2015 soll die Einrichtung der „Geschichtswerkstatt“ abgeschlossen werden, dann die Umgestaltung der Räume des Museums der Stadt Königsberg beginnen. Dr. Susanne Sommer, die als Leiterin des Stadtmuseums das Konzept erarbeitet hat, und Stadtarchivleiter Dr. Andreas Pilger betreuen das Projekt.

Andere Städte haben Gedenkstätten, Duisburg ein Archivgebäude. Ist das ein Problem?

„Es mag ein Nachteil sein, aber markante Orte geben auch eine bestimmte Blickrichtung vor. Wir habe hier eine größere Freiheit, das Thema offen stadtgeschichtlich anzugehen“, sagt Pilger. Sommer findet die Lage „absolut ideal“ – in der Nähe des Rathauses, im Archiv als „historischem Gedächtnis der Stadt“, direkt am Stadtmuseum.

Sieht das Archivgebäude nicht sehr heruntergekommen aus?

Es sei ein „schöner Nebeneffekt“, dass mit der Einrichtung des Zentrums auch das Archiv ansehnlicher werde, so Sommer. Künftige Nutzer sollen spüren, dass sich „jemand Mühe gemacht“ habe. „Das ist keine Alibiveranstaltung“, betont Sommer. Im ersten Schritt wolle man sich auf Kinder und Jugendliche konzentrieren. „Die Atmosphäre soll etwas Einladendes haben“, sagt Pilger.

Für Kinder und Jugendliche liegt die NS-Zeit sehr weit zurück. Wie kann man sie ihnen nahe bringen?

„Sie ist nicht nur weit weg, sondern auch medial überformt“, sagt Pilger. „Die Medien zeigen Bilder von Massenaufmärschen und vom Führer, der komisch wirkt. Er ist aber gar nicht komisch.“ Im Erinnerungszenrum solle ein authentisches Bild abseits der NS-Propaganda gezeichnet werden. Deswegen habe sie den „biografischen Ansatz“ vorgeschlagen, so Sommer. Die Kinder und Jugendlichen sollen nicht frontal mit dem Geschehen konfrontiert werden, sie sollen sich vielmehr einfühlen können in Verfolgte, Täter und Mitläufer. „Über diese Schiene sind Jugendliche zu kriegen“, sagt Pilger. Und auch aktuelle Verhaltensweisen wie der geplante Aufmarsch von Rechtsextremisten zum 1. Mai sollen aufgegriffen werden.

Wie kann man Jugendlichen mit ausländischen Wurzeln das Thema NS-Vergangenheit vermitteln?

Zum Beispiel über die Frage, wie Menschenrechte ausgehebelt werden – und wo man wachsam sein muss, erläutert Sommer. Impulse werden auch die neuen, jungen Mitarbeiter geben: Ein Politikwissenschaftler und eine Museumskraft aus der Gedenkstättenarbeit wurden eingestellt.

Kommt Duisburg mit seinem Zentrum nicht reichlich spät?

„Das Thema hat eine lange Tradition in Duisburg, es hat eine intensive Auseinandersetzung gegeben“, so Pilger. Man könne zum Beispiel anknüpfen an den 7. Mai, an dem der Ermordung von Gewerkschaftern 1933 gedacht wird. Auch das jüdische Leben, das in Duisburg eine große Rolle gespielt habe, sei intensiv erforscht worden. „Aber es ist unglaublich, wie wenige Spuren jüdischen Lebens erhalten geblieben sind“, so Sommer. Wenn man genau hinsehe, finde man allerdings Stücke. Es sei ihr als Museumsleiterin ein besonderes Anliegen gewesen, die Keramiksammlung, die eine jüdische Familie hinterlassen hat, auszustellen. „Wir suchen heute einen menschlicheren Zugang als über die Horrorbilder, die meine Generation geprägt haben.“