Duisburg. Willkommenskurse führen kleine Neuankömmlinge an Schulsystem und deutsche Sprache heran. Ziel ist es, die Zeit sinnvoll zu überbrücken, bis sie einen Schulplatz bekommen. Lesen, Alltagssituationen, still Sitzen: Lehrer Ralf Reddmann kämpft sich mit den Kindern über viele Hürden.
Überpünktlich und erwartungsvoll knubbeln sich die Kinder nachmittags im Flur der Globus Gesamtschule. Sie warten auf das Unterrichtsende, denn erst dann kommt ihre Zeit: Erst wenn die 6e ihre Plätze geräumt hat, sind die Neu-Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, aus Polen, Mazedonien und Gott-weiß-woher dran. Jeden Nachmittag gehen sie in den „Willkommenskurs“, in dem sie Deutsch lernen. Nicht nur die Sprache, auch kulturelle Besonderheiten stehen dann auf der Agenda, auch Ausflüge in die Umgebung, in ihre neue Heimat, gehören zum Lehrplan.
Mit Händen und Füßen sprechen
Ralf Reddmann ist ihr Held. So wird der Lehrer jedenfalls von den Kindern begrüßt – begeistert, und auf Deutsch, das können sie nach drei Wochen Kursdauer schon. Im Treppenhaus geht der Unterricht gleich los, die Kinder reden mit Händen und Füßen und ihren Bröckchen Deutsch, umringen Reddmann, der mit dem kleinen Tross Richtung Klasse marschiert.
Dann geht es los: Thema Uhrzeit, auch Zahlen sind wichtig, als Vorbereitung für das nächste Thema: Einkaufen, Preise benennen, dabei gleich ein bisschen Mathematik einfließen lassen und den Warenkorb berechnen. Reddmann erklärt, fragt - und lobt: „Perfekt!“, „Sehr schön!“, „Gut gemacht!“ und erntet pausenlos glückliche Gesichter.
Von der Hauptschule bis zum Gymnasium
Offiziell gelten die Willkommenskurse als sozialpädagogische Maßnahme, sind keine Schulersatzlösung. Die Kinder hier gehen alle noch nicht zur Schule, sollen bis zum nächsten Schuljahr aber so fit sein, dass sie in eine Duisburger Schule wechseln können. Von der Hauptschule bis zum Gymnasium ist dann alles möglich, das Niveau ist denkbar unterschiedlich. An der Globus Gesamtschule sind die meisten Zuwandererkinder alphabetisiert, erzählt Reddmann. Zum Teil hatten sie in den Heimatländern auch schon Englischunterricht, was die Verständigung erleichtert. Bei Ahmed und Peter treffen sich Mazedonien und Polen, die beiden radebrechen auf Englisch, immer mehr Deutsch kommt dazu, auch Türkisch ist eine Brückensprache, die viele Nationalitäten zusammenrücken lässt.
Für die Kurse in Rheinhausen, wo die Kinder aus den Häusern In den Peschen hinkommen, hat sich Reddmann ein deutsch-rumänisches Floskel-Repertoire zugelegt, um kommunizieren zu können. Denn hier ist mehr Basis-Arbeit gefragt, viele der Roma-Kinder besuchten nie eine Schule, da wird schon still Sitzen zur eigenen Unterrichtseinheit.
Jeder beißt sich beim Vorlesen durch
Im Dellviertel zieht sich derweil eine Begrüßungsschlange durch die Klasse. „Hallo. Ich heiße Samuel und wie heißt du? Ich heiße Ahmed und wie heißt du?“ Die drei Jungs und drei Mädchen sind zwischen elf und 13 Jahren alt, seit drei oder vier Monaten in Deutschland. Voller Konzentration beantworten sie Quizfragen zu den Wochentagen, geduldig warten sie beim Vorlesen, bis sich jeder einmal laut durch einen Text gebissen, schwere Worte wie „Geschwister“ oder „Tischtennis“ über die Lippen gebracht hat. Zwischendurch wird es ein bisschen gibbelig bei den Mädchen, verlegen bei den Jungs, pubertär eben.
Total normal, wie Reddmann befindet. Klar würde der Lehrer für Deutsch und Philosophie gern auch mal wieder mit einem Oberstufen-Leistungskurs arbeiten, „aber auch diese Kinder haben ein Recht auf Bildung“.