Duisburg.

Heinrich Müller (74) zieht den Choke, drückt den E-Starter, kurz darauf meldet sich der Motor seiner NSU Lambretta mit einem satten Sound. Wenn an diesem Morgen jetzt noch das Wetter mitspielen würde, wäre es für den Wanheimer, ein WAZ-Leser der ersten Stunde, mal wieder Zeit für eine kleine Spritztour – am liebsten mit seinen Enkelinnen Pia (10) und Lea (13) , die mächtig stolz sind auf ihren „Roller-Opa“. Das 6,4 PS starke und bis zu 80 Stundenkilometer schnelle Zweirad ist nicht viel jünger als sein Besitzer: Baujahr 1955.

Das alte Schätzchen hat Heinrich Müller 1990 von einem Bekannten, von Walter Waggeling, geschenkt bekommen. Der habe die Lambretta, so der 74-Jährige, einst bei „Metzger“ in Hochfeld gekauft – bei eben jenem Betrieb, in dem Heinrich Müller früher als Mechaniker gearbeitet hat. „Ich hab den Roller damals regelmäßig gewartet und repariert“, erzählt der Wanheimer, der als Lehrling selbst eine NSU Quickly und nach der Ausbildung eine NSU Prima V fährt. Die Lambretta lässt Walter Waggeling 1969 stilllegen. Die abgeschnittene Ecke des alten Kraftfahrzeugbriefs, den Heinrich Müller aufgehoben hat, zeugt noch davon.

Zweieinhalb Jahre an der Lambretta gebastelt

Mehr als 20 Jahre lang rostet der Roller in einem Schuppen vor sich hin, bis sie in die Hände des 74-Jährigen kommt. Der krempelt die Ärmel hoch. „Ich hab’ die Lambretta bis auf die letzte Schraube auseinandergenommen.“ Ersatzteile bekommt er bis heute größtenteils bei der Firma Motzke in Baden-Württemberg. Zweieinhalb Jahre werkelt Heinrich Müller an dem Gefährt. Echte Maloche. Rost runter, grundieren und lackieren. Die körperlichen Anstrengungen machen sich bezahlt. Am 2. September 1993 wird das forstgrüne, alte Schätzchen zugelassen und kommt seitdem anstandslos über den TÜV. Unter dem Lenker links die tadellos funktionierende Uhr, rechts der Tacho mit 11.322 Kilometern, in der Mitte der Choke und der für damalige Verhältnisse ganz besondere E-Starter.

Weitere alte Schätzchen gesucht

In unserer Serie stellen wir Menschen und ihre alte Schätzchen mit zwei oder vier Rädern vor, die auf Duisburgs Straßen unterwegs sind. Wir suchen weitere „Oldies“.

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„Als ich das erste Mal gefahren bin, sind die sofort die ganzen Jugenderinnerungen wieder hochgekommen“, erzählt Heinrich Müller. Zum Beispiel an die Tour 1959, damals noch mit der NSU Prima V, an den Bodensee. „Was war das heiß damals.“ Er muss schmunzeln. „Ich hab mir da fürchterlich die Nase verbrannt.“

Wenn die Sonne scheint, ist der Wanheimer heute mit seiner Lambretta am liebsten an der Ruhr entlang bis Kettwig oder am linken Niederrhein bis rauf nach Xanten unterwegs. „Man wird ständig angesprochen und fährt natürlich auch, um gesehen zu werden“, gibt Heinrich Müller freimütig zu. Demnächst will er sich mit dem Zweirad und einem ehemaligen Sportkollegen zur Mosel aufmachen.

Seine Enkelinnen Pia und Lea hat das Roller-Fieber auch schon ein bisschen gepackt. „Wenn ich einmal nicht mehr bin“, sagt der 74-Jährige, „können die beiden meine Lambretta haben.“