Walsum. Mit Gitarre und Cajòn, der praktischen Kistentrommel, steht ein wackeres Häuflein von Antifaschisten am Sonntagmorgen auf dem Alt-Walsumer Friedhof am Denkmal für die Märzgefallenen.
Mit Gitarre und Cajòn, der praktischen Kistentrommel, steht ein wackeres Häuflein von Antifaschisten am Sonntagmorgen auf dem Alt-Walsumer Friedhof am Denkmal für die Märzgefallenen.
Auf dem Ehrengrab für die gefallenen Arbeiter der Ruhraufstände von 1920 leuchtet der rote Sowjetstern in der Sonne. Brigitte Ehrensperger von der Bergarbeiterinitiative „Kumpel für AUF Walsum“ stellt ein Blumengesteck daneben.
Sie erinnert an die systematische Ausschaltung der Arbeiterbewegung und nennt den Faschismus „die bestialischste Form der Ausbeutung und Unterdrückung“. Sie sagt: „Es ist eine ungeheure Provokation, dass NPD und Pro NRW zum 1. Mai in Duisburg und anderen Städten zu Aufmärschen aufrufen“.
Da hilft nur lauter und deutlicher Widerspruch, darüber sind sich die Mitglieder der „Initiative Erinnern gegen rechts“, die „Kumpel für AUF“, die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) und die Sängerinnen des Chores „Todo Cambia“ einig. Zusammenhalten, die Lehren aus der Vergangenheit ziehen und den Faschismus in jeder Form bekämpfen, dazu wollen sie beitragen.
Vom Ehrengrab sind es nur wenige Schritte, bis zum Gräberfeld der Zwangsarbeiter. Fast 50 Grabsteine mit verblassten kyrillischen Inschriften erinnern an die russischen Männer die zwischen 1941 und 1945 zwangsweise auf der Walsumer Zeche arbeiten mussten. Jeder Stein steht für einen, der seine Heimat nie wiedergesehen hat.
Der Grüne Franz Tews aus der Walsumer Bezirksvertretung blickt sich um. „Nichts gegen uns ergraute Kämpfer“, sagt er mit einem Lächeln, „ aber wir müssen an die Jugend ran.“ Er schildert als VVN -Mitglied die Fortschritte, die der Arbeitskreis des neuen NS-Dokumentationszentrums im Haus Königsberg macht. Ihm ist das Zentrum, das hoffentlich von vielen Schulklassen besucht werden wird, eine Herzensangelegenheit.
Wie wichtig Erinnerungskultur ist, erklärt er am Beispiel der Zwangsarbeit. Bis in die neunziger Jahre sei das Thema in Deutschland tabuisiert gewesen. Der Walsumer Heimatverein verschweige die Sache bis heute ganz konsequent. Tews: „Da wurden jeden Tag 3000 Zwangsarbeiter durch das Dorf Walsum zur Zeche geführt .Wenn man heute danach fragt, dann hat sie keiner je gesehen. Sie waren wie ein Schatten. Da wird doch immer noch Vieles verdrängt“.
Die Antifaschisten haben es nicht so mit der Stille. Sie stimmen die Zwangsarbeiterballade an. Das Lied von den Moorsoldaten schallt über den Friedhof.
„Ich meine ja, wir hätten kräftiger gesungen als letztes Jahr“, meint Tews. Die Sonne bringt es an den Tag.