Duisburg. Er ist Teil des Mythos’ Ruhrpott: Götz George verkörpert seit über 30 Jahren den Duisburger Bullen Schimanski. Doch sein Verhältnis zum Revier ist angespannt, wie er in einem Interview verriet. Duisburg sei austauschbar geworden, nur die “Arroganz der Mächtigen“ gebe es nach wie vor.
Götz George zieht ab. Über Duisburg, das sich im Zentrum verwechselbar mache und an den Rändern verkomme. Über den Karstadt-Eigentümer, der den Kapitalismus inszeniere. Über Nokia, Opel und ThyssenKrupp, die Abwärtsspirale, die das Revier nicht zu stoppen vermöge. Der Schauspieler, der als Schimanski in den Mythos Ruhrgebiet eingegangen ist, polterte gegenüber „Spiegel Online“ drauflos – pünktlich vor dem nächsten „Schimanski“.
Sein Thema ist die Ohnmacht des kleinen Mannes, das Aufbegehren gegen die Mächtigen, so sinnlos es am Ende sein mag. „Selbst mir als altem SPD-Mann war immer schon klar ... ThyssenKrupp, Opel, Nokia, keine der Abwärtsentwicklungen im Pott war aufzuhalten.“ Konkret wird George mit Bezug auf Karstadt: „Da kauft jemand für einen Euro Karstadt und inszeniert sich als Heilsbringer. Später verkauft er das Unternehmen zu Teilen für 300 Millionen Euro, was faktisch eine Zerschlagung des Unternehmens bedeutet. Die kleinen Angestellten, denen eine Zukunft versprochen wurde und die dafür Opfer gebracht haben, gucken in die Röhre.“
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Da passt es ins Weltbild, dass auch Duisburg angeblich gesichtslos wird. George auf Spiegel Online: „Immer wenn ich da wieder auftauche, fragt mich der Bürgermeister: Na, ist unsere Stadt nicht schön geworden? Aber Duisburg ist inzwischen von keiner anderen deutschen Stadt mehr zu unterscheiden, es sieht aus wie in Köln oder Düsseldorf.“
So schimpft George schon seit Jahren über Duisburg
Freilich wiederholte George damit nur, was er schon vor fast drei Jahren in Interviews gesagt hatte. Aber er legte noch nach. „Neben dem aufgehübschten Duisburg gibt es inzwischen Orte, die sind so heruntergekommen, da willst du wirklich nicht mit dem Filmteam anrücken. Traurig verwahrloste Gegenden, wo kein Mensch zu sehen ist und alle Häuser vernagelt sind. Es wäre blanker Voyeurismus, sich daran zu weiden. Das war früher anders, da waren immer Menschen auf der Straße, da war immer was los. In der Gemeinschaft ließ sich so manche Zwangslage überstehen. Heute herrscht totale Vereinzelung.“
In Duisburg nimmt man die Kritik entspannt. „Damit gehen wir Duisburger selbstbewusst, offen und ehrlich um, so wie die Menschen hier nun mal sind“, sagte Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Gerade weil sie Ecken, Kanten und Probleme habe und – wie George alias Schimanski – „nicht glatt poliert ist“, liebe er seine Heimatstadt, so Link. Zugleich weist er auf die schönen Seiten Duisburgs hin: die Sechs-Seen-Platte, den Landschaftspark, die Skulptur Tiger &Turtle oder die neue Innenstadt. „Das wären doch mal Kulissen für den nächsten Schimanski.“
Gelassen bleibt auch Uwe Gerste, Chef von Duisburgs Marketinggesellschaft: „Götz George ist halt wie Schimanski, ein bisschen ruppig und immer gesellschaftskritisch. Er hat schon immer polarisiert. Das muss man nicht so ernst nehmen, zumal das Interview wohl auch Promotion für den Film ist.“
Dass er zum Granteln neigt, ist in Duisburg bekannt
Und dass Götz George Duisburg mit Düsseldorf und Köln vergleicht, nimmt Gerste mehr als Lob denn als Vorwurf: „Duisburg hat halt einen weiten Schritt nach vorne gemacht.“ Dazu zählt eben auch, dass die alten Tatort-Kulissen in Bruckhausen nun zum Grüngürtel werden.
Zudem scheint George für Gerste zwei Gesichter zu haben: In einem Interview in einem neuen Reiseführer zu Schimanski-Drehorten sei er voll des Lobes über seine Filmstadt gewesen. Gerste: „Dass George mit 75 etwas zum ,Granteln’ neigt, ist gleichfalls bekannt und sollte uns nicht die Laune auf den nächsten Fall vermiesen. Ich werde ihn mir sicherlich ansehen.“