Duisburg. Verunsicherte Anrufer melden sich vermehrt wegen Haustürgeschäften zum Stromanbieterwechsel bei der Verbraucherzentrale in Duisburg, die derzeit bis zu fünf Anrufe pro Woche zu diesem Thema verzeichnet. Eine voreilige Vertragsunterschrift kann unangenehme Folgen haben, wie ein aktueller Fall zeigt.

Die Verbraucherzentrale Duisburg verzeichnet derzeit vermehrt Meldungen wegen Haustürgeschäften zum Stromanbieterwechsel. „Vier bis fünf Anrufe vor allem von verunsicherten älteren Menschen haben wir momentan in der Woche“, sagt Beraterin Paulina Wleklinski auf Anfrage. Solche Geschäfte seien grundsätzlich nicht illegal, aber mit Vorsicht zu genießen. Eine voreilige Vertragsunterzeichnung könne unangenehme Folgen haben.

Diese Erfahrung hat auch der Duisburger Hans-Jürgen Lehmann machen müssen. Nicht er, aber seine Mutter (92), langjährige Stadtwerke-Kundin, habe sich von Vertretern im Auftrag von Vattenfall zu einem Stromanbieterwechsel zum 1. Augst 2013 überreden lassen.

Widerrufsrecht

Hans-Jürgen Lehmann kann seine Mutter überzeugen, vom gesetzlich festgeschriebenen 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Der Widerruf wird von Vattenfall bestätigt. Lehmann hakt die Angelegenheit ab, wähnt seine Mutter weiter bei den Stadtwerken, bis er erfährt, dass sie vor einigen Wochen in einem erneuten Haustürgeschäft einen Vertrag beim Stromanbieter „lekker“ unterschrieben hat. Dem Widerruf wird wieder stattgegeben. Allerdings fällt Hans-Jürgen Lehmann in diesem Zusammenhang eine ihm bis dato unbekannte Schlussrechnung der Stadtwerke an seine Mutter, datiert vom 2. August 2013, in die Hände.

Lieferantenwechsel

Der Duisburger fällt aus allen Wolken, als ihm die Stadtwerke und auch die Netzgesellschaft nun mitteilen, dass seine Mutter seit Anfang August und noch bis Ende März dieses Jahres Kunde von Vattenfall sei. „Dabei hat Vattenfall mir bestätigt, dass die Bestätigung des Vertragswiderrufs auch an die Stadtwerke gegangen ist“, so Lehmann. „Vattenfall hat ja bis heute keine Abschläge einbehalten.“

Ein Sprecher der Netzgesellschaft versucht, auf Anfrage Licht ins Dunkel zu bringen. „Sobald ein Lieferantenwechsel angestoßen wird, reicht es nicht aus, wenn Vattenfall den Vertragswiderruf an die Stadtwerke schickt.“ Auch sei eine wirksame Abmeldung bei der Netzgesellschaft notwendig. Das sei aber nicht geschehen. „Alle Stromanbieter für Duisburg bekommen zudem jeden Monat eine Übersicht über ihren Kundenstamm“, so der Sprecher. Vattenfall hätte demnach sehen können oder müssen, dass die Mutter von Hans-Jürgen Lehmann noch Kundin sei.

Der Stromanbieter „lekker“ habe hingegen nicht nur den Vertragswiderruf bestätigt, sondern eine wirksame Abmeldung bei der Netzgesellschaft veranlasst. Durch den angestoßenen Lieferantenwechsel sei auch der Vertrag mit Vattenfall hinfällig. Die Mutter von Hans-Jürgen Lehmann stehe damit zum 1. April erst einmal ohne Stromanbieter da und werde zunächst in den Grundversorgertarif eingestuft – bei den Stadtwerken.

Lehmann kann über die augenscheinlich hoch komplizierte Vertragssituation nur den Kopf schütteln, ist gespannt, ob seine Mutter jemals eine (Schluss-)Rechnung von Vattenfall erhält und wünscht sich nur, „dass sie wieder ihren alten Stadtwerketarif bekommt“.

Verbraucherzentrale: Vertrag in Ruhe prüfen 

Haustürgeschäfte sind grundsätzlich nicht illegal. Schwarze Schafe gibt es aber auch in diesem Bereich. Wie die Verbraucherzentrale Duisburg mitteilt, habe ein Anrufer berichtet, dass sich Vertreter bei ihm als Stadtwerke-Mitarbeiter ausgegeben hätten. Es ginge darum, einen Blick auf die Jahresrechnung zu werfen, um den Stromtarif gegebenenfalls optimieren zu können. Am Ende sei ein Vertrag eines ganz anderen Anbieters vorgelegt worden. Ein Sprecher der Stadtwerke verweist darauf, dass das Unternehmen solche Haustürgeschäfte grundsätzlich nicht durchführe.

Hans-Jürgen Lehmann berichtet im beschriebenen Fall seiner Mutter, dass sowohl die Vertreter von Vattenfall als auch später von „lekker“ nach der Unterzeichnung keine Vertragskopie hinterlassen hätten. Das sei unseriös, so Lehmann.

Nicht überrumpeln lassen

Paulina Wleklinski von der Verbraucherzentrale empfiehlt, sich bei einem Haustürgeschäft nicht überrumpeln zu lassen, sondern in Ruhe zu prüfen, ob der jeweilige Vertrag unterzeichnet werden soll.

Beratungen zum Widerrufsrecht und weitere Informationen zum Thema gibt es bei der Verbraucherzentrale unter 0203/36 22 49.