Duisburg. Erneut überprüfen die Stadtwerke sowohl alte als auch neue Standorte für den Bau von Windrädern in Duisburg. Von den alten kommen wiederholt keine in Frage, aber vier neue Standorte sehen vielversprechend aus. Eine Überprüfung der detaillierten Flächeneignung kann vorerst noch nicht gemacht werden.

Sie sind extrem hoch und passen selten in die Landschaft, sie lassen benachbarte Anwohner auf die Barrikaden gehen, sind aber zugleich einer der zentralen Bausteine für die Energiewende und schießen wie Pilze aus der Erde: Mehr als 23.000 Windräder drehen sich inzwischen in Deutschland, allein im vergangenen Jahr sind 1000 hinzugekommen. Die Pläne für Anlagen in Duisburg waren eigentlich längst vom Winde verweht, doch jetzt wird wieder an dem großen Rad gedreht: Die Stadtwerke haben jüngst noch einmal 39 Standorte im Stadtgebiet auf Tauglichkeit geprüft, darunter auch die bereits 2007 von der Stadt ermittelten 24 Flächen.

Ergebnis: Von Letzteren kommt keine einzige für ein Windrad in Frage, dafür aber vier andere, die durchaus für eine Überraschung sorgen dürften: Neben dem Homberger Rheinpreußenhafen und dem Mündelheimer Rheinbogen handelt es sich auch um Rheinwiesen in Beekerwerth und Fahrn.

Zahlen & Fakten

Die Prüfung berücksichtigt einen Abstand von 300m zu Wohngebieten und 200m zu Naturschutzgebieten.

In NRW gibt es 2900 Windräder, sie kommen auf eine Leistung von 3180 Megawatt (MW).

Die Pläne in Duisburg sehen ein Windrad mit 2,4 MW vor. Zum Vergleich: Der neue Block 10 des Kohlekraftwerks Walsum hat eine Leistung von 725 MW.

Wirtschaftlich und genehmigungsfähig sollen die Standorte sein, „absoluten Vorrang“ bei der Prüfung soll aber der „Schutz der Bevölkerung vor Benachteiligungen“ gehabt haben. Windkraftanlagen mit einer Leistung von 2,4 Megawatt könnten hier entstehen.

„Intensive Recherchen“

Eine solche Anlage hat nach Angaben eines der führenden Windrad-Hersteller einen Rotordurchmesser von 117 Metern und steht auf einem 90 Meter hohen Turm. Damit bliebe man unter der „kritischen Gesamthöhe“ von 150 Metern, heißt es. Christoph Schifferings, Technikvorstand der Stadtwerke, bestätigte gestern die „intensiven Recherchen“ und die vier Standorte, die allerdings noch nicht im Eigentum der Stadtwerke stünden: „Die Überprüfung einer detaillierten Flächeneignung kann erst stattfinden, wenn sich Eigentümer und Stadtwerke zur Aufstellung von Windkraftanlagen geeinigt haben. Diese Gespräche finden zur Zeit statt.“

Standorte liegen im Landschaftsschutzgebiet - Daran sind andere gescheitert 

Türmt sich bald ein Windrad auf, wenn die Baerler über den Rhein blicken? Oder wenn die Mündelheimer nach Krefeld schauen? Oder ist die Industriebrache am Rheinpreußenhafen, wo über Jahrzehnte die nationale Kohlereserve lagerte, der richtige Standort?

Laut einem Papier aus dem Rathaus, dass dem Stadtrat im Juli vorliegen wird, soll sogar das Werksgelände von ThyssenKrupp Steel als Standort in Frage kommen. Während ein Windrad zwischen Hochöfen und Abgaskaminen wohl ein ungewöhnlicher aber doch konfliktfreier Standort wäre, sind vor allem die Flächen in den vorgelagerten Rheinauen sowie in Mündelheim problematisch. Sie liegen im Landschaftsschutzgebiet. Wie die Erfahrung zeigt, dürfte die Kritik an den Standorten nicht lange auf sich warten lassen.

Industriegebiete bevorzugt

Schon 2005, als die Firma BBB-Umwelttechnik in Mündelheim zwei Windräder bauen wollte, widersprach der Landschaftsbeirat. Nach Anwohnerprotesten lehnte die Stadt den Bauantrag schließlich ab.

Naturschützer in Duisburg sind sich ohnehin einig, dass die Anlagen die Umwelt nicht verschandeln dürfen und stattdessen in Industriegebieten gebaut werden sollen. Doch beim Rheinpreußenhafen in Homberg regte sich selbst Widerstand, als die Hafen AG die Industriebrache zu „Logport III“ umbauen wollte. Ein Containerterminal sei zu nah an der Wohnbebauung, hieß es. Zwar scheiterte das Terminal später an der Altlasten-Situation. Aber wie würde der Abstand erst bei einem 150m hohen Windrad betrachtet?

Ein lukratives Geschäft

In Erinnerung dürfte vielen Rheinhausern und Hombergern auch der Widerstand gegen den Bau zweier Anlagen im Schutzgebiet an der A40 vor rund drei Jahren sein. Die Bremer Energiekontor AG hatte bereits mit der gutachterlichen und langwierigen Vogelzählung begonnen und stets betont, dass der Essenberger Bruch der einzige realistische und umsetzbare Standort für ein Windrad in Duisburg sei. Auch hier scheiterte der Investor schon am Landschaftsbeirat. Nachdem Anwohner die Wertminderung ihrer Häuser ermittelt und mit Klage gegen die Stadt gedroht hatten, verschwanden auch die Pläne der Stadtwerke für die Fläche wieder in die Schublade. Das Thema Windrad in Duisburg schien spätestens damit auf ewig beerdigt.

Die Energiekontor AG hat seitdem viele andere Projekte umgesetzt. Derzeit sammelt sie per Anleihe 23 Millionen Euro für den Bau von drei Windparks ein und lässt mit den Ertragsaussichten erahnen, wie viel Geld sich mit den Anlagen verdienen lässt: Die Rendite liegt bei mindestens sechs Prozent, die Laufzeit bei zehn Jahren. Die insgesamt 17 Windräder sollen jedes Jahr einen Rohüberschuss von 2,8 Millionen Euro abwerfen.

Warum muss es in der Stadt sein?

Fraglich bleibt, warum die Stadtwerke angesichts der Schwierigkeiten und Widerstände überhaupt krampfhaft an einem Windkraft-Prestigeobjekt auf Duisburger Stadtgebiet festhalten. Schließlich erscheinen Beteiligungen an anderen Stellen weitaus lukrativer. Über „Green Gecco“, eine Gesellschaft in Hand von RWE (51% Anteile) und 29 Stadtwerken (49%), ist der Duisburger Energieversorger an einigen Windparks beteiligt, insgesamt aber nur mit 3,2 MW — das entspricht der Leistung eines einzigen, modernen Windrads.

Inzwischen wollen die Stadtwerke auch außerhalb dieses Zusammenschlusses in Windparks investieren: Nach Angaben der Stadt stehen die Vertragsabschlüsse für Standorte in Dachsenhausen (Rheinland-Pfalz) und Eibschenhain (Hessen) kurz vor dem Abschluss. Beide Windparks sollen über insgesamt acht Anlagen mit jeweils 3,2 MW verfügen.

Stadtwerke fahren zweigleisig

„Dort werden derzeit Kooperationsgespräche mit der Projektentwicklungsgesellschaft geführt, die diese Projekte vor Ort durchführen will“, sagt Stadtwerke-Vorstand Christoph Schifferings. „Wir arbeiten daran, unser Portfolio im Bereich Erneuerbare Energien weiter auszubauen.“ Duisburg biete aufgrund der geografischen Lage dafür aber wenig Potenzial, deshalb fahre man zweigleisig. Parallel zu den derzeit laufenden Gesprächen über die vier Standorte sollen die Beteiligten zeitnah über das Vorhaben informiert werden.