Duisburg.

Um die Qualität in der stationären Pflege zu überprüfen und älteren Menschen, die sich nach einem geeigneten Seniorenzentrum umsehen, eine Orientierung zu geben, werden durch den Medizinischen Dienst jedes Jahr Noten verteilt. Dem geht eine unangekündigte intensive Prüfung voraus. Einen ganzen Tag lang wird eine Prüfliste abgearbeitet, werden Bewohner befragt und zum Teil auch untersucht. Aber trotz dieser eigentlich gut gedachten (Schul-) Notengebung herrscht beim Medizinischen Dienst (MDK) Nordrhein Unzufriedenheit.

Frage der Gewichtung

Dr. Karlheinz Großgarten, stellv. Leitender Arzt des MDK Nordrhein, fordert eine Weiterentwicklung der Prüfkriterien: „Wir müssen weg von der perfekten Pflegedokumentation und hin zur exzellenten Pflege“, sagte er am Mittwoch nach einer Begutachtung des Johanniter-Stifts in Neudorf, die für die Einrichtung gut ausfiel. Anlass seines Besuchs: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas war den ganzen Tag lang mit den Prüfern Tanja Kersten und Ulf Krümpel im Johanniter-Stift unterwegs, um sich ein Bild zu machen. Bas wie Dr. Großgarten sind sich einig darüber, dass „bestimmte Bereiche der Prüfung stärker in die Bewertung einfließen müssen“. Hierzu gehöre vor allem der Umgang mit den unter Demenz leidenden Menschen. „Das muss stärker gewichtet werden“, so Karlheinz Großgarten. Der Prüfkatalog selbst sei eigentlich in Ordnung, jedoch spiegele sich das nicht in der Notengebung wider. Sicher sei jedoch, dass generell durch die Noten eine Qualitätswettbewerb entstanden sei.

Kritik übt der Medizinische Dienst, der sich an die bundesweiten gesetzlichen Prüfungsvorgaben halten muss, dass es keine K.O.-Kriterien gibt. Robert Pelzer, stellv. Leiter der Qualitätsprüfung beim MDK: „Zur Zeit können Defizite in einem Bereich durch bessere Leistungen in einem anderen Bereich ausgeglichen werden.“ Er nennt als Vergleich die Situation bei der TÜV-Prüfung für Kraftfahrzeuge: „Das ist ungefähr so als würden Sie für ein Auto, das zwar defekte Bremsen hat, sonst aber alles gut ist, die Plakette bekommen.“

Notengebung überdenken

Eine Aufgabe für die Politik, das zu ändern? Bärbel Bas gab nach ihren am Mittwoch gemachten Erfahrungen zu, dass sie nicht mehr sicher sei, ob die derzeitige Benotung ernsthaft eine gute Orientierung biete. Nahezu alle Duisburger Einrichtungen für die stationäre Pflege liegen laut MDK in einem Bereich zwischen 1 und 1,5. Zwar würden auch die schriftlichen Bewertungen der Einrichtungen im Detail veröffentlicht, doch vielen Senioren sei es zu mühselig, sich da durchzuarbeiten.

Stellen die Prüfer bei ihrer Qualitätskontrolle Mängel fest, müssen sie die Heimaufsicht der Stadt informieren. Schließen können sie ein Heim selbst bei groben Mängeln nicht. Das ist Sache der Heimaufsicht. Dass die Heimaufsicht auch noch zusätzlich eigene Kontrollen durchführt, stößt nicht überall auf Gegenliebe. Georg Hammann von der Johanniter Seniorenhäuser GmbH: „Wenn Häuser mehrmals hintereinander gut bewertet wurden, sollten Heimaufsicht und MDK zumindest im jährlichen Wechsel die Häuser prüfen.“ Johanniter Prokurist René Brix glaubt zudem: „Die Kunden achten nicht so sehr auf die Noten, sondern mehr auf den Ruf eines Hauses und ihren Eindruck, wenn sie sich vor Ort umsehen.“ Ziel der Träger der Einrichtung müsse es sein, so Brix weiter , dass die Bewohner ihre Entscheidung, die eigene Wohnung aufzugeben und in eine Senioreneinrichtung zu ziehen, nicht bereuen.