Duisburg. .
Das Leben hat es Muharem Ayar (26) von Anfang an nicht leicht gemacht. Er ist körperlich behindert, mit einem Klump- und einem Hackenfuß zur Welt gekommen. Der Neumühler ist aber eine Kämpfernatur. Er braucht einen Rollstuhl, kann aber an Krücken zumindest kürzere Strecken gehen – in orthopädischen Schuhen. Die Kostenübernahme für diese speziell angepassten Schuhe hat er regelmäßig bei der AOK in Duisburg beantragt. Mit der Bewilligung gibt es über die Jahre hinweg nie Probleme – bis die Krankenkasse vor ein paar Wochen plötzlich ihr Veto einlegt. Ein kleinkariertes Verhalten.
Der Hintergrund: Als Muharem Ayar feststellt, dass seine Schuhe für den Sommer nicht mehr zu gebrauchen sind, beantragt er vor einigen Wochen neue. In einem Schreiben, das der WAZ vorliegt, teilt die AOK ihm daraufhin mit, dass er zuletzt am 3. September 2012 neue Schuhe zur Verfügung gestellt bekommen habe. Ein erneuter Anspruch bestehe daher erst wieder nach Ablauf eines Jahres, also am 3. September 2013.
Widerspruch eingelegt
Für Muharem Ayar und seine Mutter Nevim Bayraktar ist dies nicht nur neu, sondern auch völlig unverständlich. Denn der 26-Jährige hat Ende des Vorjahres Winterschuhe bekommen. Nevim Bayraktar will nicht glauben, dass ihr Sohn diese Schuhe im Sommer anziehen soll. Die alleinerziehende Mutter denkt an einen Irrtum und hakt bei der AOK vor Ort nach. Doch die Krankenkasse lenkt zunächst nicht ein.
Nevim Bayraktar legt schriftlich Widerspruch ein und informiert die WAZ über den Vorfall. Die fragt bei der AOK nach und bekommt eine etwas kleinlaute Antwort des Fachserviceleiters Norbert Müller. Muharem Ayar habe pro Jahr Anspruch auf ein Paar neue orthopädische Schuhe. Zwar müssten normalerweise zwölf Monate nach dem letzten Antrag vergehen, „allerdings hätte man in diesem Fall mit gesundem Menschenverstand sicher anders entscheiden sollen“.
"Zeigen, dass ich etwas leisten kann"
Dies will die AOK nun nachholen. Dem Widerspruch werde stattgegeben, Muharem Ayar bekomme neue orthopädische Schuhe – für den Sommer. Auch Nevim Bayraktar ist erleichtert, bedankt sich herzlich bei der WAZ und sagt: „Mein Sohn ist kein Einzelfall. Ich hoffe, dass sich auch andere Betroffene wehren“, so die Neumühlerin. „Ich habe zunehmend den Eindruck, dass auf dem Rücken von kranken und behinderten Menschen Geld eingespart werden soll. Das ist einfach nicht in Ordnung.“
Muharem Ayar will sich weiter nicht unterkriegen lassen – in jeder Hinsicht. Durch seine Behinderung, erzählt er noch, sei es nicht leicht, einen Job zu finden. Doch nur zu Hause rumzusitzen, komme für ihn nicht in Frage. Deshalb arbeite er ehrenamtlich in zwei Seniorenzentren. „Ich will zeigen, dass ich etwas leisten kann.“