Duisburg. .

Maritime Atmosphäre war immer die herausragende Spezialität der Schifferbörse, was weniger mit der Küche zu tun hatte als vielmehr mit dem Ausblick. Direkt am Hafenmund gelegen, ließ sich vom Ruhrorter Traditionslokal das muntere Treiben zwischen Rhein und Hafen bestens verfolgen. Und bis vor wenigen Jahren gab’s auch noch Live-Kranballett zu bestaunen – durch den Erzumschlag auf der gegenüberliegenden Speditionsinsel.

Ein prächtiges, markantes Bauwerk.
Ein prächtiges, markantes Bauwerk. © WAZ FotoPool

Doch füllt Aussicht allein nicht die Kassen, so dass die Zeiten der Schifferbörse als gastliche Stätte Vergangenheit sind. Die Zukunft? Wahrscheinlich eine Büronutzung, wenn’s keine pfiffigeren Ideen gibt.

Feierliche Eröffnung erfolgte im Jahr 1901

Und die Vergangenheit? Auch die war von Geschäften mehr als von Gastlichkeit geprägt. Mit dem Steinkohlenbergbau an der Ruhr boomte der Ruhrorter Hafen, das Grubengold war begehrt rheinauf und rheinab. Frachtgeschäfte wurden noch recht bodenständig abgewickelt, auf offener Straße, per Handschlag, vielleicht noch mit einem Schnaps besiegelt. Und es wurden immer mehr Frachten, immer mehr Schiffer, immer mehr Gedränge in den engen Gassen des alten Hafenstadtteils. Die Obrigkeit hatte ein Problem, zumal auch die Schiffer selbst nach einer ordnenden Hand riefen.

Nach zweijähriger Bauzeit wurde im Herbst 1901 die Ruhrorter Schifferbörse feierlich eröffnet: ein prächtiger Bau im Stil der „Fachwerk-Renaissance“, wie die Denkmalschützer schreiben. Täglich von 11 bis 12 Uhr war die Börse geöffnet, in stürmischeren Geschäftszeiten auch länger. Wer mitmischen wollte beim Börsentreiben, musste Eintritt bezahlen, 25 Pfennig pro Tag, oder eine Jahreskarte besitzen. Kohle war damals die Hauptfracht, vier von fünf Schiffen transportierten den Brennstoff aus den Tiefen der Erde.

Schifferbörse durch Brand zerstört

Ein Blick auf die schifferbörse im Jahre 1901.
Ein Blick auf die schifferbörse im Jahre 1901. © WAZ-Archiv

Den Ersten Weltkrieg überstand die Börse unbeschadet, den Zweiten schwer beschädigt. Deutschlands Städte fielen in Schutt und Asche, Duisburg war als Stahlstadt und Verkehrsknoten bevorzugtes Ziel alliierter Bomberflotten, die Schifferbörse trug Treffer davon, stand aber noch nach dem Inferno des Krieges. Zerstört wurde sie dennoch, kurz nach Kriegsende, durch einen Brand – verursacht durch spielende Kinder.

1952 wurde die heutige Schifferbörse eröffnet, deutlich nüchterner in der Architektur als der Vorgänger, mit Backsteinfassaden und weiß gerahmten Sprossenfenstern als auffälligsten Elementen. Börsen finden längst nicht mehr in dem Gebäude statt, in dem über die Jahre mehrere Gastronomen mehr oder weniger ausdauernd ihr Glück versuchten. Was auch immer künftig aus der Schifferbörse wird, stadtteilprägend ist sie allemal für Ruhrort. Und wegen der quasi vor der Haustür liegenden Museumsschiffe nach wie vor eine Reise wert.