Duisburg. Die Reaktionen auf die Abspaltungspläne der Stadtteile Homberg, Baerl und Ruhrort fallen sehr unterschiedlich aus. Während einige den Antragsstellern Populismus und Stimmenfang vor der Kommunalwahl vorwerfen, freut man sich in Moers. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link dagegen gibt sich wortkarg.

Nein, Duisburg steht nicht vor der Auflösung, vor der Abspaltung des Stadtwestens. Doch der in der Bezirksvertretung Homberg/Baerl/Ruhrort beschlossene Prüfauftrag zum Stadtteil-Austritt aus Duisburg schlägt Wellen wie der die Stadt trennende Rhein.

Eher wortkarg gibt sich Oberbürgermeister Sören Link. „Der Antrag von ,Deine Stimme’ ist ein weiteres Beispiel dafür, dass der Wahlkampf eröffnet wurde. Wenn es um eine sachliche Auseinandersetzung gegangen wäre, hätte ein Blick in die Gemeindeordnung des Landes NRW helfen können, diesen Prüfauftrag zu vermeiden“, misst er dem linksrheinischen Anliegen keine größere Bedeutung bei.

In Moers freut man sich hingegen. „Uns liegen die Baerler und Homberger sehr nahe. Sie sind uns herzlich willkommen. Baerl hat ja immerhin schon unsere Vorwahl“, verkündet Thorsten Schröder, Stadtsprecher von Moers. Gleichwohl wisse man, wie schwierig eine Kommunalreform sei. Die freie Bürgergemeinschaft „Die Grafschafter“ habe im vergangenen Jahr nämlich selbst versucht, Moers vom Kreis Wesel abzuspalten. „Das ist ein emotionales Thema, rechtlich und technisch dürfte es allerdings schwierig werden“, so Schröder. In die gleiche Kerbe schlägt auch Lars Rentmeister, beim Kreis Wesel zuständig für Kommunalaufsicht. „Wir sind ein gastfreundlicher Kreis. Allerdings haben wir uns noch gar nicht mit dem Thema befasst. Es sind noch viele Schritte, bis dieser Wunsch Wirklichkeit würde“, kennt Rentmeister die Hürden. Am Ende wäre es denn auch keine kommunale Entscheidung mehr, sondern müsste vom Land gefällt werden. In der Tat müssten wie berichtet u.a. Landesgesetze geändert werden.

Noch immer keine einheitliche Telefonvorwahl

Während das „Politische Duisburg“ der Antragstellerin, Ex-Linken und „Deine-Stimme“-Frontfrau Margret Fink, unisono reinen Populismus und Stimmenfang vor der Kommunalwahl vorwirft, verteidigt Klaus Radny, CDU-Fraktionschef in der Bezirksvertretung seine Zustimmung: „Der Prüfauftrag hat Staub aufgewirbelt. Das ist ein Warnsignal. Wir sind hier Bürger 2. Klasse. Das Rathaus und der Oberbürgermeister lassen uns hängen“, klagt er und verweist darauf, dass auch fast 40 Jahre nach der kommunalen Neuordnung die Eingemeindung nicht stattgefunden habe: Gelder flössen an den linksrheinischen Stadtteilen wie Homberg vorbei, es gebe immer noch keine einheitliche Telefonvorwahl, Baerl habe gar die Moerser und die Verkehrsverbindung über den Rhein sei schlecht, auch die Kirchen hätten die Einheit immer noch nicht geschaffen.

Radny steht in der Gesamt-CDU freilich eher alleine da. CDU-Parteichef Thomas Mahlberg spricht von einem „Alleingang“, Ratsfraktionschef Rainer Einzweiler lässt durchblicken, dass man mit dem Homberger Unions-Freund „noch mal reden müsse“. Gleichwohl gebe es offenbar Unzufriedenheiten vor allem in den linksrheinischen Stadtteilen, die man ernst nehmen müsse.

Bezirksbürgermeister: „Der Westen wird nicht benachteiligt“ 

Mangelnde Heimatverbundenheit kann man Udo Vohl wahrlich nicht nachsagen. Er ist immerhin Vorsitzender des Heimatvereins Historisches Homberg, der das kleine Heimatmuseum ebenso pflegt wie die Geschichte Hombergs, die bis auf die erste urkundliche Erwähnung 855 als „Hohonberg“ zurückgeht. Aber was da jetzt läuft, bezeichnet der SPD-Politiker als „spinnerte Idee“.

„Da versucht jemand nur Aufmerksamkeit zu erreichen“, kann er Margret Fink nicht ernst nehmen. Wie auch SPD-Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann sieht er da auch eine unselige Allianz zwischen der CDU und der Gruppierung „Deine Stimme“. Also alles nur Parteigedöns auf sublokaler Ebener? Vohl leugnet nicht, dass es auch Unzufriedenheiten gibt, aber eine Benachteiligung des Linksrheinischen sieht er nicht. „Ich möchte auch nicht wissen, wo Homberg stünde, wenn es nicht 1975 zu Duisburg gekommen wäre. „Ich fühle mich als Duisburger“, betont der Homberger Vohl.

Bezirksbürgermeister Paschmann räumt ein, dass viele Homberger sagen, sie fahren nach Duisburg, wenn sie die Innenstadt meinen. Und viele der Älteren wollten 1975 die Eingemeindung der damals zum Kreis Moers gehörenden Stadt nicht. Aber gibt es ernsthafte Alternativen? Allein sei Homberg nicht lebensfähig und Moers habe ebenso Schulden wie Duisburg. „Für uns würde sich nichts ändern“, glaubt Paschmann und widerspricht, dass Homberg benachteiligt wird – ebenso wenig wie das beschaulich-grüne Baerl, das zweifelsohne räumlich und wie traditionell noch weiter weg ist von Duisburg.

"Duisburg als Ganzes begreifen"

Paschmann zählt auf: In die Homberger Glückaufhalle wurde weit über eine Million Euro Duisburger Stadtgeld investiert, das Kombibad bleibt, freilich erst nach Druck durch eine Bürgerinitiative, erhalten; jetzt sollen Millionen in die Sanierung von Hochheide und seinen maroden Hochhäusern fließen: „Wir werden nicht abgehängt“, unterstreicht Paschmann und erzählt, dass Margret Fink bei einer Veranstaltung in Baerl mit ihrer Abspaltungsidee Anfang März nur leises Gelächter und kopfschüttelnde Ablehnung erfahren hatte.

Bezirksamtsleiter Jürgen Scherhag hält sich als „neutraler“ Stadtbediensteter mit politischen Bewertungen zurück und betont nur: „Hier werden Straßen genauso repariert wie überall in der Stadt, Schulen und Spielplätze nicht anders instand gehalten.“ Er glaubt: Bei den Jüngeren spiele die Frage der Zugehörigkeit zu Duisburg überhaupt keine Rolle.

Mahmut Özdemir dürfte mit seinen 26 Jahren zu den jüngeren gehören, er ist sogar zurzeit der jüngste Bundestagsabgeordnete. Der Homberger SPD-Ortsvereinsvorsitzende fühlt sich als Duisburger durch und durch. Und zugleich als Homberger. „Natürlich ist eine lokale Identität wichtig, aber ich begreife Duisburg als Ganzes. „Da wird mit Klischees gespielt und werden Vorurteile geschürt, die jede Grundlage vermissen lassen, und zugleich an unser Gemeinwesen die Axt angelegt“, empört er sich über die geschürten Abspaltungsszenarien aus der Bezirksvertretung. „Viel nehmen und nichts geben, das geht nicht.“