Duisburg. Einem 65-jährigen Rechtsbeistand wird vorgeworfen ,sich als Rechtsanwalt deklariert zu haben. Das dürfen Juristen, die nur das erste Staatsexamen haben, aber nicht. Und deshalb stand der Mann jetzt selbst vor Gericht.

Wenn jemand die Berufsbezeichnung Rechtsbeistand führt, dann gehört er einer aussterbenden Zunft an. Bundesweit gibt es davon nicht einmal mehr 300. Rechtsbeistände sind Juristen, die nur das 1. Staatsexamen haben. Sie sind Mitglied der Anwaltskammer, dürfen fast alles, was ein Anwalt darf, außer vor dem Landgericht auftreten - und sie dürfen sich nicht Rechtsanwalt nennen. Genau das wird einem 65-jährigen Rechtsbeistand aus Duisburg vorgeworfen.

In zweiter Instanz muss sich das Landgericht mit dem kuriosen Fall befassen. Beim Versenden des Entwurfes einer Klageschrift an einen Prozessgegner soll der 65-Jährige im Juli 2011 die Zeile „Prozessbevollmächtigte“ so gefasst haben, dass der Eindruck entstand, nicht nur seine Sozia, sondern auch er selbst sei Rechtsanwalt. Das Amtsgericht hatte ihn im April 2013 wegen Missbrauchs einer Berufsbezeichnung zu einer Geldstrafe von 3000 Euro (30 Tagessätze zu je 100 Euro) verurteilt.

Verfahrenseinstellung gegen Zahlung eingestellt

Das Angebot einer Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldbuße hatte der Jurist abgelehnt. Er sei sich keiner Schuld bewusst, rechtfertigte er sich gestern vor der Berufungskammer. Er könne nicht bestreiten, dass es so im Schreiben stehe. „Aber wenn ich 70 Briefe pro Tag rausschicke, schaue ich doch nicht mehr auf den Briefkopf und die Formalien, sondern nur auf den Inhalt des Textes - für den bin ich nämlich regresspflichtig.“ Das Versehen müsse bei der Schreibkraft gelegen haben. „Ich weiß nicht, wie das in das Schreiben kam. Und wo sollte mein Motiv liegen?“

Eher scheint da das Motiv jener erkennbar, die den 65-Jährigen anschwärzten. Der vertritt nämlich mehrere Mandanten, die als Kinder und Jugendliche in einem kirchlichen Internat missbraucht worden waren. Kaum war das zu beanstandende Schreiben raus, bekam die Anwaltskammer einen Tipp.

Das Verfahren soll in zwei Wochen fortgesetzt werden. Dann soll die damalige Schreibkraft als Zeugin vernommen werden.