Duisburg. Seit 109 Jahren halten in der St. Maximilian Kirche in Duisburg an Heiligabend zwei Engel das Band mit der Inschrift “Gloria in excelsis Deo“ und unter diesem liegt das Jesukind. Damit das eindrucksvolle Kunstwerk jedes Jahr erneut beeindrucken kann, sind viele Hände nötig, die helfen es aufzubauen.
„Gloria in excelsis Deo“ - „Ehre sei Gott in der Höhe“: So steht es geschrieben seit 1904. Zumindest in der St. Maximilian Kirche in Ruhrort. Dort nämlich halten seit 109 Jahren an Heiligabend zwei Engel das Band mit der Inschrift und unter ihnen liegt Jesus in der Krippe. Doch bis das traditionsreiche Kunstwerk eines Krippenschnitzers aus Kevelaer rechts vom Altar in St. Maximilian als eindrucksvolles Kunstwerk die Geschichte der Geburt Jesu erzählt, müssen viele Hände anpacken und mitpuzzeln.
Kurz vor Heiligabend treffen sich in Ruhrort jedes Jahr gut ein Dutzend Menschen: Die Krippenbauer. Ihr „Chef“ ist seit gut zehn Jahren Peter Beierle, auch wenn der immer betont, dass hier ein Team am Werk ist. Ein gutes Team, denn als die NRZ in der Kirche ankommt, um beim Aufbauen zuzuschauen und nach dem „Chefbauer“ fragt, heißt es kurz und knapp: „Der ist auf dem Turm“. Was soviel heißt wie Peter Beierle schmückt den Weihnachtsbaum in luftiger Höhe auf dem Kirchturm, ist also im Moment gar nicht bei seinen Mannen.
Krippe ist ein Riesenpuzzle
Macht aber nichts, der Rest weiß was zu tun ist. Zumindest so ungefähr. Die Ruhrorter Krippe mit ihren bis zu 1,50 Meter großen Figuren ist nichts anderes als ein Riesenpuzzle, das jedes Jahr neu zusammengesetzt werden muss. Nicht jeder kennt alle Handgriffe und Kniffe, aber irgendeiner weiß halt immer Bescheid.
So wie Manfred Bullert, der war „Krippenbau-Chef“ von 1972 bis 1999 und kommt auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Küsters in St. Maximilian immer, um beim Krippenaufbau zuzusehen. Zumal seine bessere Hälfte Maria eine nicht unwesentliche Aufgabe beim Krippenbau hat: „Ich bin für die Schnittchen zuständig.“ Wichtiger Job, ganz eindeutig. Und dann sagt sie noch: „Einer verunglückt immer.“
Damit sind jetzt nicht die Krippenbauer gemeint, sondern die Figuren. Und so erzählt Manfred Bullert aus vergangenen Tagen: „Da sagt die Maria: Dieses Jahr ist nix passiert, dreht sich um und haut dabei dem Hirten den Finger ab.“ Autsch, aber mit etwas Heißkleber und Leim wieder heilbar. Ein Blick auf die Hände der Hirten beweist: Es war nicht der einzige Unfall dieser Art. Um vor allem einen gefährdeten Finger zu schützen haben die Krippenbauer extra einen „Transportgips“ gebaut, der erst abgenommen wird, wenn der Hirte an seinen vorgesehenen Platz gestellt wird. Das hat in diesem Jahr gut geklappt. Dafür hat es das Ohr eines Schafes erwischt. Ankleben und weiter machen. Der Kommentar eines Krippenbauers: „Die Krippe hält nur noch mit Pattex zusammen“ ist leicht übertrieben.
Kniffe beim Aufbau
Christoph Gähler derweil müht sich mit den Engeln ab, die per Gestänge über Josef, Maria und dem Kind schweben. Das Gestänge will einfach nicht am Dachbalken einrasten und der Mann steht sehr, sehr gestreckt auf einer Leiter. „Da müssen zwei kleine Stege oben auf dem Balken sein. Dazwischen muss das Gestänge“ kommt der Ratschlag eines Mitbauers. Keiner kennt alle Kniffe beim Aufbau, aber jeder mindestens einen. So setzt sich langsam zusammen, was zusammen gehört.
Manfred Bullert hat derweil noch eine Anekdote auf Lager. „Unser Verkündigungsengel hatte immer eine Kerze in der Hand. Da kommt eine Oma mit ihrem Enkel an. Der zeigt auf den Engel und sagt: Guck mal, da ist E.T.“
Daten und Fakten zur Ruhrorter Krippe
Die Krippe von St. Maximilian wurde 1904 in Kevelaer von Jakob Holtmann geschnitzt. Niemand hat bisher gezählt, wie viele Teile sie eigentlich hat. Aber es sind eine Menge. Eine baugleiche Krippe steht im Osnabrücker Dom.
Eine Nummer kleiner, aber ansonsten identisch ist die Krippe der Homberger Gemeinde St. Peter in den Haesen.
Peter Beierle ist mittlerweile vom Baumaufstellen und Lichterketten anbringen auf dem Kirchturm zurück und schaut sich den Baufortschritt an. Der Chef scheint zufrieden. Hinter der Krippe stehen die heiligen drei Könige. Dort werden sie auch bis Anfang Januar stehen bleiben, das ist Peter Beierle wichtig. An Heiligabend, ist der Mann überzeugt, haben die Weisen aus dem Morgenland im Stall zu Bethlehem noch nichts verloren. Genauso wie es seinem Vorgänger Manfred Bullert wichtig war, dass der Stern auf dem Giebel direkt beim Aufbauen angebracht wird: „Der Pastor wollte den Stern immer erst Heiligabend drauf haben.“ Die beiden fanden dann einen Kompromiss. Ein Jahr kam der Stern sofort aufs Dach, das nächste Jahr erst Heiligabend.
"Mit der Krippe aufgewachsen"
Was ist eigentlich das Schöne am Krippenbauen, Herr Beierle? „Die Gemeinschaft, das Miteinander“ kommt es wie aus der Pistole geschossen. Das mache einfach Spaß, dass hier generationsübergreifend etwas gemacht werde, dass die Alten und die Jüngeren zusammen arbeiten. „Ich bin ja mit der Krippe aufgewachsen“, erzählt der 48-jährige Ruhrorter Familienvater. Weihnachten ohne Krippe wäre für ihn wahrscheinlich undenkbar, für viele andere Ruhrorter auch.