Duisburg. Als die Duisburger Baufirma Wehr & Söhne kürzlich ihr Lager aufräumte, stolperte sie über hölzerne Zeitzeugen. Maurerpolier Heinz Plattke erinnert sich an die Jahre, als die Schilder benutzt wurden.
Wer beim Kelleraufräumen schon mal über alte Schwarz-Weiß-Fotos gestolpert ist und von Hüten, Roben und großen Frisuren alter Tage ganz nostalgisch gestimmt wurde, der kann sich vorstellen, was für alte Schätze ein Traditionsunternehmen ausgräbt, das über 100 alt ist. Die schönsten Fundstücke vom Speicher hat sich die Baufirma Wehr & Söhne nun in den Hof gehängt: Es sind Schilder, die Stadtgeschichten erzählen.
Zwei Weltkriege, Inflation und Währungsreform – die Baufirma an der Wanheimer Straße, 1906 gegründet, hat schon so ziemlich alles erlebt (und überstanden), worüber es sich zu erzählen lohnt. Ein altes Speisfass gab erst kürzlich Berge akkurater Bauzeichnungen aus der Vorkriegszeit preis. „Erstellt hat sie mein Onkel“, sagt Matthias Wehr, Enkel der Gründergeneration, „er ist im Krieg gefallen. Wir haben für die Sachen keine Verwendung, aber bringen es auch nicht übers Herz, sie wegzuwerfen.“
Holzplanken mit Patina
Heute ist Maurerpolier Heinz Plattke noch einmal zu Besuch. 48 Jahre hat er für die Firma Wehr gearbeitet. Im Hof will er sich den jüngsten Speicherfund anschauen: Vier Schilder, die, das erkennt der 77-Jährige auf den ersten Blick, aus den Fünfzigern stammen. „68 Wohnungen für Flüchtlinge und Umsiedler“ preist die eine beschrifte Holzplanke ein Wehr’sches Bauprojekt von der Brückenstraße an, daneben gibt es zwei Mal das Firmenlogo mit historischer Patina und Typographie. Am besten kann der Senior sich allerdings an die Schilder „Maurer gesucht“ erinnern.
Aufruf: Weitere alte Schilder aus Duisburg gesucht
Haben auch Sie noch alte Schilder im Keller oder einer Lagerhalle liegen, die ein historisches Stück Duisburg zeigen?
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„Davon hingen früher mehrere an jedem Baugerüst“, erzählt Plattke, „denn Maurer waren knapp.“ Man bekam sogar Provision, wenn man einen Mann vermittelte, der mit Mörtel und Kelle tadellos umzugehen wusste. Der Rentner selbst hat 1955 bei Wehr & Söhne als Maurerlehrling angefangen. „Wir waren Umsiedler aus Oberschlesien“, sagt Plattke, „ich zog mit 17 Jahren allein ins Lehrlingsheim nach Hochfeld, während meine Mutter erst einmal in Oldenburg zurückblieb.“ 1,90 Mark Stundenlohn bekam er nach der Ausbildung, bald sogar zwei Mark.
Trümmer putzen, Mörtel sieben
Die Schilder, die die jungen Kollegen nun ausgegraben haben, bringen Heinz Plattke viele alte Erinnerungen zurück. Daran, dass lange Bäume für Gerüste mit dem Handkarren durch den Uhlenhorst gezogen werden mussten, weil es kein passendes Vehikel für die Ungetüme gab. Er weiß, woher die Rillen unter dem Torbogen der Einfahrt stammen („Damit die Lastenpferde, die vom Hof den Kies holten, nicht ausrutschten.“) und dass das erste Firmenfahrzeug ein Tempo-Dreirad war. In seiner Lehrzeit hat Plattke nicht einen neuen Stein in der Hand gehalten, dafür aber jede Menge Trümmer geputzt und selbst noch Mörtel aus Ruinen gesiebt, um Sand zu gewinnen. Betriebsausflüge wurden mit Hut und Krawatte absolviert und klangen bei Tanz im „Bienenkorb“ aus. „Das Gehalt gab es bar vor dem Wochenende, in einer echten Lohntüte“, so der 77-Jährige.
Jenen Handkarren, den Wehr-Enkel Matthias heute liebevoll als „Hochfeld-Express“ verspottet, haben mittlerweile die Holzwürmer übernommen, die Schilder aber hängen im Hof, erinnern an Duisburgs frühe Zuwanderer und die Personalnot am Bau. „Das 50-Jahre-Schild ‘Maurer gesucht’ könnten wir 2014 problemlos wieder verwenden“, so der Junior. In dem dem Gewerk herrscht Talentebbe, mal wieder.