Duisburg. Die Bezirksregierung bringt am Dienstag den Bayer-Konzern und die Gegner von dessen CO-Pipeline an einen Tisch. An der Essener Grugahalle wird die Veranstaltung auch durch eine Demo begleitet. Rund 100 Anwohner und Beschwerdeträger sind gekommen.

Die Debatte in der Essener Gruga in der Chronik:

18.02 Uhr: Jetzt geht's nach Hause. Die Sitzungsleitung unterbricht den Erörterungstermin. Am Dienstag geht's um 10 Uhr an gleicher Stelle weiter. Ab 8 Uhr ist Einlass, natürlich wieder nur für Menschen, die vorher einen schriftlichen Widerspruch abgegeben hatten oder für Bürger, die direkt an der Leitung wohnen. Die Veranstaltung wird wohl noch mindestens bis Freitag dauern.

17.45 Uhr: Es ist absehbar, dass heute noch nicht einmal der erste von sechs Punkten zu den technischen Details zu Ende diskutiert wird.

16.50 Uhr: 146 Einwender von 24.000 möglichen Gästen sind über den Tag verteilt bislang in die Grugahalle gekommen. Bis zu einem Drittel wären üblich. Für Ulrike Nienhaus ist die Resonanz dennoch in Ordnung. Ein einzelner Redner hatte bis zu 800 Einwender vertreten.

16.46 Uhr: Der Erörterungstermin wird in den nächsten Tagen in der Grugahalle fortgesetzt. Es komme nicht in Frage, den Raum zu wechseln, weil sonst neu eingeladen werden müsste, sagt Versammlungsleiterin Ulrike Nienhaus. Über die Personalplanung werde aber heute Abend nachgedacht. Am Morgen gab's fast eine 1:1-Betreuung durch den Sicherheitsdienst.

Kinderbetreuerin war den ganzen Tag alleine

16.41 Uhr: Viel Aufwand für wenig Gäste. Die Kinderbetreuerin hat den Tag im extra eingerichteten Spielparadies alleine verbracht. Alle Pipeline-Gegner kamen ohne Nachwuchs in die Grugahalle.

16.13 Uhr: Der Duisburger Umweltamtsleiter Andreas von der Heydt kritisiert das fehlende Sicherheitskonzept der Pipeline. Es gebe "Gefahren für Leib und Leben".

15.50 Uhr: Wieder Kaffeepause bis 16.05 Uhr. Danach ist die Stadt Duisburg als erste Behörde, die das Projekt massiv ablehnt, dran.

15.43 Uhr: Konrad Wilms aus Duisburg hat ein Original-Stück des Trassenwarnbandes, das im Boden verbuddelt ist, dabei. Der Streifen ist sieben Jahre alt und schon völlig vergilbt. Bayer hatte immer behauptet, das Band sei geradezu ewig lange haltbar. Die Bezirksregierung wird hellhörig. Man hätte gerne fünf bis zehn Zentimeter von dem Streifen. Wilms stimmt zu. Es wird zu Protokoll genommen: Herr Wilms stellt zehn Zentimeter Warnband zur Verfügung.

15.37 Uhr: Wilms greift im Namen seiner Familie Bayer an. "Sie wollen unser Recht auf körperliche Unversehrtheit stehlen."

Viele technische Details am Nachmittag

15.28 Uhr: Konrad Wilms aus Duisburg macht eine volkswirtschaftliche Rechnung auf. Die möglicherweise bedrohten Häuser im Duisburger Süden seien mit einem Wert von 100 Millionen Euro wertvoller als die ganze Pipeline. Zu deren Wert will sich Bayer übrigens nicht äußern.

14.48 Uhr: Erich Hennen aus Duisburg greift Bayer an. Die Verlegung der Pipeline sei eine "Sache für die Staatsanwaltschaft".

14.17 Uhr: Langeweile am Nachmittag: Es geht um viele technische Details. Der erste Zuhörer hat die Augen geschlossen.

13.57 Uhr: In der Pause hat es einen Unfall gegeben. Eine Pipeline-Gegnerin ist im Foyer der Grugahalle gestürzt. Die Frau ist auf dem Weg ins Krankenhaus. Ulrike Nienhaus spricht Besserungswünsche aus.

13.52 Uhr: Ulrike Nienhaus setzt die Sitzung fort. Aus dem Publikum gibt es schon Beschwerden. Bitte schnell weitermachen!

Debatte wird womöglich noch Wochen dauern

13.11 Uhr: Ein Ausblick: Die Debatte wird heute wohl nicht zu Ende gehen. Um 18 Uhr ist auf jeden Fall Schluss. Morgen geht's weiter. Der Termin kann sich noch mehrere Tage hinziehen, vielleicht sogar einige Wochen.

12.34 Uhr: Sitzungsleiterin Nienhaus leitet die Mittagspause ein. Sie wünscht "Guten Appetit". Es gibt Erbsensuppe mit Einlage. Um 13.45 Uhr geht's weiter.

12.32 Uhr: Vor der Mittagspause noch eine Weisheit von Erwin Schumacher, mit der er die fehlende Warnfunktion der Geogrid-Matte verdeutlichen will: "Wenn Bagger baggern, haben die Glanz in den Augen und baggern."

Schutz-Matte habe auch eine Warnfunktion

12.23 Uhr: Wir hören, dass man auch auf dem Podium unseren Liveticker liest. Schöne Grüße nach oben!

12.17 Uhr: Bayers Projektleiter Werner Breuer verteidigt jetzt die Matte. Sie sei extrem stabil. Gelächter im Saal. Hat Erwin Schumacher wirklich solche Bärenkräfte? Breuer schlägt den Bogen zur Warnfunktion der Matte: "Jeder Baggerfahrer weiß, das ist etwas anderes als das, was üblicherweise im Boden liegt."

12.10 Uhr: Schumacher sagt, dass man auch statt der Matte eine Rolle Klopapier ausrollen könnte.

11.55 Uhr: Während in der Halle diskutiert wird, halten am Eingang 50 Hilfskräfte die Stellung. Die Bezirksregierung hatte die Helfer eingestellt, um die Identität aller Beteiligten zu überprüfen. Bei gut 100 Gästen hatte im Schnitt jeder Helfer nur zweimal was zu tun. Eine Frau malt Blümchen auf die Listen.

11.59 Uhr: Schumacher legt noch einen drauf. Er zerreißt ein Muster der sogenannten Geogrid-Matte, mit der Bayer die Pipeline vor Baggerangriffen schützen will, mit bloßen Händen. Gelächter. Weil Bayer sich gerade nicht selbst verteidigen kann, der Fairness halber eine Ergänzung von uns: Die Matte soll Baggerschaufeln nicht nur mechanisch abhalten, sondern den Fahrer auch optisch warnen.

11.49 Uhr: Schumacher sagt, dass Bayer die Rohre dann aber bei der Verlegung "vergewaltigt" hat. Die Fotos zeigen Bilder, die auf den ersten Blick tatsächlich auf Pfusch am Bau schließen lassen. Schumacher: "Da muss man schon ganz schön doof sein." Er nennt den Bau einen "Schwabenstreich".

11.45 Uhr: Es geht weiter. Gegner Erwin Schumacher aus Monheim zeigt Fotos von Pipeline-Katastrophen. Der Mann hat selbst für die Firma Fuchs-Rohr Pipelines produziert - "Ferrari-Qualität", sagt er.

Meisten Gegner der Bayer-Pipeline sind aus Duisburg angereist 

11.32 Uhr: Woher kommen die Teilnehmer? Die meisten Pipeline-Gegner sind wohl aus dem Duisburger Süden. Die Initiative hat einen Bus gechartert, um nach Essen zu reisen. Im Duisburger Süden führt die Rohrleitung direkt an Kindergärten und an einer Schule vorbei. Die Gegner fürchten eine Katastrophe, falls das Rohr mit dem giftigen Gas platzen sollte.

11.30 Uhr: Zehn Minuten Pipi-Pause. Die Teilnehmer strecken sich. So viel Bürokratie schlaucht.

11.28 Uhr: Versammlungsleiterin Nienhaus lässt sich zu einer kleinen allgemeinen Stellungnahme hinreißen. "Es kann nicht Ziel von Genehmigungen sein, dass vorher schon gebaut wird." Nienhaus weiter: "Es ist Ziel des Erörterungstermins, festzustellen: Können wir das überhaupt genehmigen." Nienhaus stellt klar, dass natürlich ergebnisoffen geprüft werde. Die Einwender vergleichen die Pipeline mit einem Schwarzbau.

11.17 Uhr: Die Bezirksregierung sieht keine Befangenheit. Man will aber eine mögliche Befangenheit im weiteren Verfahren prüfen. Buhrufe aus den Reihen der Einwender. Der Saal ist wieder wach.

11.15 Uhr: Dieter Donner hakt auch nach: Der Gutachter der Bezirksregierung soll vorher für Bayer gearbeitet haben und sogar für seine Arbeit an der Pipeline von Bayer bezahlt werden. Donner: "Wenn das so ist, sehe ich eine erhebliche Befangenheit."

11.05 Uhr: Pipeline-Anwohner Wolfgang Roth kritisiert die Bebauungspläne. Er habe nicht erkennen können, ob sein Grundstück betroffen ist. Ulrike Nienhaus lässt ihre Kollegen von der Bezirksregierung erklären. Nienhaus fragt, ob Werner Roth noch weitere Fragen hat. Er hat! Jetzt beginnt die echte Diskussion.

Gut 100 Pipeline-Gegner sind gekommen

10.53 Uhr: Es wird nicht voller im Saal. Gut 100 Pipeline-Gegner sind tatsächlich da. Die meisten sind im Rentenalter. Es ist ein ganz normaler Arbeitstag. Da hat nicht jeder Zeit für Basisdemokatie.

10.45 Uhr: Große Sachlichkeit bei den Vorträgen. Dieter Donner zählt die Risiken des Projekts auf. Die Bayer-Vertreter nehmen alles emotionslos zur Kenntnis.

10.41 Uhr: Es geht unerwartet schnell voran. Initiativensprecher Dieter Donner ist dran. Er fordert die Rücknahme aller Genehmigungen für die Pipeline.

10.35 Uhr: Diese beiden Menschen haben heute wohl die meiste Arbeit: Zwei Stenographen schreiben jedes Wort mit, das gesagt wird.

10.28 Uhr: Bayer-Projektleiter Werner Breuer ist dran: Er erklärt außer Sicht des Chemiekonzerns das Projekt. Tenor: Alles ein ganz normaler Vorgang.

10.20 Uhr: Große Leere nicht nur im Saal, sondern auch auf dem Podium. Nicht alle neun Städte, die von der 67 Kilometer langen Leitung betroffen sind, haben Vertreter geschickt. Düsseldorf und Duisburg kommen zu zweit. Monheim zum Beispiel schwänzt.

Journalisten dürfen drin bleiben

10.13 Uhr: Weitere Formalia von Ulrike Nienhaus. Man muss die Rednerliste einhalten. Falls jemand auf die Idee kommen sollte: Es dürfen während der Veranstaltung keine Grundstücksverhandlungen geführt werden.

10.08 Uhr: Keiner hat was gegen die Teilnahme der Presse. Die Sitzung wird für fünf Minuten unterbrochen, damit die Kollegen wieder zurückkommen können.

10.05 Uhr: Unsere Redaktion bleibt auf jeden Fall dabei. Wir haben selbst eine Einwendung abgegeben, weil wir wissen wollen was daraus wird. Dadurch werden wir zum Teilnehmer.

10.02 Uhr: Es geht los. Versammlungsleiterin Dr. Ulrike Nienhaus begrüßt die Teilnehmer. Erster Tagesordnungspunkt: Die Presse muss zunächst raus, weil die Veranstaltung nichtöffentlich ist. Die Versammlung soll abstimmen, ob Medien zugelassen werden.

9.58 Uhr: Erste Beschwerden über den Sicherheitsdienst. Die Security setzt streng die Vorgaben der Bezirksregierung um. Keine Glasflaschen in der Halle! Keine Waffen! Demo nur draußen! Auf 24 Seiten erklärt die Bezirksregierung Düsseldorf als Gastgeber in einer Broschüre, was erlaubt ist und was nicht. Walther Enßlin lässt sich von den Kollegen fotografieren.

Bei Diskussion um Bayer-Pipeline sind zunächst nur 30 Plätze besetzt 

9.52 Uhr: In den ersten Reihen wird es wuselig. Die ersten Redner lassen sich in die Liste aufnehmen. Der Duisburger Erich Hennen zeigt sich bestens vorbereitet: "Ich träume schon von Kohlenmonoxid."

9.47 Uhr: Beeindruckender Blick: Von gut 7000 Plätzen sind gerade mal 30 besetzt. Auch auf dem Podium sind noch etwa 100 Stühle leer.

9.33 Uhr: Jeder Teilnehmer muss sich persönlich registrieren lassen. Eine ganze Armada an Helfern überprüft, wer wirklich rein darf. Zur Erinnerung: Nur die 24.000 Menschen, die eine Einwendung abgegeben haben, dürfen rein. Zugelassen sind auch Anwohner, die direkt von der Leitung betroffen sind.

9.25 Uhr: Eine kleine Demo vor der Grugahalle begrüßt die Teilnehmer des Erörterungstermins. Dr. Walther Enßlin (70) kommt als Uncle Sam mit ausladendem Hut. Er will gleich in der Halle eine Rede halten. Die Präsentationsunterlagen trägt er eingeschweißt am Körper.

Hintergrund: Der Streit um die Pipeline schwelt bereits seit zehn Jahren

Im bereits zehn Jahre andauernden Streit um die Kohlenmonoxid-Pipeline der Firma Bayer im Rheinland stehen zwei wichtige Entscheidungen an. Es geht in beiden Fällen um die Frage, ob der Chemiekonzern die seit 2009 fertig verlegte und bis heute ungenutzte Leitung in Betrieb nehmen darf. Bürgerproteste hatten das Millionenprojekt zum Erliegen gebracht. Die Gegner fürchten, das potenziell tödliche Gas könne austreten.

Entscheidung 1: Die Bezirksregierung Düsseldorf hat eigens die Essener Grugahalle gemietet, um am Dienstag Gegner und Bayer-Vertreter zusammenzubringen. Dies war nötig geworden, weil 24.000 Menschen schriftlich Einspruch gegen die Bayer-Pläne erhoben hatten. Sie alle dürfen sich morgen theoretisch mündlich zu der Sache äußern. Zugelassen zum „Erör­te­rungstermin“ in Essen sind außerdem nur Anwohner der Trasse.

Bayer wich beim Bau von der Genehmigung ab

Bei der Veranstaltung geht es vor allem um technische Fragen zur Sicherheit der 67 Kilometer langen Rohrleitung zwischen Krefeld-Uerdingen und Dormagen. Bayer war beim Bau von der Genehmigung abgewichen. Das Planänderungsverfahren soll dies im Nachhinein legalisieren.

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Dass tatsächlich 24.000 Gegner aus den neun betroffenen Städten nach Essen pilgern, glaubt allerdings selbst Erich Hennen von der Duisburger Initiative gegen die Pipeline nicht. „Viele Einsprüche sind über Unterschriftenlisten zusammengekommen“, sagt Hennen. „Die Menschen lassen sich per Vollmacht durch uns vertreten.“

Am Projekt will Bayer trotz der Kritik festhalten. „Die Leitung ist jetzt da“, sagt Bayer-Vorstand Tony Van Osselaer. Ein Zurück gebe es nicht. Zu den Kosten, die durch den jahrelangen Stillstand entstehen, äußert sich der Konzern nicht. „Das Projekt ist weiter wirtschaftlich.“

Richter stellten den gesellschaftlichen Nutzen infrage

Entscheidung 2: Die Gegner setzen vor allem auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, die wohl 2014 fallen soll. Das Gericht hatte schon 2007 – als es den Betrieb der Pipeline in einer Eilentscheidung untersagte – durchblicken lassen, dass es den gesellschaftlichen Nutzen infrage stellt.