Duisburg. Seit 15 Monaten sind der kleine und der große Saal der Duisburger Mercatorhalle gesperrt. Die Brandschutzsanierung wird die Stadt wohl weitere Millionen Euro kosten. Die Firmen sollen zwar für den Pfusch zahlen, doch Schadensersatzforderungen sind schwierig. Verhandelt wird auch mit dem Eigentümer.

Fast auf den Tag 15 Monate ist es her: Am 21. August 2012 verfügte die Stadt wegen der aufgedeckten Brandschutzmängel die Schließung der Mercatorhalle. Ein Zwischenbericht.

Was passiert zurzeit in der Mercatorhalle?

Nichts. Die Baustellen in Kleinen Saal und im großen Saal ruhen. Eine weiße Rigipswand hat den Eingangsbereich ins Foyer der großen Halle abgeschottet. Der Tagungsbereich wird immerhin wieder genutzt. Dort fand gestern in einem der Seminarräume ausgerechnet folgender Workshop statt: „Brandschutz im Industrieraum“.

Was wurde bisher gemacht?

Die Orgel ist mit einer Folie und einer Rahmenverschalung staubsicher eingehaust. Die Lautsprecher sind wie Koffer am Flughafen in Plastik eingewickelt.
Die Orgel ist mit einer Folie und einer Rahmenverschalung staubsicher eingehaust. Die Lautsprecher sind wie Koffer am Flughafen in Plastik eingewickelt. © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPo

Eine Menge. Nachdem der städtische Immobiliendienst IMD bei seinen Kontrollen 2012 erste Mängel festgestellt hatte und zum Beispiel stutzig wurde, dass Revisionsklappen fehlten, schaute man genauer hin und stieß auf skandalösen Pfusch beim Brandschutz.

Firmen haben geschlampt, schon die Planungen waren fehlerhaft, der geschasste städtische Projektleiter hatte seine Finger im Spiel und hielt wohl die Hand auf, Sachverständige gaben dem Pfusch ihren Prüfsiegel.

Der Tagungsbereich und die Büros von Duisburg Marketing wurden saniert. Im kleinen Saal wurden die Brandschutzmängel behoben, die Flucht- und Rettungswege gesichert.

Kurz vor der erhofften Wiedereröffnung Ende 2012 dann die Hiobsbotschaft, dass das nicht reicht. Nun müssen auch die Hohlräume hinter den Wandverkleidungen geöffnet und saniert werden. Der große Saal wurde komplett leergeräumt. Die wertvolle Orgel ist eingehaust. Rauchgas-Tests ergaben, dass auch das große Foyer im Brandfall nicht sicher ist und Fluchtwege falsch geplant wurden. Alles in allem wurden über 1200 Mängel erfasst und aufgelistet. Sie sind in einer umfangreichen Dokumentation mit Detailbildern und technischen Daten zusammengefasst.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Eigentümerin des City-Palais, der Immobilienfonds Hannover Leasing, und die Stadt haben mit dem Meerbuscher Unternehmen Corall einen neuen Brandsachverständigen beauftragt. Der hat nach mehrmonatiger Arbeit einen neuen Entwurf für ein komplettes Brandschutzkonzept erarbeitet.

Stolperfalle Treppen auf dem Rang

Gründlich daneben ging es beim Bau der Mercatorhalle auch mit dem Rang: Hier entsprechen die Stufenhöhen nicht den entsprechenden Vorschriften für Versammlungsstätten. Rund 350.000 Euro soll die Sanierung kosten.

Unklar auch hier, wer den Schaden zahlt. Bei Gericht läuft ein zeitaufwendiges Beweissicherungsverfahren mit Gutachterbeteiligung für mögliche Schadensersatzforderungen.

Das soll allerdings nach WAZ-Informationen das ganze Gebäude förmlich umkrempeln und eine zweistellige Millionensumme kosten, so dass nun in einem internen Abstimmungsprozess an dem Brandschutzkonzept gearbeitet werden. Es soll, versteht sich, vor allem Sicherheit bringen und Menschen schützen, zugleich aber mit marktgängiger Technik umgesetzt werden, finanziell machbar und vertretbar sein und in einem zeitlich überschaubaren Rahmen realisiert werden können.

Dieses Brandschutzkonzept soll in rund drei Wochen fertig sein. Daraus ergeben sich dann die konkreten Bauabschnitte, Arbeitsaufträge und Ausschreibungen. Sie können rausgehen, wenn parallel die städtischen Bauordnung das Konzept geprüft und abgesegnet hat.

Was kostet die Brandschutzsanierung?

Das sagt noch keiner, traut sich keiner. Es werden fraglos etliche Millionen, ob gar zweistellig? Das sagt erst recht keiner. Fakt ist, dass bislang für die ersten erledigten Sanierungen, für Planungen und Gutachter rund 1,6 Millionen Euro zu Buche geschlagen sind. Dazu kommen weit über vier Millionen Euro an entgangenen Mieteinnahmen für die Hallen, während der IMD an Hannover Leasing weiter die Miete zu zahlen hat: Also: wir sind schon bei sechs Millionen Euro.

Wann öffnen die Säle der Mercatorhalle wieder?

Auch das sagt im Moment keiner. Also müssen Planungen hinter vorgehaltener Hand herhalten. Danach hoffen alle Beteiligten, dass der Kleine Saal, der zunächst saniert werden soll, im nächsten Jahr wieder genutzt werden kann, wenn Anfang 2014 mit den Arbeiten begonnen werden kann. Ein großes Fragezeichen steht hinter dem großen Saal mit dem Empfangsfoyer. Wunschtermin wäre im Spätsommer 2015 mit Beginn der neuen Spielzeit.

Seine Hand ins Feuer will dafür aber niemand legen.

Wer wird die Sanierung zahlen?

Das ist ebenso ungewiss wie umstritten und droht die Gerichte zu beschäftigen. Forderungen der Stadt werden sich gegen ausführende Firmen richten, gegen die verantwortlichen Fachplanungsbüros, gegen die geprüften Sachverständigen, die den Pfusch abgesegnet haben und auch gegen den städtischen Projektleiter. Um mögliche Ansprüche geltend zu machen, hat der IMD die so genannte Beweissichernde Bestandsaufnahme gemacht und jeden einzelnen Schaden erfasst und vor seiner Behebung detailliert dokumentiert.

Ob die Stadt Dritten wirklich ans Portemonnaie kommt, ist fraglich. Das IMD arbeitet eng mit dem Rechnungsprüfungsamt und dem Rechtsamt zusammen. Doch es geht nicht nur um die Brandschutzmängel beim Innenausbau der Mercatorhalle, den damals die Stadt für über 46 Mio € in Händen hielt. Laut der neuen Brandsachverständigen-Gutachten liegen auch Fehlplanungen im Rohbau und am Gesamtgebäude City-Palais vor. Damit ist die Hannover Leasing im Boot, die die Immobilie von der LEG übernahm. Mit ihr verhandelt die Stadt über die Übernahme von Kosten.